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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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Verse genau lesen, werden Sie rasch erkennen, dass die ganze Offenbarung wie ein Anhängsel erscheint, das später hinzugefügt worden ist. Warum? Natürlich, die Manuskripte sind überarbeitet worden. Geglättet. Verbessert. Wie ein Filmmanuskript. Es waren die Schreiber und die anderen Evangelisten, die Jesus haben auferstehen lassen, in Fleisch und Blut, mit seinem Auftrag, das Evangelium in aller Welt zu verkünden. Ein deutlicher, eher leserfreundlicher Schluss. Man könnte fast meinen, Hollywood habe seine Finger im Spiel gehabt. «
    MacMullin fährt mit dem Finger bis zu Vers 14 und liest weiter:
    › Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.
    Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. ‹
    ∗ ∗ ∗
    » M erken Sie, wie sich der Autor hier mitreißen lässt? « , fragt MacMullin. » Wie er versucht, die Geschichte zu einem Höhepunkt zu bringen, einer stürmischen literarischen Klimax? Und dann hebt er vollkommen ab –zuerst mit Versprechungen, dann mit Drohungen. «
    › Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
    Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden , Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird ’ s ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird ’ s besser mit ihnen werden. ‹
    ∗ ∗ ∗
    M acMullin runzelt die Stirn: » Sollen wir das wörtlich nehmen? Exorzismus? Zungenrede? Widerstandskraft gegen Gifte? Handauflegen? Oder müssen wir uns hier einen Verfasser vorstellen, der, von glühendem Glauben und Eifer besessen, versucht, seinen Text zu einem Höhepunkt zu bringen? So endet das Kapitel: «
    › Nachdem der Herr Jesus mit ihnen geredet hatte, wurde er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes.
    Sie aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen. ‹
    ∗ ∗ ∗
    M acMullin klappt die Bibel zusammen.
    » Bei Markus war das Ende diffus, unbestimmt, unvollendet. Auch nach der Überarbeitung seines ursprünglichen Schlusses durch die Schreiber und die Verbreitung der Schrift blieb das Ende in gewisser Weise blutarm.
    Die anderen Evangelisten waren mit seiner Darstellung gar nicht zufrieden. Sie gewichteten ihre Versionen also noch stärker. Sie wollten Pathos. Action! Sie ließen den auferstandenen Jesus und keinen Engel am Grab auf die Frauen warten. Bei ihnen traf Jesus die Jünger von Angesicht zu Angesicht. Welche Version ist richtig? Welcher Evangelist sagt di e W ahrheit, und welcher hat die Geschehnisse missverstanden? Deshalb frage ich mich: Wussten die anderen Evangelisten etwas, über das sich der erste von ihnen, Markus, nicht im Klaren war? Warum sind sie um so vieles besser orientiert als Markus? Keiner von ihnen war dort –sie alle haben sich auf die gleichen Quellen gestützt. Wie können sie in ihren Schilderungen von der Auferstehung Jesu und seiner Offenbarung so detailreich und präzise sein –wenn es der erste von ihnen ganz und gar nicht war? «
    MacMullin versteht das anscheinend als Frage an mich, aber ich versuche mich nicht einmal an einer Antwort.
    » Die Evangelien «, fährt er fort, » wurden aus dem urkirchlichen Anliegen heraus verfasst, den Glauben an Jesus als auferstandenen Herrn der Kirche zu festigen. Das Dogma von der Auferstehung Jesu war eine Prämisse. Sie brauchten die Auferstehung als Fundament ihrer Schilderungen, denn ohne die Auferstehung hatten sie im Grunde keine Religion. Die Evangelisten haben sich nicht sonderlich für den historischen Jesus interessiert. Sie haben den geistigen Jesus geschildert. Und sie haben an ihn geglaubt. Sie waren davon überzeugt, dass der Geist Jesu mit ihnen war. Sie hatten nicht die Absicht, eine historische oder chronologische Übersicht über das Leben Jesu zu geben. Ihr einziges Ziel war die Verkündigung. Die Leser davon zu überzeugen, dass Jesus Gottes auferstandener Sohn war. Basierend auf den zahlreichen Überlieferungen der Urkirche, haben sie ihre Evangelien zusammengesetzt. Aber entfernt man die Auferstehung aus der Bibel, so hält man nur noch ein paar einzelne Geschichten über

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