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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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Oktogon zu starren oder auf die in sechs Sprachen übersetzten Kopien des Manuskriptes im Schrein. Denn all dies wird nie bekannt werden.
    Es wird sein, als wäre es nie geschehen.
    ∗ ∗ ∗
    I hre Lider vibrieren. Sie schlägt die Augen auf. Ihr Blick ist schwer, benommen, in einem traumlosen Dunkel verankert. Langsam erkennt sie mich.
    » Lillebjørn «, flüstert sie.
    » Grethe … «
    Ihre Augen versuchen, zu fokussieren und das Bild einer Wirklichkeit herzustellen, der sie nicht mehr angehört.
    » Wie siehst du denn aus? «, murmelt sie.
    Zuerst antworte ich nicht. Dann verstehe ich, was sie meint. » Das ist bloß Sonnenbrand «, erkläre ich.
    Ihr Blick entschwindet. Schließlich ist sie wieder da: » Hast du etwas herausgefunden? «, fragt sie.
    » Ja «, sage ich.
    Und dann erzähle ich ihr alles.
    ∗ ∗ ∗
    A ls ich geendet habe, sagt sie nichts. Sie nickt nur vor sich hin. Als überraschte sie nichts von alledem.
    » So war es also «, haucht sie.
    Die Stille um uns herum ist voller Laute.
    » Wie geht es ihm? «, fragt sie plötzlich.
    » Wem? «
    » Michael? Geht es ihm gut? «
    » Ja. Er ist gemeinsam mit mir nach Oslo gekommen. Aber er wollte nicht … stören. «
    » Er ist bei mir. Auf seine Art. «
    » Das werde ich ihm sagen. «
    » Immer auf seine Art «, fährt sie fort und blickt auf die Blumen.
    » Da ist noch etwas «, sage ich.
    » Ja? «
    » Du und MacMullin … «, helfe ich ihr auf den Weg.
    » Ja «, flüstert sie. Fast scheint es, als seien ihre Schmerzen nicht so stark, wenn sie leise spricht. » MacMullin und ich. In Oxford. « Ihre Augen sehen mich zärtlich an. » Er ist so ein feiner Mann. Wie du. So ein feiner Mann. «
    Ich blicke kurz zur Uhr, folge dem zähen Kampf des Sekundenzeigers gegen das Uhrwerk.
    » Wie ist Papa gestorben, Grethe? «
    Sie schließt die Augen. » Es war so sinnlos. «
    » Aber wie? «
    » Er war eifersüchtig! Auf deine Mutter und Trygve! «
    » Dann wusste auch er davon? «
    » Er konnte nicht zusehen, wie sich deine Mutter in Trygve verliebte. «
    » Das kann ich verstehen. «
    » Aber das hätte noch nicht einmal etwas bedeuten müssen. Nicht auf lange Sicht. Sie wäre zu ihm zurückgekommen. Aber er hat es nicht verkraftet, dass sich seine Frau einem anderen hingegeben hat. «
    » Was ist geschehen? «
    » Das ist nicht meine Sache. Und deine auch nicht. «
    » Was weißt du? «
    Sie seufzt.
    » Bitte Grethe, was ist geschehen? «
    » Quäl mich nicht damit, Lillebjørn! «
    » Bitte! «
    » Frag deinen Stiefvater, Lillebjørn, er weiß es. «
    » Hat er Papa getötet? «
    » Nein. «
    » Weiß Mama, was geschehen ist? «
    » Nein. «
    » Aber wie … «
    » Frag nicht weiter. «
    » Warum willst du es mir nicht sagen? «
    » Weil es so am besten ist. «
    » Am besten? «
    » Für dich. «
    » Wieso? «
    Ihre Augen sind ohne Leben. » Du willst es nicht wissen. «
    » Bitte? «
    Sie reibt mit den Fingern über die Bettdecke, eine zerbrechliche, zarte Bewegung.
    » Vertrau mir! Du willst es nicht wissen. «
    » Doch! «
    » Wie du möchtest «, seufzt sie.
    Sie wartet eine Weile, ehe sie fortfährt. » Du weißt wohl alles über deine Mutter und Trygve … «
    Ich blicke zu Boden. Als schämte ich mich für meine Mutter. Was ich tue. » Ich habe es bereits damals erkannt «, sage ich.
    » Sie verliebten sich ineinander. «
    » Merkwürdig, wie sich alle untereinander geliebt haben. «
    » So etwas kommt vor. «
    » Und dann war Papa im Weg. «
    » Wie immer, wenn sich zwei Menschen finden, von denen einer gebunden ist. «
    » Haben sie ihn getötet? «
    Überrascht stelle ich fest, dass die Frage beiläufig klingt.
    Sie sieht zu mir auf.
    Ich spinne den Gedanken weiter: » Haben sie es zu zweit gemacht? War es nur der Professor? Oder war Mama daran beteiligt? «
    Sie beißt die Zähne zusammen. » Nein «, sagt sie so leise, dass es beinahe nur ein Wispern ist, » so war es nicht. «
    » Wer von ihnen war es? «
    » Keiner hat deinen Vater getötet. «
    » Aber … «
    » Kannst du dich nicht einfach damit abfinden? Keiner der beiden hat Birger getötet! «
    » Dann war es ein Unfall? «
    » Nein. «
    » Ich verstehe nicht. «
    » Denk nach, Lillebjørn. «
    Ich denke nach. Aber das hilft nicht.
    Dann bricht etwas in ihr. Eine Träne rinnt ihr über di e W ange. » Mein Freund … «, sagt sie. » Trygve hätte an diesem Tag sterben sollen. Nicht Birger! «
    » Was? «
    » Begreifst du es jetzt? «, fragt sie. Ihre Stimme klingt gereizt. »

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