Egeland, Tom
zu sammeln. Eine bessere Erklärung habe ich nicht. In den folgenden Tagen warte ich auf einen Abschluss, der nie kommt. Jeden Abend hoffe ich darauf, dass jemand an meine Tür klopft –Diane, MacMullin, Llyleworth, Peter. Oder dass jemand anruft. Aber nichts geschieht.
Nach einer Woche drehe ich das Wasser ab, begrabe meine Hoffnungen und fahre zurück nach Oslo.
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L angsam und gehorsam kehre ich zu meinem alten Leben zurück.
Jeden Morgen gehe ich hinunter zum Storokrysset, um die Straßenbahn ins Zentrum zu nehmen. Im Büro erledige ich meine Aufgaben mit einer tauben, gleichgültigen Pflichterfül lung. Manchmal fragt jemand, was denn nun da unten beim Kloster Værne im letzten Sommer geschehen sei, doch ich speise sie alle mit atemberaubenden Erklärungen ab.
An einigen Abenden, wenn das Winterdunkel zu erdrückend wird, kommt Diane wie ein Flüstern aus Schmecken, Duften und Sehnen zu mir. Es kommt vor, dass ich ihre Nummer wähle, bis auf die letzte Ziffer. Mit der Zeit werde ich mutiger und lasse es ein paarmal klingeln, ehe ich auflege.
Eines Samstagvormittags warte ich, bis sie den Hörer abnimmt. Ich will ihr nur ein gutes neues Jahr wünschen. Aber es ist nicht Diane. Sie ist sicher irgendwo angebunden. Zum Beispiel an den Bettpfosten. Ich werfe den Hörer auf die Gabel, ehe der schlaftrunkene Mann fragen kann, wer ich sei und was ich wolle.
Irgendwann im Januar verliere ich den Blick für die Wirklichkeit. Ich weiß nicht mehr genau, wann oder wo das geschah. Aber ich gehe mehrere Tage nicht zur Arbeit. Der Professor und Mama finden mich auf einem Stuhl im Wohnzimmer meiner Wohnung. Ich werde mit einem Krankenwagen in die Klinik gebracht. Es ist, wie nach Hause zu kommen. In der Klinik muss man sich nicht mehr verstellen; nicht mehr so tun, als ob die Sonne scheine und als ob morgen alles besser würde. Als gäbe es keine unüberwindlichen graublauen Felswände, die aus dem Nebel emporragen und einen von dem sonnenüberfluteten Tal trennen, wo man wie ein glücklicher Hobbit am Waldrand neben dem glucksenden Bach hätte leben können. In der Klinik kann man sich in das stürmische Meer werfen und sich fallen lassen. Und so lange in der Tiefe bleiben, wie man will. In der Taucherglocke seines Daseins. Nach Monaten des Grübelns und Wartens bin ich überzeugt davon, dass sie mich getäuscht haben. Ich finde Ungereimtheiten in der Erklärung, Risse in der Logik, himmelschreiende Löcher in den Antworten. Ich bilde mir ein, das Opfer einer genau geplanten, gut einstudierten Köpenickiade geworden zu sein. In der ich derart inbrünstig in der Rolle des naiven, selbstgerechten Wächters aufgegangen bin, dass man meinen Namen bereits in den Sockel des Oscars eingraviert hat. Thank you! Thank you …! First of all I ’ d like to thank my mother and father … Ich sehe sie alle vor mir, wie sie sich vor Lachen schütteln. Auch als ich mir die Hände auf die Ohren presse und meinen Oberkörper vor und zurück bewege, hör e i ch ihr schrilles, hysterisches Wiehern. Zeitmaschinen!, brüllen Llyleworth und Arntzen im Chor. Fliegende Untertassen!, hickst Anthony Lucas Winthrop jr. Bibelquellen!, grölt Peter und prostet mir zu. Jesus-Konspirationen!, schnattert MacMullin. Merowingerschätze!, lachen Mama und Diane. Und sie schlagen sich auf die Schenkel und kriegen sich nicht wieder ein. Einmal rufe ich vor Wut kochend bei der SIS an und verlange MacMullin. Natürlich ist er nicht zu sprechen.
» MacWho? « Erneut versuche ich, seine Telefonnummer in Rennes-le-Château herauszubekommen, wo niemand je von ihm gehört zu haben scheint. Mehrmals rufe ich auch im Schimmer-Institut an, doch jedes Mal bleibe ich am Empfang in dem engmaschigen Netz aus höflicher Abweisung hängen.
Mit der Zeit weicht die Wut einer Verärgerung. Okay, sie haben mich also getäuscht. Big Deal! Wenigstens hatte ich Ihnen einen echten Fight geliefert. Alles in allem betrachtet, spielt es für das Wohlergehen der Menschheit wohl kaum eine Rolle, ob der Schrein nach dem achthundertjährigen Schlaf in der Erde in den Händen von Schurken landet und nicht in einem sterilen Glaskasten in einem verschlafenen Museum in der Fredriks Gate. Es ist MacMullins Verdienst, dass er überhaupt ausgegraben worden war. Ohne ihn hätte die Erde ihn weitere achthundert Jahre verborgen. Das Geheimnis des Schreins sei ihm gegönnt. Auch wenn er den Quell ewigen Lebens beinhalten sollte.
Im Mai werde ich gesundgeschrieben und aus der Klinik
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