Egeland, Tom
Guevara, modern gesprochen. Während sich andere frühchristliche Gemeinden ausschließlich auf die Kreuzigung und die Auferstehung bezogen und den historischen Jesus sozusagen vergaßen. «
» In Q ist also nicht von einem göttlichen Jesus die Rede? «
» No, Sir! Nicht im Geringsten, man könnte sogar den Eindruck gewinnen, die Verfasser hätten nichts über die Umstände von Jesu Tod gewusst oder aber dem keine Bedeutung zugemessen. Schon gar nicht der Auferstehung. Verstehst du? Auch wenn in Q viel von dem bestätigt werden sollte, was in den Evangelien von Lukas und Matthäus steht, würde der Fund dieses Q-Manuskriptes unser Verständnis von Jesus mit Sicherheit beeinflussen und ändern. Die Verfasser dieses Manuskriptes haben Jesus nie als Gottes Sohn angesehen, sondern als einen herumreisenden Weisen und Agitator. Einen Aufrührer! Erst die Evangelisten haben das Dogma der Auferstehung ins Spiel gebracht. Was ihn zu einem Gott gemacht hat. Ja, es gibt einige, die glauben, die Jünger hätten nach de r K reuzigung den Leichnam gestohlen, um eine Auferstehung Jesu vorzutäuschen. Sie wollten ihre Niederlage nicht eingestehen –dass ihr Erlöser einfach von ihnen gehen konnte, ohne dass das Reich Gottes gekommen war. Sogar Jesus war lange davon überzeugt, das Reich Gottes würde zu seinen Lebzeiten anbrechen. «
» Ich verstehe noch immer nicht, was euch so sicher macht, dass dieses Q existiert hat. «
Gert streicht sich mit den Fingern über die Wangen bis zum Kinn und zupft an seinem priesterartigen Stehkragen.
» Stell dir mal vor, wir beide würden jeweils einen englischen Text ins Norwegische übertragen. Unsere Versionen würden sich ähneln. Aber sie wären nicht identisch. Wie es die Evangelien von Lukas und Matthäus in vielerlei Hinsicht sind. Die Forscher haben ermittelt, dass ganze zweihundertfünfund dreißig Verse von Lukas und Matthäus so ähnlich sind, dass sie auf den gleichen Quellen basieren müssen. Obgleich die beiden Evangelien unabhängig voneinander geschrieben worden sind, sind viele der Worte Jesu identisch. Wort für Wort. «
» Ja und? «
» Der historische Jesus sprach aramäisch, das über vierhundert Jahre lang in Palästina das Hebräische aus dem Alltag verdrängt hatte. Er sprach nicht griechisch wie in diesen Dokumenten. Deshalb müssen die Evangelisten aus einem griechischen Originalmanuskript zitiert haben. Q! Die Quelle! Die Logienquelle Q! «
» Können Lukas und Matthäus nicht ganz einfach voneinander abgeschrieben haben? «
Gert grinst. » Wenn das so einfach wäre. No way. Die Evangelien sind zu unterschiedlichen Zeiten verfasst worden. An unterschiedlichen Orten. Überdies weisen sie so viele gravierende Unterschiede auf, dass sie einander nicht gelesen haben können. Dann hätten sie ihre Geschichten einander ange passt. Geglättet und geschönt. Trotzdem können wir davon ausgehen, dass ihre Quelle identisch war. «
» Nach allem, was man weiß «, sage ich lakonisch.
» Oder zu wissen glaubt! « Gert wippt mit dem Stuhl. Mir kommt in den Sinn, welch weitreichende Konsequenzen es haben würde, wenn er jetzt kippen würde. » Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass das Evangelium von Markus zuerst geschrieben worden ist. Des weiteren, dass Lukas und Matthäus ihre Evangelien auf der Grundlage von Markus und Q geschrieben haben, aber mit eigenen Ergänzungen. So findest du zum Beispiel rund neunzig Prozent der Themen von Markus bei Matthäus wieder. «
» Wie lange schon wissen die Theologen etwas über Q? «
» Bereits zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts stellten die Bibelforscher fest, dass Lukas und Matthäus eine weitere gemeinsam Quelle gehabt haben mussten. Also neben Markus. Aber erst 1890 wurde diese Quelle identifiziert. «
» Als Q? «
Gert nickt. » Q wird nicht von allen mit dem gleichen Enthusiasmus betrachtet. Das ist ja verständlich. Nur wenige können sich für eine Sache begeistern, die nur in der Theorie existiert. «
Er steht auf. Fast scheint es, als stehe er in einem Hörsaal voller junger, hingerissener Studentinnen, die sich nichts mehr wünschten, als spät am Abend nach einem guten Essen und einer Flasche Wein in den Genuss von Gerts Privatstunden in Theologie und angewandter Physiologie zu kommen.
Er sagt: » 1945 geschah etwas Spannendes. Da fanden zwei ägyptische Brüder ein großes, versiegeltes Tongefäß im Boden am Fuße der Felsen in der Region von Nag Hammadi. «
» Und heraus kam ein Geist, der ihnen drei
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