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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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eine Sozialarbeiterin auf Ausflug mit ihrem Klienten. Oder ein Babe, das ich mir per Telefon bestellt habe.
    Entschuldigend bahne ich mir einen Weg durch die grölende Menge und quetsche mich dann zwischen Diane und einen Deutschen, der ein Trinklied singt. Es gibt mehr als siebentausend Pubs in London. In vielen davon finden sich ausschließlich Touristen. Die Briten haben ihre versteckten Stammkneipen. Ich verstehe sie. Wir locken einen Kellner mit einem Geldschein an den Tisch. Diane bestellt zwei helle Bier. Wir trinken sie schnell.
    D er Verkehr fließt in einem Strom aus Metall an uns vorbei. Die Lichtfontänen der Neonreklamen verzerren sich am Rand meiner Brillengläser. Ich fühle mich irgendwie abhanden gekommen. Auf einem anderen Planeten. Für Diane ist dies hier ihr Zuhause. Sie hat sich bei mir eingehakt und plappert drauflos, voll von dem Selbstvertrauen, das ihr ihr Spiegelbild nach Stunden vor Schminktisch und Kleiderschrank geschenkt hat. Sie trägt eine rote Strumpfhose, einen schwarzen Rock und eine rote Bluse unter einer kurzen Samtjacke. Über die Unterwäsche kann ich nur fantasieren. Über ihrer Schulter baumelt eine kleine Umhängetasche. Der Riemen strafft sich schräg über ihre Brüste. Die Haare hat sie mit einem Band zu einem Pferdeschwanz gebunden.
    » Ich habe sogar daran gedacht, mit Lucy zu sprechen. Bin ich nicht ein liebes Mädchen? «
    » Lucy? «
    » In der Bibliothek. Im British Museum. Sie war mehr al s g erne bereit, dir zu helfen. « Mittlerweile sind wir zum Du übergegangen.
    » Mehr als gerne? «
    Sie kichert. » Lucy ist immer so neugierig, was meine Männergeschichten angeht. «
    Während Diane über die lustige Lucy spricht, frage ich mich, ob ich eine Männergeschichte bin.
    Ich mag stille Frauen. Etwas schüchterne, introvertierte Frauen. Nicht die, die in Kneipen Männern hinterherpfeifen. Ich mag Frauen, die denken und fühlen, aber nicht gleich alles an Gott und die Welt weitergeben. Ich habe keine Ahnung, was für eine Art Frau Diane ist. Oder warum sie mich derart anzieht. Und noch weniger weiß ich, was sie an mir findet.
    ∗ ∗ ∗
    I n der Garric Street gibt es ein französisches vegetarisches Restaurant, das bekannt ist für sein fantastisches menu potager und seine heftigen Preise. Wenn man eine hübsche Frau auf ein vegetarisches Essen einladen will, erlebt man schnell ein Desaster, wenn man nicht nach dem Vollkommenen strebt.
    Ich überrede Diane zu einem Bohnengericht unter Käsemantel. Ich selbst bestelle ein Auberginengratin und Spargel in Vinaigrette. Als Vorspeise einigen wir uns auf Crêpes mit Spinat und Champignons, die uns der lispelnde Kellner mit den tränenden Augen widerwillig empfiehlt. Ein Vorteil vegetarischer Restaurants ist die Tatsache, dass die Kellner keine Vorurteile haben. Deshalb behandeln sie Albinos ebenso herablassend wie alle anderen Gäste.
    Nachdem der Kellner die Bestellung aufgenommen, die Kerzen angezündet und sich wieder zurückgezogen hat, stemmt Diane die Ellenbogen auf den Tisch, faltet die Hände und sieht mich an. Weil das Restaurant dunkel ist, Schatten auf mein Gesicht fallen, die mein Erröten verbergen, und weil mir solch kleine Details einen gewissen Schutz geben, wage ich eine n S cherz über das Unaussprechliche: » Ich weiß, warum du mit mir ausgehen wolltest. «
    Die Worte überrumpeln sie. Sie sieht mich direkt an. » Ach ja? «
    » Du bist neugierig, was in der Geisterstunde mit Albinos passiert! «, sage ich.
    Erst starrt sie mich verständnislos an. Dann beginnt sie zu lächeln.
    » Sag mir, warum «, bitte ich sie.
    Sie räuspert sich, konzentriert sich und sieht mich etwas von der Seite an. » Weil ich dich mag! «
    » Weil du mich magst? «
    » Ich habe noch niemals jemand wie dich getroffen. «
    » Das glaube ich dir sofort. «
    » Versteh mich nicht falsch. Ich meine das positiv. «
    » Oh, na, danke. «
    » Du bist jemand, der nicht so schnell aufgibt. «
    » Ich glaube, man nennt das starrköpfig. «
    Sie amüsiert sich und sieht mich an. » Hast du keine Freundin? Dort zu Hause bei dir? «
    » Zurzeit nicht. « Das ist, gelinde gesagt, eine Übertreibung. Aber ich will auch kein so jämmerliches Bild abgeben. » Und du? «
    » Im Moment nicht, wie bei dir. Aber es waren sicher schon an die hundert. « Einen Moment lang schwankt sie zwischen Lachen und Verzweiflung. Zum Glück gewinnt das Lachen.
    Ich schweige. Der Liebeskummer der anderen ist nicht gerade meine stärkste Seite. Ich habe

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