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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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es?«
    »Eine farbige alte Dame. Sie ist sich gerade die Nase pudern gegangen. Sie sagt, sie sei eine Freundin der Familie.«
    Das war nicht möglich. »Hat sie gesagt, wie sie heißt?«
    »Lucy«, sagte Mrs. Stiles.
    Bailey starrte sie an.
    »Lucy«, wiederholte seine Mutter in der offenen Tür. »Mrs Phenscot möchte das morgige Mittagessen mit Ihnen besprechen. Sie ist im Orchideenhaus.«
    »Jawohl, Ma’am«, sagte Lucy.
    Sie legte das Messer weg, mit dem sie ein Huhn ausgebeint hatte, und ging sich die Hände waschen. Da erst merkte Baileys Mutter, dass Baileys Vater auf einem Hocker am Küchenfenster saß.
    »Tom«, sagte sie scharf und trat ganz in die Küche. »Ich wusste gar nicht, dass du hier unten bist.«
    »Ach, Liebling, ich habe nur einen kleinen Schwatz mit Lucy und Franklin gehalten – was, mein Sohn?«
    Bailey blickte nicht von seiner Spielzeug-Dampflokomotive auf. Er saß im Zug und schwebte gleichzeitig darüber, und der große schwarze Ofen neben ihm war sein Dampfkessel. Wenn Lucy weg war, würde er ihn selbst heizen müssen. Seine Mutter wartete, bis die Köchin hinausgegangen war, und sagte dann: »Es wäre mir lieber, wenn du das nicht tun würdest.«
    »Was denn?«, sagte sein Vater.
    »Diese ganzen ›Diskussionen‹ mit Lucy führen.«
    »Unsere Diskussionen sind mir sehr wichtig.«
    Sie gab einen spöttischen Laut von sich. »Ich bin mit ihr aufgewachsen, Tom, ich liebe sie nicht weniger als alle anderen auch, aber wir wissen beide ganz genau, dass du nur hier herunterkommst, damit du nicht mit meinem Vater reden musst. Es tut mir leid, dass du ihn so unerträglich findest.«
    »Ich begreife nicht, warum ich nicht …«
    »Nein, eigentlich tut es mir nicht leid, dass du ihn so unerträglich findest. Es ist mir egal, was du von ihm hältst. Was mir leid tut, ist nur, mit welcher Lust du dich meiner Familie gegenüber schlecht benimmst. Glaubst du, es macht mir Spaß, mich andauernd für dich zu entschuldigen?«
    »Ach, mein Häschen, du weißt doch, dass ich deinen Vater nicht mehr beleidigen möchte als unbedingt nötig. Ich komme hier herunter und unterhalte mich mit Lucy, weil ich mich gern mit Lucy unterhalte. Hast du je mit ihr über Gott diskutiert?«
    »Nein, Tom, ich habe zufällig noch nie mit der Köchin über Gott diskutiert.«
    »Weißt du, dass sie an alles glaubt? Wirklich. An alles. Afrikanische Gottheiten, Indianergeister, katholische Heilige – das ist für sie alles eins.«
    »Und das findest du spannend?«
    »Ja. Weil sie keinen Widerspruch darin sieht. Die Priester auf der Insel Hispaniola haben ihre Großeltern gelehrt, dass es einen Gott und alle möglichen Arten von Engeln gibt. Eine Art fröhliche, allesfresserische Gutgläubigkeit.«
    »Klingt nach einer Kinderreligion.« Seine Mutter nahm die Brille ab und legte sie zusammen, womit sie zeigte, dass sie sich damit abgefunden hatte, ein ermüdendes Gespräch bis zum Ende durchstehen zu müssen. Bailey fragte sich, wie es sich wohl anfühlen würde, mit den Rädern seiner Dampflok über das rohe Fleisch von Lucys Hühnchen zu fahren.
    »Es ist von einer kindlichen Aufrichtigkeit. Die anderen Religionen sind heuchlerisch. Alles an Lucys Glauben steckt auch im Katholizismus deiner Eltern, Liebes. Der Unterschied liegt darin, dass der Katholizismus deiner Eltern die Anteile verdrängen muss, die ihm nicht gefallen. Lucy hat mir erzählt, dass ihre Eltern auf Hispaniola Vieh geopfert haben, und manchmal, in ganz verzweifelter Lage, hat jemand vielleicht auch einen Krüppel geopfert. Ihre Familie war an so etwas nicht beteiligt, sagt sie, aber es kam vor. Glaubst du nicht, dass es das auch im Katholizismus gibt? Das viele Blutvergießen? Aber versteckt. Nicht sehr gut versteckt allerdings – du hast das Kruzifix gesehen, dass sie sich an die Wand hängen und das Franklin so viel Angst einjagt. Und wer weiß, was sie in ihrer Kapelle da treiben.«
    »Gar nichts ›treiben‹ sie da. Ich wurde dort getauft.«
    »Warum lassen Sie mich dann nicht hinein?«
    »Du bist Atheist. Das ist die Familienkapelle, und kein Atheist hat sie je betreten. Das weißt du. Du kannst von Glück sagen, dass sie dich überhaupt in ihr Haus lassen. Besonders bei deinem Benehmen.«
    »Kein Atheist? Was ist mit dir?«
    »Tom …«
    »Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du es dir wieder anders überlegt hast? Dass du doch an Gott glaubst? Als Nächstes willst du, dass er dieses Initiationsritual mitmacht.«
    »Die Konfirmation ist kein

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