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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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dem Weg zu den Obediah Laboratories, als er in der Nähe von Dabney Hall einen kleinen Studentenauflauf bemerkte. Alle Blicke waren auf etwas gerichtet, das sich auf dem Dach befand. Auch er blickte nun dorthin, und was er sah, ließ ihm den Atem stocken. Dort oben stand ein alter Ford Modell T, als wollte er sich gerade in selbstmörderischer Absicht vom Dach stürzen.
    »Dad«, sagte er, »wie ist das da raufgekommen?«
    »Das weiß ich auch nicht, mein Sohn«, sagte sein Vater.
    Wenn sie irgendwo ankamen, wo sie noch nie zuvor gewesen waren, stiegen sie aus Ehrerbietung immer ab und schoben die Fahrräder. Der Boden hier war klebrig, und in der Luft hing ein süßlicher Geruch, als würde man im Spätsommer unter einem Maulbeerbaum stehen, nur dass es am Straßenrand keine Bäume gab. Er musste damals schon zwölf oder dreizehn gewesen sein, und sie waren auf ihrem Weg nach Tiny Lustre schon durch so viele kleine Orte gekommen, dass Bailey sie nicht länger wie ein aufregendes unerforschtes Land behandelte, sondern eher wie einen Freund seines Onkels, dem man auf einem Familienfest vorgestellt wird – man weiß, dass man ihm wahrscheinlich niemals wieder begegnen wird, und deshalb ist er es nicht wert, dass man zu große Anteile seines begrenzten Neugiervorrats an ihn verschwendet. Diese besondere Stadt hieß Scarborough, und sie hatten nur ein paar Schritte weiter die Hauptstraße hinaufgehen müssen, um zu sehen, dass hier etwas Entsetzliches passiert war.
    Zersplittertes Holz, Glasscherben und zerfetzte Markisen; menschliche Gestalten, die auf den Veranden herumlagen, reglos und mit Tüchern bedeckt, oder in einem Fall nicht einmal mit einem Tuch, sondern mit einer selbstgehäkelten Decke; ein Pferd, das kopfüber durch das Fenster eines Saloons geworfen worden war und dessen Hinterläufe noch müde zuckten wie bei einem träumenden Hund; ein umgestürzter Karren, an dessen einem Rad Blut und Haare klebten; von überallher Wimmern oder Weinen; und dieser eklige Gestank, der immer stärker wurde, je weiter sie vordrangen. Am Nordrand der Stadt befand sich eine Fabrik, und dort oben war die Verwirrung am größten; unter den Gaffern, zu denen auch sie gehörten, liefen Krankenschwestern, Feuerwehrleute und Polizisten umher. Zuerst glaubte Bailey, ein Tornado müsse die Stadt verwüstet haben, aber dann hielt sein Vater einen Mann in einer Schlachterschürze an und fragte ihn, was geschehen sei, und sie erfuhren von dem Unfall.
    Die Fabrik war die Abfüllerei der Scarborough Ginger Ale Company, des größten Arbeitgebers der Stadt, und dahinter befand sich eine Niederlassung der Atlantic Coast Line Railroad. Vor etwa einer Stunde hatte dort ein Zirkuszug des Mockton-Piney-Circus auf dem Weg nach Florence einen Nothalt eingelegt, um die überhitzte Achse eines der offenen Güterwaggons nachsehen zu lassen. Der Lokführer eines Atlantic-Coast-Line-Zuges dahinter hatte das Signal übersehen, das der Bremser aufgestellt hatte – er musste betrunken gewesen sein oder geschlafen haben, aber das würde man nie erfahren, denn er war tot –, und war hinten in den Zirkuszug gerast. Der Bremserwagen und die vier hintersten Schlafwagen waren zertrümmert worden, und der Waggon mit dem betagten Zirkuselefanten war aus der Kupplung gesprungen und nach Süden den Hang hinunter in einen der 2 000 000-Liter-Vorratstanks der Scarborough Ginger Ale Company gerollt. Der Tank war geplatzt, und eine gigantische Welle Ingwersirup hatte sich sintflutartig über die Hauptstraße ergossen; die Flutwelle war hoch genug gewesen, um diesen Ford Modell T auf das Dach einer Bank zu spülen. Bisher hatte man über dreißig Tote gezählt und über hundert Verletzte, zu viele für das örtliche Krankenhaus. Während der Mann das erzählte, fiel Baileys Blick auf eine kopflose Leiche, die auf einer grünen Schubkarre aus der Abfüllerei geschafft wurde; der Mann schwamm in seinem eigenen Blut, die Fingerspitzen schleiften über den Boden. Das Einzige, woran Bailey denken konnte, war, dass er, als sie an Florence vorbeigekommen waren, seinen Vater angebettelt hatte, den Zug zu nehmen, einen ganz gewöhnlichen unbeliebten Bummelzug, nur ein einziges Mal.
    »›Es geht, wie so oft beim Schiffbruch mächtiger Flotten‹«, sagte sein Vater leise, als der Mann mit der Schlachterschürze weitergegangen war. »›Weit zerstreut wildbrausend die Woge Verdeck und Kajüte, Rahen, Masten und Bug und überall schwimmende Riemen und an die Küsten der

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