Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
Holdings‹.«
»Um zu beweisen, dass er Herr seiner Geschicke ist. Was ist aus ihm geworden?«
»Die Yacht ist gesunken, die Firma ist pleitegegangen, und seine Töchter haben ihn für verrückt erklären lassen.«
»Oh.«
»Zum Glück hat Goneril Geld von einem Onkel bekommen.«
Er wollte, dass Mildred Gorge die Seine wurde, das wusste er schon; jetzt packte Loeser das Bewusstsein von etwas Neuem: dass diese Stadt für ihn sein Bungalow war, das Gorge-Theater, seine Sehnsucht nach Adele, sein monatlicher Scheck vom Komitee für kulturelle Solidarität, die Partys bei den Muttons, die garantierte Abwesenheit von Bertolt Brecht … Aber auf nichts davon konnte er sich noch verlassen. Der Patient Kalifornien hatte sich nie wieder richtig von Dr. Woronoffs Operationstisch erhoben, hatte eine Transplantation nach der anderen über sich ergehen lassen, bis seine Glieder Blasen schlugen von den Massen aller nur erdenklichen fremdartigen Drüsen – doch nachdem es fünf Jahre lang saure Säfte an seinen neuen Wirt abgegeben hatte, war das Xenotransplantat namens Egon Loeser schließlich wieder abgestoßen worden. Und er wusste nicht, was er jetzt machen sollte. Aber als Gorge nach Woodkin rief und dieser zum ersten Mal den Raum verließ, seit Loeser sich hingesetzt hatte, wusste er immerhin, dass er etwas sagen musste.
»Ihr Vater will Sie zwingen, Norman Clowne zu heiraten«, platzte es aus ihm heraus.
»Wer ist das denn?«
»Der Stadtrat für Straßenverkehr von Los Angeles.«
»Wieso will er mich zwingen, den Stadtrat für Straßenverkehr von Los Angeles zu heiraten?«
»Weil ich ihm erzählt habe, Teleportation sei unmöglich.«
»Ach so«, sagte Mildred, der diese Erklärung offenbar genügte. »Ich will den Stadtrat für Straßenverkehr von Los Angeles aber nicht heiraten.«
»Das wäre mir auch nicht recht«, wagte Loeser zu sagen.
»Aber es geht wohl nicht anders.«
»Sie könnten flüchten. Hinaus aus Los Angeles.«
»Aber wohin? Nach Cambridge?«
Loeser erinnerte sich an Frauenzimmer! Und wie man sie flachlegt . »Wenn Sie wirklich auf so eine Samtschnecke brennen, aber die Eieruhr abläuft, müssen Sie vielleicht mal so reden, wie Ihnen die Eier gewachsen sind, und ihr einfach erklären, dass Sie mit ihr durchbrennen wollen. Das funktioniert doch nie, werden Sie vielleicht sagen, aber manchmal sind die Ladys dann so überrascht, dass sich ihnen im Kopf alles dreht, und sie sagen Ja und geben Ihnen einen Schmatz. Denn so hat Gott sie erschaffen.« Ob das tatsächlich möglich war? Konnte die Drüse weghoppeln und den Nierenstein mitnehmen, ohne Betäubung? Wenn Mildred für Clowne nicht zu haben war, hätte Clowne keinen Grund, Plumridges Straßenbahnpläne zu durchkreuzen, und dann würde Blimk vermutlich seinen Laden verlieren. Aber es war viel einfacher, sich an Regeln wie »Du sollst dich den Menschen gegenüber, die nett zu dir sein wollen, nicht wie ein totales Arschloch benehmen« zu halten, wenn man sich nicht soeben (mehr oder weniger) verliebt hatte. Und wenn Lavicini wegen einer Frau fünfundzwanzig Menschen hatte umbringen können, oder was auch immer in dem Buch stehen mochte, das er noch nicht gelesen hatte, dann war das hier im Vergleich gar nicht so übel. Er hatte so etwas im Leben noch nicht versucht, aber er wusste jetzt, dass er Los Angeles auf jeden Fall verlassen musste.
»New York«, sagte er. »Gehen Sie mit mir nach New York.«
Mildred blickte ihn eine Weile lang an, dann zuckte sie mit den Schultern. »Na gut«, sagte sie. »Ich habe ja eh nichts Besseres zu tun.«
TEIL 4
Zeitgeisterbahnhöfe
(vier Schlüsse)
8
VENEDIG, 1691
Der Gondoliere trug die Maske eines Pestarztes mit ihrem langen weißen Schnabel, und als er den Kopf schüttelte, blitzte im roten Glas der Augenlöcher der höckerige Mond auf. »Von Vignole rate ich ab.«
»Weshalb?«, sagte Sauvage.
»Ganz nett an einem warmen Nachmittag, aber sonst ziemlich öde. Ich war schon Monate nicht mehr da. Ich bringe Sie lieber nach Murano. Da ist abends mehr los.«
»Ich habe geschäftlich auf der Insel zu tun.«
»Wollen Sie dem alten Irren ein Beet mit verwelktem Gemüse abkaufen?«
»Vielleicht.«
»Von Vignole rate ich wirklich ab. Wenn ich Ihnen das jetzt nicht ausrede, machen Sie mir später noch Vorwürfe. Und zwar zu Recht. Sie sind Franzose, oder? In Venedig geben wir auf unsere Besucher acht.«
Sauvage, der eine gewöhnliche goldene Bauta trug, die den Mund frei ließ, holte zwei Golddukaten aus
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