Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
Vom Netzwerk:
einem Augenblick des Fummelns fragte er sich, ob er das nicht zum Vorwand machen konnte, alles abzublasen. Aber dann nahm Phoebe ihm die Waffe weg und entsicherte sie mit einem einzigen Handgriff. Als sie jünger war, hatte ihr Vater ihr den Umgang mit Sicherungen beigebracht, für den Fall, dass ihr jemals eine Waffe begegnete, die jemand zurück in den Waffenschrank zu stellen vergessen hatte. Aber da dieser Fluchtweg sich nun für einen Moment vor Scramsfield aufgetan hatte, wollte er ihn weiter verfolgen. Er beschloss, forsch zu sagen, was für eine Verschwendung diese Tat wäre und dass Baudelaire (oder jemand wie er) nicht wollen würde, dass sie es taten. Phoebe himmelte ihn an und würde auf ihn hören. Er setzte zum Sprechen an, aber im selben Augenblick tat sie es auch, wie zwei höfliche Fremde unterbrachen sie sich beide sofort wieder.
    »Was wolltest du sagen?«, sagte Phoebe.
    »Nein, du zuerst«, sagte er. Phoebe wirkte nervös. Vielleicht wollte sie es auch nicht zu Ende bringen. Und falls sie das Versprechen als Erste brechen wollen würde, dachte er, dann könnte er einfach schweigen und es danach aussehen lassen, als wäre er noch immer entschlossen, und würde nicht Gefahr laufen, sich mit Baudelaire zu vertun, denn nun, da er darüber nachdachte, war er sich nicht ganz sicher, ob sich Baudelaire nicht vielleicht erschossen hatte, oder war das Rimbaud gewesen?
    Phoebe schluckte. »Sollten wir … Ich meine, ich dachte immer, wir warten, bis wir verheiratet sind, aber da wir jetzt nie heiraten werden, wüsste ich nicht, worauf wir warten sollten.«
    Scramsfield schlug das Herz bis an den Hals. Er küsste Phoebe natürlich oft und lange und hatte ihre Brüste unter den Kleidern gespürt, und einmal hatte er sie in Unterwäsche gesehen, aber mehr nicht. Die Unschuld verlieren, das fühlte sich wahrhaftig und gigantisch an, viel mehr als das Sterben, selbst jetzt.
    »Was wolltest du eben sagen, Liebling?«, fragte Phoebe.
    »Nichts«, sagte Scramsfield. »Ich glaube, du hast recht. Ich glaube … ich glaube, wir sollten es tun.«
    Sie entkleideten sich, ohne einander anzublicken, dann legte Phoebe sich auf ihr Bett, und Scramsfield kletterte auf sie. Das Folgende dauerte nicht länger als eineinhalb Minuten, und hinterher war er enttäuscht, dass der Akt kein Jota an Detailkenntnis zu seinem Verständnis von Aufbau und Funktionsweise der weiblichen Geschlechtsorgane beigetragen hatte, obwohl er sie mit dem empfindsamsten Teil seines eigenen Körpers einer so gewissenhaften Untersuchung unterzogen hatte – nichts an einem Männerkörper war je mit dieser Weichheit zu vergleichen, dachte er, außer vielleicht das Zahnfleisch, wenn es heilte, nachdem der Zahnarzt einen Backenzahn gezogen hatte –, und doch war das alles fantastisch genug, dass er sich fragte: Wenn man das hier in Boston tun konnte, wann immer man wollte, ohne weitere Unkosten, warum zum Teufel sollte man dann nach Paris gehen? Oder überhaupt irgendwo anders hin?
    Dann zogen sie sich beide wortlos wieder an, setzten sich im Schneidersitz auf den Fußboden und lehnten die Knie aneinander. Scramsfield wusste, dies war die letzte Gelegenheit, sich zu retten, aber er wusste auch, wenn er jetzt etwas sagte, würde es aussehen, als wäre das Ganze nur ein hinterhältiger Plan gewesen, um Phoebe die Unschuld zu rauben. Sie würde ihn verachten. Den Gedanken konnte er nicht ertragen.
    Phoebe nahm den Revolver und hielt ihn sich an die rechte Schläfe. Scramsfield tat mit der Derringer dasselbe. Wenn sie beide nach hinten fielen, dachte er, würden ihre Leichen, von oben betrachtet, die gleiche schöne spiegelbildliche Symmetrie aufweisen wie eine aus König und Dame zusammengeklebte Spielkarte. Flaumig hing das Sonnenlicht im Zimmer.
    »Ich liebe dich«, sagte Phoebe. Ihre Knöchel am Revolvergriff waren weiß. »Ich bereue nichts.«
    »Geht mir auch so«, sagte Scramsfield.
    Blitzte da Verwunderung auf in Phoebes Blick, angesichts der Banalität seiner Worte und der Lässigkeit seines Tonfalls? Er war sich nicht sicher. Aber sie beugte sich dennoch vor und küsste ihn. Dann signalisierte sie mit einem Nicken ihre Bereitschaft, und er nickte zurück. »Drei«, sagte sie, und Scramsfield Finger spannte sich um den Abzug. »Zwei«, sagte sie, und eine Träne rollte ihr die Wange hinunter. »Eins«, sagte sie, und Scramsfield spürte ein Feuerwerk der Panik in sich losgehen, als er zum ersten Mal begriff, dass es nicht mehr abzuwenden war.
    Dann

Weitere Kostenlose Bücher