Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
ähnliches Erlebnis mit einem Schuft gehabt habe, der auf seine Kosten viel Whisky trank. Der Vetter habe sogar Geld für ein festliches Abendessen vorgestreckt, das nie stattfand. Außerdem hat er ein signiertes Exemplar aus der Erstauflage von Ulysses gekauft, das, wie ein Buchhändler ihn später wissen ließ, eine schlechte Fälschung war – unter anderem war es nur achtundfünfzig Seiten dick, Holzschnitte und Glossar inklusive. Der Mann aus Chicago versorgte uns mit verschiedenen anderen Details, die uns glauben lassen, dass es sich bei dem betreffenden Säufer um Sie handeln muss. Der Laden hatte Ihre Adresse in der Kartei seiner Leihbücherei, und die Besitzerin hat sie uns mit Freuden gegeben, nachdem wir ihr erklärt hatten, dass Sie uns zu Ihrem persönlichen Nutzen Lügen über sie erzählt haben. Wenn Sie uns nicht zufriedenstellend davon überzeugen können, dass hier ein Irrtum vorliegt, was wir nicht glauben, werden wir Sie bei der gendarmerie als Trickbetrüger anzeigen.«
Zur Bekräftigung streckte Elisalexa Norb ihm die Zunge heraus.
Scramsfield lächelte. »Ich bin wirklich froh, dass Sie mir Gelegenheit geben, das alles aufzuklären, Miss Norb. Zunächst einmal kann ich Ihnen versprechen, dass ich noch nie mit irgendeinem Vetter aus Chicago zu tun gehabt und ganz bestimmt noch nie jemandem einen falschen Ulysses angedreht habe. Was die versprochenen Begegnungen betrifft: Gewiss, Joyce ist menschenscheu, aber für meine lieben Freunde wird er eine Ausnahme machen. Falls Hem Paris verlassen hat, bin ich ein bisschen beleidigt, dass er mir nichts davon gesagt hat, aber das werden wir klären, sobald er wieder da ist. Und Djagilew …«
»Ja?«
»Mein Gott, Sie werden doch nicht geglaubt haben, dass ich Sergej Djagilew gemeint habe, Miss Norb? Der nette Geistliche aus Philadelphia hat natürlich recht, er ist vor ein paar Jahren der Tuberkulose zum Opfer gefallen. Ich kann mich noch gut an die Beerdigung erinnern – Cocteau hat eine wirklich bewegende Trauerrede gehalten. Nein, ich wollte Sie seinem Bruder Fjodor vorstellen. Nicht minder talentiert.«
»Und für Fitzgerald und Picasso und Chanel haben Sie wohl ähnliche Alibis?«
»Ich glaube, Sie sind ein klein wenig ungerecht, Miss Norb, aber erlauben Sie mir zu sagen, dass ich mich vielleicht ein, zwei Mal geringfügig von der absoluten Wahrheit entfernt habe …« Er zuckte mit den Schultern und breitete die Arme aus, eine reuige und ergebene Geste. »Nun, ich bin Schriftsteller, Miss Norb. Meine Fantasie ist mein Handwerkszeug. Sollten Sie länger in Paris bleiben, werden Ihnen viele meiner Sorte begegnen.«
»Das genügt nicht, Mr Scramsfield. Wir gehen zur Polizei. Adieu.«
»Nein«, sagte Scramsfield. »Warten Sie. Bitte! Nur nichts überhasten.«
»Sie werden mich nicht überzeugen können«, sagte Margaret Norb und drehte sich um.
»Ich kann Ihnen einen Termin bei Woronoff verschaffen.«
Sie hielt inne. »Beim echten Dr. Woronoff?«
»Ja.«
»Vermutlich in der nächsten Woche? Und bis dahin dürfen wir Sie zum Essen einladen?«
»Nein. Nicht in der nächsten Woche. Heute Nachmittag. Da werde ich kaum schwindeln können, oder? Wenn Sie heute Abend um sechs noch nicht operiert worden sind, können Sie den Flics erzählen, was Sie wollen.«
Er hatte sie. Er wusste es. Er hatte nicht die mindeste Idee, was er jetzt tun sollte, aber das Unheil war abgewendet.
Dann schnüffelte sie.
»Was um Himmels willen ist das für ein Gestank?«
Die Ausdünstungen seines Bettes und seiner Kleider hatten sie erreicht. Obwohl er wusste, dass die meisten amerikanischen Touristen lernten, ihre olfaktorischen Epithelien abzuschotten, sobald sie das Hotel verließen, war Scramsfield überrascht, dass es so lange gedauert hatte. »Ich rieche nichts«, sagte er.
»Es ist ekelerregend.«
»Vielleicht die Nachbarn von unten. Franzosen, glaube ich.«
»Mr Scramsfield, Sie werden wohl kaum erwarten, dass ich Ihnen glaube, dass Sie ein enger Mitarbeiter eines wichtigen Mannes wie Dr. Woronoff sind, wenn Ihre Wohnung stinkt wie eine Kloake.«
»Das müssen die Affen sein«, sagte Scramsfield und kniff unwillkürlich kurz die Augen zu, als wäre er wieder dreizehn und hätte eben einen Baseball geworfen, der entweder über den Sieg des nachmittäglichen Spiels entscheiden oder einem Nachbarn das Fenster einschlagen würde.
»Die Affen?«
»Ja. Bis vorgestern hat Dr. Woronoff hier ein paar Käfigaffen gehalten, die frisch aus Marokko eingetroffen
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