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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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einschließen konnte. Als er sich mit einem Handtuch die Haare trocknete, bemerkte er auf dem Fußboden neben der Badewanne einen teuren pistaziengrünen französischen Schlüpfer, der mit seinen Spitzen und Rüschen auf absurde Weise deplatziert aussah, eine pathogene, in diesen funktionalistischen Kubus eingepflanzte Drüse, die den gesamten Bau mit Pusteln nutzloser Ornamentik zu infizieren drohte, wenn sie nicht sofort von einer Loosschen Immunreaktion abgestoßen würde. Loeser, der gerüschte Spitzenunterwäsche innig liebte, besonders mit Schleifchen daran, und manchmal zu Tränen gerührt war, wenn er an einer Wäscheleine welche sah, weil sein sexuelles Verlangen ihn dann zwickte wie ein alter Knochenbruch, verharrte eine Weile, wie hypnotisiert von dem Gedanken, dass diese Seide eben noch von den Lenden einer so atemberaubenden Frau wie Dolores Mutton gesäuert und versüßt worden war, und dieser unvermeidlichen Verzögerung wegen knöpfte er sich noch immer den Kragen zu, als er durch die Tür die Stimme eben dieser Frau erlauschte.
    »Nein. Diesmal verlangst du zu viel. Er ist noch immer mein Mann. Was, wenn er alles herausfindet? Ich weiß, du glaubst, das wird er nicht, aber er ist schlauer, als du denkst. Es könnte passieren. Es könnte sehr wohl passieren. Und das werde ich ihm nicht antun. Es würde ihm den Rest geben. Ich weiß, das ist dir egal, aber was, wenn er sich von mir scheiden lässt? Wie stehen wir dann da? Das würdest du genauso wenig wollen wie ich. Ich sage nicht, dass wir ganz aufhören müssen, natürlich nicht, so dumm bin ich nicht, aber es muss Grenzen geben. Drohungen helfen nicht weiter, Jascha. Das kann ich einfach nicht. Es tut mir leid.«
    Jascha! Ob das tatsächlich Drabsfarben war? Loeser drückte das Ohr an die Tür, aber falls eine Antwort kam, war sie unhörbar leise.
    »Na, für die Mitteilung hast du dir ja wirklich einen schönen Zeitpunkt ausgesucht«, sagte Dolores Mutton nach einer Pause. »Es ist völlig verrückt, dass wir überhaupt so reden. Du sagst doch immer, ich müsse diskreter sein. Komm am Donnerstagvormittag hierher, Stent wird den größten Teil des Tages in der Redaktion des Herald sein. Und jetzt geh. Ich komme in ein paar Minuten nach.«
    Loeser hörte, wie die Schlafzimmertür sich öffnete und wieder schloss. Dann drehte sich der Griff der Badezimmertür, bis er klackend ans Schloss stieß. »Ist da jemand? Hallo?« Loeser überlegte, ob er warten sollte, bis sie wieder ging, aber das könnte sich in eine Belagerung verwandeln. Er schloss auf. »Oh, hallo, Mr Loeser«, sagte Dolores Mutton. In ihrer Stimme war ausreichend Eis für einen anständigen Daiquiri. »Ich hätte vielleicht erwähnen sollen, dass wir es lieber sehen, wenn unsere Gäste das andere Bad benutzen.«
    »Es tut mir leid, Mrs Mutton, ich habe mir nur ein frisches Hemd angezogen.«
    Als er an ihr vorbei ins Schlafzimmer schlüpfte, bekam sie ihn am Arm zu fassen und packte fest zu. »Ich weiß nicht, was Sie eben gehört haben, aber …« Sie unterbrach sich. Ein Teil von ihm war sinnlos erregt, weil ihre warme Haut auf seiner lag. »Klatsch habe ich nicht so gern, Mr Loeser, und mein Mann auch nicht. Nicht auf unseren Partys, nicht in unserem Heim. Das werden Sie hoffentlich bedenken, bevor Sie etwas sagen, das Sie später bedauern würden.« Dann ließ sie seinen Arm los, ging ins Bad und schlug die Tür hinter sich zu. Gebeutelt beschloss Loeser, zum Nachdenken hinunter an den Strand zu gehen.
    Wie war es möglich, dass sich Jascha Drabsfarben auf Dolores Mutton eingelassen hatte? In Berlin hatten viele Mädchen nach dem Komponisten gelechzt, und soweit Loeser sagen konnte, lag das vor allem daran, dass nichts, was sie taten, ihn dazu bringen konnte, zurückzulechzen. Hannah Czenowitz hatte einst im Suff eine Fantasie gebeichtet, in der sie Drabsfarben auf Knien einen blies, während er am Flügel saß und komponierte und dabei so tief in irgendein komplexes abseitiges Generalvorzeichen versunken war, dass er es nicht einmal merkte. Gelegentlich kam die Frage auf, ob er onanierte, und Konsens war, dass er es wahrscheinlich tat, einmal im Monat vielleicht, aus Gründen psychologischer Hygiene, aber ganz schnell, um sich rasch wieder der Musik widmen zu können. Daher konnte auch gelegentlicher rein funktionaler Geschlechtsverkehr nicht ausgeschlossen werden – aber eine heimliche Affäre mit einer verheirateten Frau wäre eine viel zu große Ablenkung. So viel Zeit würde

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