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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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als würdest du in die Alpen gehen, um die Tuberkulose loszuwerden, und dann merkst du, dass im Sanatorium alle anderen beschlossen haben, dich wieder anzustecken. Na gut, solange Brecht nicht auftaucht, muss ich nicht ins Meer springen. Gott sei Dank fahre ich bald wieder heim.«
    »Mr Loeser! Ich freue mich sehr, dass Sie kommen konnten.« Strahlend stand Muttons Frau neben ihm. »Mr Rackenham kennen Sie schon, wie ich sehe.«
    »Ja, Mrs Mutton, aber bevor ich es vergesse: Ich habe kein Auto und wohne im Chateau Marmont, und ich weiß nicht genau, wie ich wieder ins Hotel kommen soll …«
    »Ach, machen Sie sich darum keine Sorgen, unser Butler fährt Sie hin. Jetzt müssen Sie unbedingt Mr Gould kennenlernen. Ein Neuankömmling aus Berlin wie Sie.«
    Sie führte Loeser wieder auf die Terrasse, wo sich zeigte, dass er an Gould schon auf dem Weg ins Haus vorbeigekommen war. Ein hochgewachsener Mann mit einem Lächeln, so breit wie ein Mandelcroissant, der im Gespräch mit Stent Mutton und zwei Frauen war. Dolores Mutton stellte Loeser der Runde vor. »Ja, ich bin Mr Loeser schon begegnet«, sagte ihr Mann und zog eine Augenbraue hoch.
    Eine der beiden Frauen sagte: »Mr Gould erzählt uns gerade, wie er aus Berlin herausgekommen ist.«
    »Ja. Wie gesagt, die Nazis wollten meinen letzten Gedichtband verbieten lassen. Also bin ich wie ein Idiot auf die Polizeiwache gegangen, um mich zu beschweren. Sie haben gesagt, wenn ich ein paar Minuten warte, kann ich mit dem Chef sprechen. Also habe ich mich hingesetzt. Dann habe ich zufällig gehört, wie ein anderer Polizist einem seiner Kameraden meinen Namen sagte. Gegen mich lag ein Haftbefehl vor. Aber sie hatten nicht gemerkt, dass ich ihnen direkt in die Fänge gelaufen war. Also habe ich abgewartet, bis keiner hinsah, und bin dann direkt zum Bahnhof geflohen. Ich bin nicht einmal zum Packen nach Hause gegangen, ich habe mir einfach unterwegs einen Koffer gekauft und ihn leer mitgenommen, um wie ein echter Reisender auszusehen.«
    »Sie klingen so ruhig, wenn Sie das erzählen«, sagte Mrs Mutton.
    »In Wahrheit habe ich mich nie zuvor so gefürchtet!«
    »Wenn man weiß, dass sie einem alles wegnehmen können, nur weil man zufällig Jude ist … Ich kann mir kaum vorstellen, wie das gewesen sein muss, Mr Loeser.«
    »Wie bitte?« Er war während Goulds langweiliger Anekdote in Gedanken abgeschweift.
    »Erzählen Sie, wie sind Sie rausgekommen?«, sagte ihr Mann. »War das genauso gefährlich?«
    Loesers alte Regel, keine Lügengeschichten über sich zu erzählen, um andere Leute zu beeindrucken, war noch nicht offiziell wieder aufgehoben worden. Also wollte er die Dame davon in Kenntnis setzen, dass er kein Jude war, dass er mithilfe eines ganz normalen Reisevisums »rausgekommen« war, das zu erhalten ihn zehn Minuten gekostet hatte, und dass er sich in Berlin nie gefährdet gefühlt hatte und ihm nie eingefallen wäre, jemand anders könnte es sein. Aber dann musste er an Scramsfield denken. Welche Strafe für das geradezu halluzinatorische Ausmaß seiner Bauernfängerei hätte Scramsfield je ereilt? Warum sollte Loeser den ganzen Weg nach Hollywood zurücklegen, wo die Hälfte der Einwohnerschaft allmorgendlich an den Stechuhren der »Traumfabrik« Schlange stand, und immer noch störrisch darauf bestehen, jeden schmeichelhaften kleinen Irrtum zu berichtigen, während Scramsfield, der seine Verlobte beim Sex erschossen hatte und damit durchgekommen war, sich wahrscheinlich gerade von irgendeiner lustigen Witwe aushalten ließ? Scramsfield schwamm im Meer seiner Lügen wie ein Pinguin; Loeser watschelte mit nassen Füßen durch die Gegend und tat, als wären sie trocken. Schluss damit. Außerdem war Mrs Mutton viel zu schön, um sie zu enttäuschen, und er hatte schon beschlossen, dass er Gould nicht mochte, und wollte ihn nicht gewinnen lassen. Und so: »Ja«, sagte Loeser. »Meine Flucht war recht dramatisch.«
    »Nur weiter.«
    »Sie hatten gesteckt bekommen, dass ich versuchen würde, über die französische Grenze zu gehen. Aber, nun, ich verfertige Bühneneffekte. Also habe ich eine meiner Erfindungen eingesetzt, die Teleportationsvorrichtung. Von einer Seite auf die andere, mit derselben Leichtigkeit wie ein Schauspieler, der auf der Bühne ungesehen von links nach rechts springt.«
    »Wie hat das funktioniert?«, fragte eine der Frauen.
    »Ich fürchte, solange noch die Möglichkeit besteht, dass sie in Verwendung ist, kann ich nicht mehr über meine

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