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Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Titel: Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edzard Reuter
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dem wir leben, über die traditionellen Verhaltensweisen und Gewohnheiten im Umgang untereinander, dem zumindest in der Regel unterschiedlichen Aussehen bis hin zu Temperament und Sprache? Kurz: Sind nicht unsere Denk- und Handlungsweisen – sprich: unsere gewachsenen kulturellen Prägungen – letzten Endes viel zu verschieden, um sie allein mit Argumenten des Verstandes und der Vernunft beiseiteschieben oder gar einebnen zu dürfen?
    Gilt das – zumindest bei vordergründiger Betrachtung – nicht sogar innerhalb der einzelnen Länder? »Wir können alles – außer Hochdeutsch«: Spricht nicht dieser wunderbare Werbespruch des Landes Baden-Württemberg für sich selbst? Trifft es nicht zu, wenn Miriam Eberhard, die Autorin des lesenswerten Erinnerungsbuches Die Unentwegten , von sich berichtet, sie sei »im Ruhrgebiet zweisprachig aufgewachsen: Schwäbisch und Hochdeutsch«? Kann irgendjemand ernsthaft der Feststellung widersprechen, dass es zwischen manchen evangelisch erzogenen Norddeutschen und katholisch geprägten Bayern nicht nur sprachliche, sondern auch gewichtige traditionsgebundene Verständigungsprobleme gibt? Mehr als das: Ist es wirklich schon so lange her, als es in kleineren Städten und Dörfern noch nicht selbstverständlich war, über Land zu fahren, um bei Aldi oder Lidl einzukaufen, sondern bei sich daheim jeweils nur bei dem Bäcker oder Metzger der eigenen Religionszugehörigkeit?
    Zwar mag sich ein großer Teil der jungen Menschen inzwischen unschwer in Berlin oder Stockholm ebenso zu Hause fühlen wie in Rom, Prag, Paris, London oder Istanbul. Trotzdem wäre es allzu kühn, eine solche Aufgeschlossenheit, genau wie die weltumspannende Nutzung der unzähligen Kommunikationswege im Internet, damit zu verwechseln, dass die vorgegebene kulturelle Einbettung der Beteiligten als Folge einer solchen allgemeinen Nivellierung leider mehr oder minder automatisch auf der Strecke bleiben muss. Für die Angehörigen der älteren Generationen bleibt es ohnehin wahr, dass die meisten von ihnen zwar ihren Urlaub gern in Griechenland, Spanien, der Türkei oder in Italien verbringen und sich dabei nicht nur bemühen, ein paar Worte der jeweiligen Sprache zu lernen, sondern auch Zeugnisse der geschichtlichen und kulturellen Vergangenheit zu erleben – was freilich nur selten etwas daran ändert, dass die dort lebenden Menschen als Fremde und nicht als Mitbürgerinnen und Mitbürger eines vereinten Europa wahrgenommen werden.
    In Italien spielen die Kinder bis nach Mitternacht auf der Straße, in Deutschland gehört es sich, sie spätestens um acht Uhr abends ins Bett zu stecken. In Bulgarien nickt man mit dem Kopf, um »Nein« zu sagen, in Dänemark bedeutet das ein »Ja«. In Schweden trinkt man gern Bier und Schnaps, in Griechenland Wein zum Abendbrot. In Österreich freut man sich über die Besucher, die im Winter zum Skilaufen kommen, im Sommer halten einen die schönsten Alpenwiesen nicht davon ab, zum Baden nach Spanien zu fahren. In Italien finden sich die elegantesten Schuhmacher, in Schottland und Irland wird der beste Whisky destilliert.
    Wesentlich größerer Anstrengungen bedarf es da, Gemeinsamkeiten zwischen den europäischen Völkern zu entdecken. Gewiss werden diejenigen, die sich ein wenig Mühe machen, manche Worte oder Ausdrucksweisen entdecken, die unseren Sprachen – mögen sie romanische oder germanische Wurzeln haben – gemeinsam sind. Wer keinen Hunger, sondern Appetit hat, verspürt das auf Italienisch, Englisch, Französisch und Deutsch ganz ähnlich – genau wie derjenige, der seiner Gesprächspartnerin einen guten Morgen oder eine gute Nacht wünschen will. Noch viel auffälliger wird das alles, denkt man an die vielen ähnlichen Vornamen, die europäische Eltern unverändert und überall ihren Kindern geben. Und genauso gleichen viele Märchen, die sie erzählen, viele Liedchen und Melodien, die sie den Nachkömmlingen vorsingen, einander bis aufs Haar.
    Doch sind das nicht alles Ähnlichkeiten, die in Wirklichkeit an der Oberfläche bleiben, weit davon entfernt, eine tiefer gehende Verbundenheit zu belegen, eine Gemeinsamkeit, die mehr ist als nur eine Addition der nationalen Kulturen? In der Tat muss es ja auffallen, wenn sich selbst die gängigen Auskunftsseiten im Internet auf die Frage nach einer europäischen Kultur ausnahmslos mit der Aufzählung nationaler Eigenheiten zufriedengeben. »Gemessen an der Menschheitsgeschichte«, meint ein Autor der Frankfurter

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