Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
Verständnis.«
»Du hattest doch auch Pläne«, fuhr Betty ungerührt fort. »Wovon wirst du jetzt leben? Von Sozialhilfe?«
Allmählich verlor ich auch noch das letzte bisschen Geduld. »Betty, ich bekomme ein Baby, das heißt nicht, dass man mein Gehirn amputieren wird. Ich werde einfach eine dieser grässlichen Mütter, die sichdie Beine ausreißen, um Kind und Karriere gerecht zu werden.«
»Ach, Louisa, Andi hat recht, das sind unrealistische Wunschträume! Wie willst du das Examen schaffen mit so einem Wurm, der dich nachts nicht schlafen lässt? Es ist jetzt schon schwer genug, Studium und Jobs unter einen Hut zu bekommen, wie soll das erst gehen, wenn ein Baby da ist?«
»Ich werde dir schon zeigen, wie das geht«, sagte ich ärgerlich. Ich würde es ihnen allen zeigen. »Was hat Andi mit dir gemacht? Eine Gehirnwäsche?«
»Er hat bloß mit mir geredet.« Betty seufzte. »Und ich habe das Beispiel meiner armen Schwester vor Augen. Möchtest du enden wie Dotty?« Als ich nichts erwiderte, sagte sie: »Ich will doch nur dein Bestes, Lou! Andi ist so ein toller Mann.«
»Das habe ich auch mal gedacht!«
»Er ist toll! Ich schleppe immer nur Nieten heran, die meinen Kühlschrank leerfuttern, nach dem Sex sofort einpennen und sich Geld leihen, was sie nie zurückzahlen. Wenn ich dann merke, dass sie mich auch noch betrügen, sagen sie, ich hätte fette Hüften bekommen oder mir fehle einfach das gewisse Etwas. Andi ist ja so anders! Du kannst ihn nicht einfach gehen lassen.«
»Nur weil er anders ist als die Typen, mit denen du dich rumtreibst, ist er noch lange nicht besser. Er ist einfach nur eine andere Sorte Mistkerl«, sagte ich. »Aber wenn du ihn so toll findest, dann schmeiß dich ruhig an ihn ran!«
»Louisa!«, sagte Betty schockiert. Dann, nach einer kurzen Pause, setzte sie hinzu: »Und das würde dir wirklich nichts ausmachen?«
Ich war versucht, in den Hörer zu beißen. »Nein, natürlich würde mir das nichts ausmachen, wenn meine beste Freundin was mit dem Typ anfängt, der mich gerade geschwängert und dann sitzen gelassen hat!«, keifte ich.
»Habe ich’s mir doch gedacht«, sagte Betty, und es schwang leise Enttäuschung in ihrer Stimme mit. »Wann kommst du denn zurück?«
»Weiß ich noch nicht«, sagte ich. »Vielleicht bleibe ich noch ein oder zwei Wochen.«
»Wenn du meinst, dass du dir leisten kannst, noch mehr zu versäumen …«, sagte Betty. Ich konnte förmlich hören, wie sie mit den Schultern zuckte.
»Irgendwie habe ich das Gefühl, du verwechselst da etwas«, sagte ich kühl. »Soweit ich mich erinnere, warst du diejenige, die nur jede dritte Vorlesung besucht, sich mit Effedrin durch die Prüfungszeit dopt und ihre Referate von ihrer Mitbewohnerin schreiben lässt. Ich war diejenige mit den Einsern und den vielversprechenden Jobangeboten.«
»Ich bin froh, dass du in der Vergangenheitsform sprichst«, erwiderte Betty genauso kühl. »Denn jetzt bin ich diejenige, die noch eine Zukunft hat, und du bist die, die unbedingt ein Baby bekommen will und den tollsten Typen von Berlin in den Wind schießt.« Mit diesen unfreundlichen Worten legte sie auf.
»Mistbiene«, sagte ich den Tränen nahe. Das fehlte noch, dass ich mich mit allen Leuten verkrachte, die mir was bedeuteten. Und wenn Betty das ernst gemeint hatte und sie und Andi – der tollste Typ von Berlin, dass ich nicht lache! – tatsächlich etwas miteinander anfingen, dann würde ich zum Mörder werden. Zum Doppelmörder!
Vor dem Fenster pfiff jemand die Melodie von Wind of change . Gilbert.
Ich öffnete das Fenster und lehnte mich auf die Fensterbank. Es tat gut, ihn zu sehen.
»Welches Geschäft hast du diesmal ausgeraubt?«, fragte ich, wobei ich mich um ein fröhliches Gesicht bemühte.
»Ich war nur schwimmen und ein paar alte Freunde besuchen«, antwortete Gilbert. »Und was gibt es bei dir Neues?«
»Oh, nicht viel. Ich habe gerade mit meinem Freund Schluss gemacht.«
»Hörte sich eher so an, als habe er mit dir Schluss gemacht«, sagte Gilbert. Er musste Ohren wie eine Fledermaus haben.
»Ja, erst hat er mit mir Schluss gemacht, dann ich mit ihm«, gab ich zu.
»Er scheint ja ein ziemliches Arschloch zu sein. Ich habe Freunde in Berlin, die sich um ihn kümmern könnten, wenn du willst.«
»Freunde? Aus dem Kongo?«, fragte ich.
»Genau. Sie könnten diesem verantwortungslosen Sack mal so richtig eins auf die Eier geben.«
Die Idee war verlockend. Wenn sie’s richtig machten, käme
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