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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Vorname«, sagte meine Mutter und hatte den Anstand, rot zu werden.
    »Du nennst ihn beim Vornamen ?« Carola sah schockiert aus.
    »Na ja«, sagte meine Mutter. »Da ist doch nichts dabei.«
    »Aber du kannst doch den Pfarrer nicht duzen«, rief Carola.
    »Warum denn nicht?«, wollte Martin wissen. »Er ist schließlich auch nur ein Mensch.«
    »Außerdem hat er mir das Du angeboten, nicht ich ihm«, stellte meine Mutter klar.
    »Mir auch«, flüsterte Irmi Quirrenberg.
    » Wie bitte ?« Carola starrte Irmi entsetzt an. » Dir auch? Aber warum?«
    »Mir hat er’s auch angeboten, aber ich hab’s nicht genommen«, mischte ich mich ein, aber Frau Hagen krähte laut dazwischen: »Ich hätte doch die Polizei rufen sollen. Der Albrecht und ich, wir rühren uns hier nicht eher weg, bis dass die wieder rauskommen.«
    Ich kicherte so albern wie die Konfirmanden.
    »Und da sagst du immer, unsere Gottesdienste seien langweilig«, meinte meine Mutter zu mir.
    »Das sage ich nie wieder! Von jetzt an werde ich keine Folge mehr verpassen«, versicherte ich ihr.

    Als wir nach Hause kamen, wartete Onkel Harry auf uns, um die Golfausrüstung und die Zigaretten abzuholen. Meine Mutter behauptete, die halbe Nacht wach gelegen zu haben und ein Stündchen Schlaf zu benötigen.
    »Louisa kann das alles mit dir regeln, Harry«, sagte sie und trippelte graziös die Treppe hoch.
    Mein Onkel sah ihr verwundert hinterher.
    »Hat sie eine neue Frisur?«, fragte er.
    Ich seufzte. »Nicht nur das. Die richtige Mama umkreist auf einem Raumschiff den Orbit, während ein Alien ihren Körper benutzt.« Das Alien hatte nicht mal gefragt, warum ich mitten im Gottesdienst aufgesprungen und hinausgelaufen war. Wahrscheinlich hätte sie es gar nicht gemerkt, wenn ich gleich draußen geblieben wäre. »Hast du das Geld dabei?«
    »Fünfzehnhundert«, sagte Onkel Harry widerwillig. »Und keinen Pfennig mehr. Eigentlich sollte man an Familienmitgliedern kein Geld verdienen. Ich wette, das ist auf deinem Mist gewachsen, Lore.«
    »Stimmt.« Ich zählte die Scheine sorgfältig ab und stopfte mir das Geld in die Hosentasche. »Wenn du die Zigaretten willst, musst du eine Weile warten.«
    »Ich kann das Zeug ja schon mal in den Kofferraum laden«, sagte Onkel Harry.
    »Tu das. Aber komm nicht auf die Idee, noch was anderes mitgehen zu lassen!« Ich machte mich auf den Weg zu Gilberts Gartenhäuschen. Ich wusste, dass er nicht da war, er war »Besorgungen machen«, wie er es genannt hatte. Die Zigarettenschachteln lagerten in drei funkelnagelneuen Sporttaschen im Regal unter dem Vordach, das hatte er mir gezeigt. Ich suchte ein paar Schachteln Marlboro heraus und ging damit zurück zu Onkel Harry.
    »Prima«, sagte er. »Hast du noch mehr davon?«
    Ich nickte. »Die kosten aber drei Mark pro Schachtel. Das habe ich damals schließlich auch bezahlt. He, was ist denn das? Papas Ausweis muss aber hierbleiben! Wolltest du dich mit seinem Handicap irgendwo einschleichen, hm?«
    Onkel Harry antwortete nicht.
    »Du kannst auch andere Zigarettenmarken haben«, fuhr ich etwas freundlicher fort. »Ich habe so richtig zugeschlagen in diesem Duty-free-Shop.«
    »Ich überleg’s mir«, sagte Onkel Harry und beobachtete finster, wie ich einen noblen Kugelschreiber aus Papas Golftasche nahm. »Moment mal!«
    »Der Stift gehört nicht zur Golfausrüstung, Onkel Harry«, klärte ich ihn auf. »Da ist außerdem Papas Name eingraviert.«
    »Du solltest dich was schämen, Ludwiga«, sagte Onkel Harry. »Wenn dein Vater das wüsste, er würde sich imGrabe umdrehen. Ich bin froh, dass du nicht meine Tochter bist!«
    »Und ich bin froh, dass ich nicht Ludwiga heiße«, sagte ich und verdrängte ganz schnell den Gedanken an meinen Vater im Grab. In meiner Vorstellung war er ständig bei mir, und gerade jetzt klopfte er mir auf die Schulter und sagte: »Zock den alten Schmarotzer mal so richtig ab, Kind!«
    »Überleg dir das mit den Zigaretten bald, sonst sind sie weg. Du könntest sie ja für drei Mark bei mir kaufen und für vier fünfzig weiterverkaufen.«
    »Hm«, machte Onkel Harry. Er witterte das große Geschäft. »Wie viele Schachteln sind es denn insgesamt?«
    »Ungefähr so viel, wie in einen Zigarettenautomaten passen«, antwortete ich.

    »Ich werde das Kind bekommen«, sagte ich zu Andi. Er hatte nach klaren Worten verlangt, und jetzt sollte er sie auch bekommen.
    »Das ist nicht dein Ernst«, sagte er.
    »Doch. Ich habe mir das gut überlegt. Es gibt keinen Grund, das

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