Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
Andi nie mehr in die Verlegenheit, eine Frau zu schwängern.
»Ich überleg’s mir«, sagte ich.
»Liebst du ihn noch?«
»Ach was«, sagte ich tapfer und wiederholte wortgetreu, was Andi mir vorhin an den Kopf geworfen hatte: »Das ist nur die Angst vor dem Alleinsein.«
»Ich finde es gut, dass du das Baby bekommen willst«, sagte Gilbert.
Mir kamen wieder die Tränen. »Ich weiß nicht so recht«, murmelte ich. »Betty hat recht, so ein Kind braucht eine Familie! Und ich bin ganz allein. Ich habe nicht mal einen Studienabschluss.«
»Sieh mich an: Ich hatte auch keine richtige Familie und habe es trotzdem zu was gebracht«, sagte Gilbert.
Ich grinste schwach. »Ich habe übrigens heute deine Mutter kennengelernt. Sie war in der Kirche.«
»Tatsächlich? Meinst du, sie hat dem Pfarrer gefallen?«
»Na ja. Die Umstände des Kennenlernens waren nicht unbedingt glücklich. Und sie sah aus wie ähm … also, sie machte einen etwas … ähm … ungewöhnlichen Eindruck«, sagte ich.
»Sag es ruhig: Sie sieht aus wie eine Nutte«, sagte Gilbert. »Na ja, sie ist auch eine. Gewesen. Jetzt ist sie gewissermaßen im Ruhestand.«
»Oh«, sagte ich ziemlich schockiert.
Gilbert sah mich abwartend an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Wie ist es denn so, mit einer Prostituierten als Mutter? Oder: Woher weißt du denn, wer dein Vater ist?
»Da ist sie wohl etwas knapp bei Kasse, was?«, fragte ich schließlich.
Gilbert nickte. »Klar, viel auf Seite konnte die nicht legen, das hat alles dieser Ricky und das Finanzamt kassiert. Eine Rente kriegt sie trotzdem nicht. Und dem Ricky schuldet sie seiner Ansicht nach einen Haufen Geld. Wenn der sie hier findet, braucht sie dritte Zähne.«
»Das erklärt, wieso sie heute in den Klingelbeutel gegriffen hat«, sagte ich und nahm an, dass »Ricky« der Zuhälter gewesen war. Zuhälter hießen alle Ricky, Rambooder Rex. »Herr Hagen hat sie aber leider dabei erwischt.«
»Scheiße«, sagte Gilbert. »Und da sagt sie immer, ich sei kriminell!« Er grinste schief. »Tja, dann wird ja wohl nichts aus unseren Verkupplungsversuchen.«
»Oder gerade doch!«, sagte ich trotzig. »Meine Mutter wird er jedenfalls nicht bekommen.«
»Wenn es dafür mal nicht schon zu spät ist«, murmelte Gilbert. Ich beschloss, das einfach zu überhören.
»Dieser schleimige, selbstgerechte Ekelprotz«, sagte ich.
»Und du meinst, zu meiner Mutter würde er passen, der Ekelprotz?«, fragte Gilbert amüsiert.
Mir wurde der Widerspruch peinlich bewusst. »Hm, ja, die beiden würden zumindest altersmäßig besser zusammenpassen«, sagte ich verlegen. »Und deine Mutter sucht doch einen Versorger, oder?«
»Und jemanden, der ihre Schulden an Ricky bezahlt«, bestätigte Gilbert. »Lange kann sie sich hier nämlich nicht mehr verstecken.«
»Vielleicht haben die beiden ja heute in der Kirche ihre Adressen ausgetauscht«, sagte ich hoffnungsvoll.
Carola
H
err und Frau Hagen haben sich massiv beschwert«, sagte Carola, während sie Pfarrer Hoffmann drei fetttriefende Reibekuchen auf den Teller legte. »Wenn Sie das nicht wieder rückgängig machen, melden sie die Sache dem Superintendenten.«
»Ach, diese Hagens.« Pfarrer Hoffmann seufzte. »Sie legendas Wort Nächstenliebe irgendwie sehr eigenwillig aus. Ich denke, meine nächste Predigt sollte von Jesus’ Geboten zur Nächstenliebe handeln.«
»Hm«, machte Carola. »Ich bin mir nicht sicher, ob das reichen wird. So schnell werden die Hagens nicht lockerlassen.«
Pfarrer Hoffmann ging nicht darauf ein.
»Hmmmmh, wie köstlich«, sagte er und meinte die Reibekuchen. »Heute verwöhnen Sie mich aber.«
»Ein Rezept meiner Mutter«, sagte Carola und senkte den Blick, damit er nicht etwa ihren Triumph darin erkennen konnte. »Ich dachte, weil Sie doch beim letzten Mal Ihre eigene Mutter erwähnten …«
»Wie aufmerksam von Ihnen.« Pfarrer Hoffmann schenkte ihr eines seiner überwältigenden Lächeln. Carola glaubte sich auf dem richtigen Weg. O ja, ihre Mutter hatte recht gehabt: Liebe ging durch den Magen. Heidemarie, ihre Apothekerfreundin, hatte ihr nämlich von der Verwendung von Viagra abgeraten.
»Ich kann’s dir ohne Rezept geben, das ist nicht das Problem«, hatte sie gesagt. »Aber wie du mir das Problem schilderst, scheint Viagra nicht die Lösung dafür zu sein.«
Um die Sache nicht unnötig zu komplizieren, hatte Carola ihr erklärt, mit Martin und ihr klappe es im Bett nicht mehr so richtig. »Irgendwie scheine ich
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