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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angeles Mastretta
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Abends traf er vor dem Kino zufällig auf Carmens Tochter.
    Als sie noch in Puebla lebten, hatten sie nie miteinander geredet, doch hier, beide so allein in der großen, dunklen Stadt, begrüßten sie sich wie alte Freunde. In der gedrängten Warteschlange vor dem Einlass zum Film Clockwork Orange verknüpften sich ihre Monologe zu einem Gespräch, das unmittelbar auf ein Ziel hinauslief:
    »Meinst du nicht auch, dass die beiden endlich heiraten sollten?«, sagte Guillermos Jüngster, der zwar ähnlich mager und gebeugt war wie der Vater, aber ein gutes Herz hatte und ein sehr gewinnendes Lächeln.
    »Der Meinung bin ich schon lange.«
    Anschließend trugen sie zusammen, was jeder wusste, und tauschten sich über ihre Ansichten und Sorgen aus. Als sie das Kino verließen, waren sie sich einig, dass ihre Eltern nicht länger leiden sollten und zusammenziehen müssten. Langsam seien ihre Alten doch so alt und somit erwachsen genug einzusehen, dass selbst für Menschen, die sich so lange zur Unzeit geliebt hätten, irgendwann die Zeit reif sei für ihre Liebe.
    Fünf Monate später und nach intensiver diplomatischer Ziselierarbeit, wie sie nur Guillermos Sohn beherrschte, der Internationale Beziehungen studierte, richteten sie für ihre Eltern eine standesamtliche Hochzeit aus, schlicht und glücklich wie das Brautpaar selbst.
    Selbst die Eltern sahen ihren Irrtum ein. Guillermo sowieso, der endlich auch ohne den unvermeidlichen Maßanzug auf dem Buckel seinen Frieden fand. Carmen trug ein Spitzenkleid und einen Hut mit Federbusch. Ihr war einfach nicht zu helfen, dachte ihre Tochter, die sich trotz ihres kargen Stipendiums im Armani-Stil kleidete. Ihre Mutter strahlte Guillermo an, als hätte sie das große Los gezogen. Guillermo lächelte zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit, als er »ja« sagte, und die ganze Familie atmete erleichtert auf. Endlich befreit, vor allem von den skeptischen Blicken derer, die nie eine katastrophengeschüttelte Romanze zweier mittlerweile auch noch alter Kauze verstehen würden, traten sie ihre Hochzeitsreise ans Meer an, das sie schon immer hatten sehen wollen.
    Nachmittags schlenderten sie an der Strandpromenade von Cozumal entlang, einer Insel, auf der es glücklicherweise nur zwei kleine Hotels und ein paar friedliebende Bewohner gab. Wer sie gesehen hätte in ihrer Aufmachung – Carmen mit einem grünen Strohhut und er mit einer braunen Kappe, die ihn schon ein Leben lang begleitete –, hätte dieses alte, abgerissene Paar um seine ansteckende Gelassenheit beneidet.
    Doña Migue, eine allseits für ihre Klugheit bekannte Frau, freundete sich in ihrem Laden, wo sie Cremes und Parfums verkaufte, mit Carmen an. Vor dreißig Jahren hatte sie gegen alle Widerstände den Mann ihrer Träume geheiratet. Don Nassim, ihr Auserwählter, hatte versprochen, ihr die Insel zu Füßen zu legen, und sein Versprechen mehr als gehalten.
    »Auf jeden Topf passt ein Deckel«, sagte Carmen zu Guillermo noch am selben Abend, nachdem sie die Geschichte vernommen hatten.
    »Das gilt selbst für uns zwei«, sagte er.

Die bessere Hälfte
    Nachdem sie jahrelang vergeblich einen Ehemann gesucht hatte, traf Dolores auf eine Frau mit mandelförmigen Augen.
    Sie wäre nie daraufgekommen, den Grund für ihre Probleme mit dem anderen Geschlecht darin zu suchen, dass sie einfach nicht dafür geschaffen war, mit dieser Art von Partnern zu schlafen.
    Männer hatten sie nie sonderlich interessiert, da es jedoch üblich war, unter ihnen seinen Gefährten auszuwählen, war sie anfangs bereit gewesen, es wenigstens zu versuchen. Doch mit der Zeit hatte sie sich den Ruf erworben, unnahbar zu sein, und das war sie in der Tat. Seit frühester Jugend hatte es unzählige Bewerber gegeben, die angezogen waren von ihrem strahlenden Lächeln, ihren perfekten Beinen und ihrem kecken und vorlauten Mundwerk. Doch weiter als zur Haustür ließ sie keinen, wenn sie es überhaupt einmal geschafft hatte, dass sie einer heimbrachte. Männer waren nicht das Geschlecht ihrer Wahl, doch damals lag noch nicht in der Luft, dass sich eine Frau einen Partner suchte, dem nichts zwischen den Beinen baumelte.
    Sie wurde Theaterregisseurin und war so erfolgreich, wie es in Mexiko bei einer solchen Tätigkeit eben möglich war. Sobald sie es mit anspruchsvoller Kultur versuchte, verdiente sie wenig, wenn sie Musik oder Choreographien fürs Fernsehen produzierte, lief es gut. Sie machte von allem etwas.
    Sie hatte schon jede Aufgabe gemeistert,

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