Ehemänner
Nonne auf Besuch in der Stadt.«
Die Beschreibung ebenjener Attribute besänftigte Isabels Gemüt. Das mit dem »in den Armen einer Frau« hatte ihr zwar weniger gefallen, aber es amüsierte sie, dass er die Mittvierzigerin genau wie sie weder hübsch noch sympathisch fand und längst nicht so ungeheuer spritzig, wie die sich wohl einbildete. Allerdings liebte diese Frau ihren Mann wahnsinnig; in ihren Augen war er absolut großartig, was sie ihm auch von morgens bis abends immerzu sagte.
»Das beflügelt doch jeden, und in dem Alter reicht das, um egal wem zu verfallen«, sagte sie.
»Sicher hat sie ihn bereits von der Unverzichtbarkeit jedes seiner Atemzüge auf Erden überzeugt«, malte Luis sich aus. »Wir könnten uns ja auch mal ein wenig Mühe geben und nach allen Seiten Lob austeilen. Den anderen etwas den Realitätssinn rauben. Und ein wenig eifersüchtig sein.
Was hieltest du von einer Eifersuchtsszene? Das lieben sie. Wie sollte ich nicht eifersüchtig sein, wenn alle Welt mit dir vögeln will, sobald sie dich erblicken? So in dem Stil. Das ist immer äußerst erfolgversprechend.«
»Ich merke, das Thema lässt dich nicht kalt«, sagte Isabel, die, wieder leicht aufgemuntert, gerade das Gefühl hatte, dass es so schlimm gar nicht war.
»Ich stecke mitten drin. Der Mapache ist schon seit zwei Monaten in Acapulco, und wie ich sehe, macht er keinerlei Anstalten zurückzukommen. Er ist so einem Bübchen gefolgt, das Platten auflegt. Stell dir vor. Und jetzt nennt man das auch noch Kunst. Man wird nie müde, neue Künste zu entdecken. Ich habe lange selbst Platten aufgelegt und hätte mir alles vorstellen mögen, nur nicht, dass man davon leben und sich auch noch Künstler nennen kann. Und mir ist nichts Besseres eingefallen, als Ingenieurwesen zu studieren.«
»Du bist ein echter Künstler«, sagte Isabel, die seit jeher die Kunst ihres Freundes bewundert hatte, Berechnungen für den Bau von Staudämmen anzustellen.
»Nicht mal mein Beruf ist typisch für Schwule. Schwul ist nur meine Neigung. Überhaupt, was für ein Wort ›schwul‹! Schwul passt zu einem Plattenaufleger. Aber ich? Nicht mal für eine Bezeichnung bin ich gut. Homo? Wie findest du ›Homo‹?Was für ein Quatsch«, beendete er seine Überlegungen.
Isabel hätte alles erwartet, nur nicht, dass sie auf der Suche nach Trost jetzt selber Trost spenden sollte.
»Wie alt ist der Plattenaufleger denn?«, fragte sie.
»Zwanzig oder dreiundzwanzig. Aber egal, er ist erst vor kurzem geboren, und ich bin ein Greis. In sechs Monaten bekomme ich meinen Seniorenausweis und darf in den Seniorenpark von Chapultepec. Und ich sehe aus wie eine dicke, fette Robbe. Aber ich habe nicht vor, eine Diät zu machen. Ich bin über das Alter hinaus, in dem man die Fleischportionen abwiegt. Oder die Kartoffeln. Wie kann man ohne Kartoffeln leben? Und joggen? Wohin? Der Plattenkünstler joggt morgens, schwimmt nachmittags und geht abends ins Fitnessstudio. Und er trinkt nur Wasser. Das ist so einer mit Bizeps und Trizeps, in Muscle-Shirts und Sandalen. Ein Albtraum. Ich verstehe nicht, wieso sich der Mapache nicht schämt, sich vor dem auszuziehen.«
»Die kennen keine Scham.«
»Wie armselig. Meinetwegen kann der Mapache seiner Brille folgen, wohin die ihn führt. Ich jage ihn auf der Stelle zum Teufel.«
»Wovon soll der Mapache denn leben, wo du ihn seit zwanzig Jahren aushältst und verwöhnst wie eine Prinzessin? Wird ihm der Plattenaufleger etwa Anzüge von Ermenegildo Zegna kaufen oder seine feine Biokost?«
»Ich zahle ihm Unterhalt«, sagte der Ingenieur.
Mit offenem Mund kratzte Isabel sich die Stirn. Nicht zu glauben! Wie die Ehemänner früher.
»Du bist ja verrückt«, schimpfte sie. »Er ist doch kein kleiner Junge mehr. Sondern ein skrupelloser Mann in den Vierzigern. Ungefähr im Alter der Freundin meines Mannes. Nur dass die wenigstens arbeitet.«
»Aber der Mapache taugt nicht zum Geldverdienen, das ist meine Aufgabe. Seit fünfzehn Jahren sitzt er zu Hause, liest Zeitschriften, spielt Nintendo wie ein Kind, kocht Nudeln und backt Kuchen. Genau so wollte ich es haben, ein braves Frauchen in Gestalt eines Mannes, der mich liebt wie einen Ehemann. Und ehrlich gesagt hat er es auch lange Zeit geschafft, hübsch auszusehen, liebevoll und nett zu sein und wohlerzogen. Man kann nicht alles haben.«
»Er ist es, der nicht alles haben kann. Zahl ihm nicht noch Unterhalt; soll er sich doch nützlich machen. Du bist vollkommen
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