Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angeles Mastretta
Vom Netzwerk:
war, brauchte auch Guillermo eine Frau. Eine, die noch keine Ahnung hatte, was es hieß, geboren zu sein, um einen Mann zu lieben, eine Frau also, die ihn um seiner materiellen Güter willen heiratete.
    Es war nicht schwer, eine solche Frau zu finden. Seine Familie brauchte dafür nur fünf Minuten. Sie war die Ideallösung. Zu bieten hatte sie lediglich ihre dekadente Abstammung: Ihr Urgroßvater war Franzose gewesen, was großen Eindruck machte, wenn man sich leicht beeindrucken ließ. Was hätte sich seine Familie Besseres wünschen können als eine Frau mit sanften Augen, einschmeichelnder Stimme und einem folgsamen Wesen, die den Wunsch hatte, wie eine Prinzessin zu leben.
    Als es Ernst wurde und Guillermo um ihre Hand anhalten sollte, begann er wild zu fluchen. Sicher, es war für Carmen nicht leicht, die Scheidung durchzusetzen, aber immer noch leichter als für ihn, das Bett mit einer blutjungen, hübschen Frau zu teilen, die ihn nicht im Mindesten interessierte. Sie duftete lieblich, hatte seidigglatte Haut und war so mager, dass man fürchten musste, sie könnte zerbrechen, und so naiv, dass man kaum wagte, sie zu berühren. Alle, seine gesamte Familie und die halbe Stadt, hielten sie für die schönste Frau weit und breit, was Guillermo nur in seiner Überzeugung bestärkte, dass er weniger gut gebaute Frauen mit gröberen Gesichtszügen, Frauen, die nach Minze und nicht nach Narden dufteten, bei weitem lieber mochte. Frauen wie Carmen. Doch schließlich heiratete er doch die Achtzehnjährige.
    Carmen kam zur Hochzeit, weil Guillermo darauf bestand, dass sie das Ereignis mit ihm gemeinsam durchstand. Den Abend zuvor verbrachten sie in der Mansarde.
    »Ich bin ein leichtfertiger Verräter«, sagte er beim Abschied.
    »Du bist, was du sein musst«, erwiderte Carmen und gab ihm seinen letzten Kuss als Junggeselle.
    Tags darauf erstrahlte die Kirche Santo Domingo im hellen Licht der Altarkerzen. Innerhalb von drei Monaten hatte Guillermo zehn Kilo abgenommen und wirkte blasser und gebeugter denn je. Seine Braut glich einem frisch polierten Juwel und schaute ihn mit einem Ausdruck an, den alle für Liebe hielten.
    »Welch ein hübsches Paar«, tuschelten die Tanten, als die frisch Vermählten aus der Kirche traten. Vor lauter Euphorie freuten sie sich zum ersten Mal, Carmen auf einem ihrer Feste zu sehen. Guillermo hatte es irgendwie hinbekommen, mit ihrem Gatten eine geschäftliche Verbindung einzugehen, weshalb sich niemand wunderte, dass beide zu seiner Hochzeit eingeladen waren. Carmen küsste die Tanten, denn wer den Kohl mag, mag auch die Blätter. Sie verstand sehr wohl, warum sie ihn möglichst von ihr fernhielten. Das war nicht zu ändern.
    Nachmittags gegen fünf wurde die Tafel aufgehoben und der Tanz eröffnet. Das Brautpaar hatte den Hochzeitskuchen angeschnitten und die Lokalzeitung hatte alle Fotos für die Sonderbeilage im Kasten. Auf einem war Carmen zu sehen, wie sie unter den wohlwollenden Blicken ihres Gatten und der Braut den Bräutigam umarmt.
    »Bis nachher«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Carmens Ehemann klagte, wie sehr er sich auf Hochzeiten langweile, woraufhin sie ihm antwortete, dass sie nun gehen könnten. Erleichtert, dem Fest entronnen zu sein, kehrte der gute Mann heim, wo er sich sogleich schlafen legte. Hatte er nicht schon immer gesagt: Kein größeres Glück als eine Siesta zur rechten Zeit.
    Das Brautpaar würde Puebla mitsamt seinen Begleitern so gegen acht Uhr verlassen haben. Das Flugzeug sollte tags darauf in Mexiko-Stadt starten, und obwohl der Flugplatz zu jener Zeit noch klein, ja geradezu gemütlich war und die Fluggäste empfangen wurden wie Könige, wollten die Eltern des Brautpaars sie bis dorthin begleiten, um sie zu verabschieden, wie es sich gehörte: ihnen nachschauen, beobachten, wie das Flugzeug abhob, bis es in den Wolken verschwand.
    Als die Braut den Brautstrauß in die Luft geworfen hatte, lief sie los, um sich umzuziehen. Guillermo erklärte, er müsse eben noch ein paar Stoffmuster aus der Baumwollfabrik holen gehen, um die seine Kunden in London gebeten hätten. Im letzten Moment erschien er in der Mansarde.
    »Du verkaufst ihnen den Stoff, den sie dort zusammennähen und uns dann für das Doppelte wieder verkaufen«, sagte Carmen, um beim Abschied nicht unnötig sentimental zu werden.
    Sie hatte die Muster zusammengestellt. Guillermo zögerte, sie an sich zu nehmen, bis er sich doch schweren Herzens von Carmen lösen musste, als verließe er seine

Weitere Kostenlose Bücher