Ehemänner
Luis zurückgelassen hatte. Isabels Ehemann quittierte diesen Entschluss mit einem nachsichtigen Blick und ließ sie in der festen Überzeugung ziehen, dass sie bald zurückkommen würde, wie alle Mütter, die ihre Kinder lieben. Dabei wusste er gut zu verbergen, wie sehr sie ihm fehlen würde und wie sehr die klebrige Ergebenheit seiner Geliebten ihn zu langweiligen begann, zumal sie ihn, seit der Platz an seiner Seite frei geworden war, ständig drängte, zu ihr zu ziehen. Das allerdings, so fand er, sei die verrückteste Idee, auf die jemand verfallen könne. Für ihn gab es nur ein Zuhause, nämlich seins; und sein Schlafzimmer war in seinen Augen wie kein anderes. Niemand würde ihn je von dort wegbekommen, und dort würde er auch so lange ausharren, bis Isabel wieder Vernunft annähme.
Fröhlich und rastlos flog die Zeit dahin. Isabel und Luis hatten sich seit der Oberschule nicht mehr in dieser Weise benommen. Außer während der Arbeitsstunden war alles ein einziges Gelächter und Herumtollen. Sie lebten gern zusammen, und es gefiel ihnen, wenn das Gerücht über ihre Liebschaft im Park und in der Umgebung kursierte.
Im Dezember kehrten Isabels Kinder – eine besonnene junge Frau, die im Ausland ein Physikstudium absolvierte, und ein junger Mann, der sich dem Meer verschrieben hatte und in Cancún, wo er alle Freiheit der Welt genoss, von den bescheidenen, aber sicheren Einkünften einer Tauchschule lebte – nach Mexiko-Stadt heim, um das Weihnachtsfest mit ihren Eltern zu verbringen. Isabel hatte mit ihrem Mann verabredet, dass sie den Schmuck und die Lichter anbringen, den Weihnachtsbaum kaufen, eine Krippe aufstellen und sogar für das Weihnachtsessen und die Mahlzeiten während der Feiertage sorgen würde. Am 15. Dezember war alles für die letzten Tage des Jahres geschmückt. Der Vater von Isabels Kindern bekam wieder das Gefühl, ein Heim zu haben, und wähnte sich in dem Glauben, dass der Streit vorbei sei und sie in sein Bett zurückkehren würde, zwar später als gedacht, aber immerhin.
»Eure Mutter hat noch ein paar Einkäufe zu erledigen, aber es wird nicht lange dauern«, sagte er seinen Kindern, als der eine um fünf und die andere um sechs Uhr mit mehr Gepäck als das einer ganzen Karawane eintraf.
Gegen halb acht kam Isabel mit dem Truthahn und gelassenem Gemüt. Sie nahm jedes ihrer Kinder fest in die Arme. Später trafen die Verwandten der einen und der anderen Seite der Familie ein. Die zahlreichen Gäste wurden wie jedes Jahr mit einem ausgiebigen Abendessen beglückt. Sie sagten nichts, keiner stellte Fragen, und alle waren sich einig, wie wohl man sich fühle an diesem Kamin, in diesem Haus. Als man sich mit vielen Umarmungen und Küssen verabschiedet hatte und sie nur noch zu viert waren, musterte Isabels Tochter sie anerkennend:
»Es tut dir gut, nicht zu Hause zu leben«, sagte sie zur Verblüffung des Ehemanns.
»Wieso meinst du, sie lebt nicht zu Hause?«, fragte der Vater. Er wusste nicht, dass seine Kinder längst darüber im Bilde waren, dass Isabel seit einem halben Jahr bei Luis wohnte. Er hatte immer geglaubt, sie habe zumindest so viel Feingefühl – wie er es nannte – besessen, ihnen nichts zu sagen. Selbst was das betraf, so dachte er, war sie ihm überlegen. Seine Tochter erklärte ihm, Isabel habe sie nachmittags in ihrem neuem Domizil zum Essen empfangen, und der Sohn erzählte, er habe die beiden im letzten Monat zweimal in Playa del Carmen getroffen.
»Ihr Glücklichen«, sagte der Ehemann wehmütig und mit hängenden Schultern. »Ich leide wie ein Hund ohne sie.«
»Bitte sie doch, zu dir zurückzukehren.«
»Ich rufe sie jeden Tag an und bitte und bettle, und jeden Tag sagt sie, dort, wo sie jetzt sei, gehe es ihr gut und sie wolle nicht zurückkommen.«
»Mama?«, fragte der Sohn.
»Mein Sohn?«, sagte Isabel, und beide mussten lachen.
»Seit Monaten schmeckt mir die Suppe nur nach alten Socken«, klagte der Vater.
»Papa«, murmelte die Tochter mit dem liebevollen Blick einer Pinguinmutter.
»Meine Tochter«, sagte der Vater augenzwinkernd. »Bitte sie, mir wenigstens einen Knochen hinzuwerfen.«
»Wirf ihm einen Knochen hin, Mama«, sagte die Tochter lachend.
»Ich kann ja heute Nacht hier bleiben«, erwiderte Isabel, die mit Luis ausgemacht hatte, erst später zurückzukommen, weil der Mapache in diesen Tagen kurz bei ihm vorbeischauen wollte.
»Bleib doch für immer«, flehte der Ehemann.
»Ich bleibe heute Nacht«, sagte Isabel und nahm
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