Ehemänner
löschen. Aber wen bringt man mit Getratsche schon zum Heulen? Kaum habe ich die Nase rausgestreckt, stecke ich bis zum Arsch im Gestank«, sagte Isabel, die beim Gedanken an die Überheblichkeit, die aus den Mails gesprochen hatte, nun doch ihre Fassung verlor. Eine ganz banale Romanze, deren Reiz in ihrer Unmöglichkeit lag. Das kannte sie wie ihre eigene Westentasche. Na ja, wer kennt schon so genau seine Westentasche? Aber ganz fremd war ihr das Thema wahrlich nicht. Jedenfalls würde sie ihnen nicht die Gelegenheit geben, sich an einem Verbot zu laben. Sollten sie doch zur Hölle fahren, gemeinsam mit dem Mapache und seinem Plattenaufleger.
»Ganz recht«, sagte Luis. »Sollen sie doch gehen, wohin auch immer, und wir gehen in die andere Richtung, zumindest für dieses Wochenende.«
Isabel kehrte rasch heim, um das Nötigste zusammenzupacken, und der Ingenieur warf zwei Hosen und drei Hemden in seinen Koffer. Dann machten sie sich auf den Weg zum Flughafen, um nach Playa del Carmen zu fliegen. In Wahrheit hätten beide am liebsten losgeheult, aber sie heuchelten Stärke, und keiner wagte es, als Erster anzufangen. Isabel wusste im Übrigen genau, dass sie die zwei Tage, die sie in der Sonne verbringen wollten, um Abstand zu gewinnen, verspielen würde, wenn sie dem Drang der aufsteigenden Tränen nachgäbe.
Als ihr Mann nachts in der Erwartung heimkehrte, ein gutes Abendessen vorzufinden und anschließend hinter ihrem Rücken unbemerkt unter die Decke zu schlüpfen, fand er auf seinem Kopfkissen eine Nachricht vor, die lautete: »Genieße für eine Weile deine Ruhe, wenn es nach mir geht, muss es keinen Krieg geben.«
Zwei Tage lang setzten Isabel und Luis ihr intensives Gespräch fort. Sie frühstückten gerne spät, ließen das Mittagessen ausfallen und aßen früh zu Abend. Sie mochten die Sonne, die Dämmerung, das Ceviche und den Horizont. Zu Beginn ihrer kleinen Reise überkam sie noch leicht die Wehmut, doch niemals zur gleichen Zeit. Wenn einem der Groll hochkochte, war der andere da, um ihn in seiner Abneigung gegen den Austausch von Körperflüssigkeiten mit Fremden zu bestärken. Denn wenngleich die neu erkorenen Bettgefährten ihrer Männer für diese mehr als vertraut waren, gab es für Isabel und Luis niemanden, der ihnen fremder gewesen wäre. Während ihre Ehegatten also fremdgingen, was ihnen ja freistand, denn immerhin leben wir in Zeiten, in denen man niemandem das Recht auf Fremdgehen absprechen kann, wollten sie nur fern von allem im Meer baden. Später würden sie dann sehen, wie sie sich in der Angelegenheit verhalten wollten.
Vom vielen Lachen geläutert, kehrten sie mit einem Entschluss in die Stadt zurück: Sie wollten zusammen eine größere Wohnung mieten. Zwei Dinge, die dem Mapachen Panik verursachten, Höhe und offener Raum, traten mit Isabels kategorischer Entscheidung in das Leben des Ingenieurs: vierzehnter Stock mit Blick auf den Park und in die Weite der sich in der Morgendämmerung verlierenden Hochhäuser.
Sie richteten alles ein wie ein silbernes Schmuckkästchen, doch während der Wochenenden, an denen sie sich gerne zurückzogen, Filme guckten und im Kaffeesatz lasen, hatten sie nichts gegen Unordnung. Luis, der es verstand, mit viel Intuition und großer Treffsicherheit im Kaffeesatz zu lesen, war der Meinung, Isabel habe diese Fähigkeit von ihm gelernt, doch in Wirklichkeit besaß sie zu seiner großen Überraschung nicht weniger Phantasie als er, und was ihre Intuition anbetraf, war sie sogar noch ausdauernder. Nach Maßgabe dieser Kriterien zum geschickten Flunkern kamen samstags und sonntags Freunde zu Besuch, um Sitzungen abzuhalten, die nie vor drei Uhr morgens endeten. In der Stadt begann man zu munkeln, sie hätten eine Romanze, würden sich bis zum Morgengrauen in den Armen halten und sich in die Augen schauen, als wollten sie unbedingt ihre Gedanken lesen. Drei Monate waren seit ihrer Rückkehr aus dem Wochenende am Strand vergangen, und sie hatten mit der ganzen Heuchelei, zu der wir, die Gesitteten, die Wert auf zivilisiertes Benehmen legen, fähig sind, ihre Ehegatten wissen lassen, wie sehr sie sie doch liebten, weshalb sie auch bestrebt seien, ihnen die Freiheit zu gewähren, zu lieben, wen immer sie wollten.
Der Mapache antwortete mit einem knappen Brief, in dem er sich für dieses Zugeständnis bedankte und den Erhalt seiner Platten, seiner sechs Hosen und seines Computers bestätigte, der einzigen Sachen aus seinem eigenen Besitz, die er bei
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