Ehemänner
seine Hand, als wäre er ein hilfloses Kind.
Mit ihren nun schon siebenundfünfzig Jahren und drei Wochen fand sie es amüsant, wieder einmal neugierig auf eine Nacht im fremden Bett zu sein. Genau das sagte sie ihrem Mann.
»Aber es ist doch dein Bett«, sagte er.
»Nein, mein Schatz«, widersprach ihm Isabel. »Das ist dein Bett, und ich bin hier nur zu Besuch.«
Es vergingen sieben Mahlzeiten, ein paar ausgedehnte Abendessen an fein gedeckten Tischen und einige mit Brot und Olivenöl. Am ersten Montag im neuen Jahr reisten die Kinder ab, und zwei Tage später kehrte Isabel in ihr Büro und ihre Wohnung am Park zurück. Luis empfing sie, als hätten sie sich zwanzig Jahre lang nicht gesehen.
»Wie geht es dir, mein Schatz?«, erkundigte sich Isabel.
»Gut, Liebste«, sagte Luis, der braun gebrannt aus Acapulco zurückgekehrt war, wo er im Gegenzug den Mapache besucht und das Jahresende mit ihm verbracht hatte.
»Friede sei mit uns«, sagte Isabel. »Wir haben eine Scheidung ohne Streitigkeiten vereinbart.«
»Und mit unserem Geiste«, sagte Luis.
Das Leben nahm wieder seinen Lauf mit dem üblichen Kommen und Gehen. Im Park blühten die Jakarandabäume, dann setzten die Regenfälle ein, und der Verkehr wurde so dicht wie in den schlimmsten Zeiten. Die Stadtregierung hatte beschlossen, eine zweite Ebene über dem Autobahnring zu bauen, in den Zeitungen gab es heftige Diskussionen und auf den Straßen ein heilloses Chaos. Eines Tages rief Isabels Exmann, der auf dem Heimweg von der Arbeit mitten in diesem Hexenkessel feststeckte, bei ihr an.
»Was ist los, Schatz?«, fragte sie am anderen Ende.
»Alle Welt nennst du Schatz«, klagte ihr Mann.
»Meine Welt«, sagte Isabel, die nur ihre Kinder, ihre Mutter, ihre Geschwister, ihre Freunde und Luis Schatz nannte. Denn sie alle waren der einzige Schatz und alles, was sie hatte im Leben; sie waren ihr Leben.
»Habe ich denn noch Platz in deiner Welt?«, wollte ihr Mann wissen.
»Selbstverständlich«, sagte sie. »Mit welchem Recht sollte ich dir das verwehren.«
Mit der Zeit war sie vielleicht sogar bereit, Luis’ Mutter recht zu geben, die meinte, sexuelle Untreue könne man mit einem langen Bad beseitigen. Nach einer raschen Scheidung ohne viele Diskussionen hatte Isabel die undankbare Rolle der betrogenen Ehefrau abgestreift und sah keinen Grund, den Kontakt zu ihrem Exgatten abzubrechen.
»Was nun?«, fragte ihr Ex, der sie nach langem Hin und Her allmählich zu verstehen begann. »Was hältst du davon, meine Geliebte zu werden?«
»Gute Idee«, sagte Isabel und lud ihn ein, die kommende Nacht bei ihr im Park zu verbringen.
Am nächsten Tag sagten sie sich zum Abschied all die Schmeicheleien einer unmöglichen Liebe, und noch am gleichen Abend begannen sie, sich die unanständigsten E-Mails zu schreiben, die, nach Ansicht von Luis, je auf diesem Weg verschickt wurden. Von da an waren alle glücklich und zufrieden. Aber jeder in seinem eigenen Zuhause.
Den Teufel versuchen
An einem Juniabend ging Claudia Cobián schon früh aus, um mit ihren Eskapaden den Teufel zu versuchen.
Sie kannte keine Gleichmütigkeit, blies nie Trübsal und war auch nicht in der Lage, länger als zwanzig Minuten die Hände in den Schoß zu legen. Aus all diesen Gründen hatte sie bereits zwei Ehen hinter sich, fünf Kinder, einen trunksüchtigen, streitlustigen Exmann sowie einen Gatten, der sich so sanftmütig und geschmeidig gab wie Olivenöl im Krug.
Von ihrer Mutter hatte Claudia ihr Zeichentalent geerbt, und mit dem Entwerfen und Fertigen von Möbeln konnte sie die Hälfte zum Haushaltseinkommen beisteuern. Ihren langen Körper mit den kleinen, festen Brüsten, der schlanken Taille und den nur wenig breiteren Hüften hatte sie sich über die Jahre hinweg bewahrt. Ihre Mundwinkel zeigten von Natur aus nach oben, so als lächelte sie immer. Dazu hatte sie blaue, von glänzenden Wimpern gesäumte Kulleraugen und hoch geschwungene, scharf konturierte Brauen, alles in allem eine Erscheinung wie handpoliert, vom Scheitel bis zur Sohle.
Ihr zweiter Ehemann war bereits in jungen Jahren ergraut, hatte Brauen, die sich wie ein Strich über seine breite Stirn zogen, schmale Lippen und eine Himmelfahrtsnase. Er war fünfzehn Jahre älter als sie und, seit sie ihn kannte, Arzt im Englischen Krankenhaus. Genauer gesagt, Kardiologe. Vor allem aber war er sicherlich ein guter Mensch und perfekter Vater – wie sie eine perfekte Mutter – für die fünf Kinder, die sie insgesamt
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