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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angeles Mastretta
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hatten. Zwei von ihr, mit ihrem ersten Mann, zwei von ihm, mit seiner ersten Frau, und eins hatten sie beide noch in ihren goldenen Jahren gezeugt.
    Mehr als ein Jahrzehnt lang hatten sie ihre Liebe genossen. Als die große Euphorie vorbei war, hatten sie es hingenommen, denn auch so verstanden sie sich noch tausendmal besser als die meisten Ehepaare in ihrem Bekanntenkreis.
    Sie hatten ihre Kinder großgezogen. Das letzte Mädchen war inzwischen zwölf und umtriebiger als der Manager eines internationalen Unternehmens. Seit Monaten gönnte Claudia sich nun nachmittags etwas Zeit, um für sich zu sein und Pläne für ihr Büro zu schmieden, wobei sie sakrale Musik jeglicher Art hörte: von Mozart und Manzanero über Vivaldi bis hin zu Agustín Lara. Sogar ans Klavier hatte sie sich gesetzt und die alte Fingerfertigkeit wiedererlangt, wie früher, als sie recht passabel Schubert gespielt hatte.
    Zwei außergewöhnliche Frauen arbeiteten vormittags bei ihr im Haushalt. Eine kochte herrliche Köstlichkeiten, die andere war die gute Fee, die das morgens hinterlassene Chaos in den Schlafzimmern in Ordnung brachte. Ein Großteil ihres Einkommens investierte Claudia in beide Frauen. Besser hätte man ein Monatsgehalt nicht aufteilen können. Claudia sagte ihnen nie, was zu tun war, und doch wurde alles immer perfekt erledigt. Die zwei gefunden zu haben war ihr großes Glück. Vielleicht hatte ihre Mutter ihr Zusammentreffen ja vom Jenseits aus arrangiert.
    Nachmittags herrschte jede bei sich zu Hause und eine Art Heiliger Geist bei allen. Keine hatte irgendwie das Gefühl, jemandem ausgeliefert zu sein.
    Eine Zeitlang fühlte Claudia sich beinahe zufrieden, obwohl sie glaubte, bei ihrem Mann herrsche seelisch wie körperlich totale Flaute. Nur brachte der Gedanke an einen anderen Mann sie ab und zu in Konflikte.
    Seit vielen Jahren kannte sie ihn schon, und da sie sich in den gleichen Kreisen bewegten, kam es vor, dass sie sich hin und wieder rein zufällig über den Weg Hefen. Auch er war Arzt. Im gleichen Krankenhaus wie ihr Mann, nur in einem anderen Fachgebiet tätig, auf mehr Kongressen außerhalb Mexikos unterwegs, mit weniger Freizeit und viel mehr auf Ruhm und Geld bedacht.
    Überall auf der Welt hielt er Vorträge und beschrieb ungewöhnliche Fälle, für die er ungewöhnliche Behandlungen entdeckt hatte. Als plastischer Chirurg straffte er Brüste und glättete Stirnen, ohne auch nur eine Bemerkung darüber zu verlieren. Aber er stellte auch Kiefer, Finger, Füße und Fersen mit solch einem Geschick wieder her, dass sich von Boston bis nach Taipeh, von Barcelona bis nach Brasilia niemand die detaillierte Beschreibung seiner Vorgehensweise entgehen lassen wollte. Er hieß Eugenio Menéndez. Wie schwer, ihn irgendwo in der Weltgeschichte zu wissen. Aber wie traurig wäre es auch, es nicht zu wissen. Sie mochte seine Augen. Augen und Stimme sagen viel über den Menschen. Dieser Mann war von stolzem und fröhlichem Naturell. Sein Haar war schwarz und seine Haut die eines Arztes, der seine eigenen Verhaltensmaßregeln jeden Morgen aufs Neue in den Wind schlug. Wenn er die Sonne für schädlich erklärte, so machte er doch selbst niemals Urlaub im Schatten. Er lachte, als reichte es ihm, die Welt zu sehen, um sie zu bejubeln. Sie konnte gar nicht anders, als seinem Charme zu erliegen.
    Die Geschichte all der Gespräche, die sie in den letzten neunzehn Jahren bruchstückhaft geführt hatten, ist zu lang, um sie zu erzählen. Als sie sich kennen lernten, war er noch Junggeselle und sie in erster Ehe verheiratet. Zum Zeitpunkt ihrer Scheidung war er gerade erst seit sechs Monaten verheiratet, und als sie zum zweiten Mal heiratete, kam sein viertes Kind zur Welt.
    Man war sich ein ganzes Leben lang begegnet, ohne sich einmal richtig zu treffen.
    »Wir müssen uns einmal fest verabreden«, hatte er ihr kurz nach der Geburt ihrer einzigen Tochter mit dem zweiten Ehemann gesagt.
    »Für einen Freitag«, sagte Claudia mit dem Strahlen derer, die gerade ein Kind zur Welt gebracht hatte.
    Sie hatte an der Tür zur Säuglingsstation gestanden, um sich zu erkundigen, wann man ihr das Kind bringen würde. Er kam gerade von der Untersuchung eines Babys, dem er zu einer bei der Geburt fehlenden Unterlippe verholfen hatte. Noch hatte man nicht den Brauch eingeführt, Operateure wie Operierte in grüne Kittel zu stecken. Er trug einen weißen Kittel und sie ein blaues Hemd.
    Dann hatten sie sich verabschiedet.
    Später fand sie es nicht

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