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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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fast alle ist, von dem einen Schluck.
    Merve klappt ihre glänzend bemalten Augenlider nach unten und streift unsichtbare Krümel von ihrer weiten, schwingenden Hose ab. «Was meinst du?», sagt sie dann und sieht Ava von schräg unten her an, bevor sie den Kopf wieder stolz aufrichtet, auf ihrem langen, schmalen Hals.
    Ava antwortet nicht. Sie sieht im Hintergrund Männer reden, eine Wolke von ernsthafter Diskussion über ihren Köpfen, die angenehme Dunkelheit im Raum erfüllt von Gerede und Gekicher. Die vielen kleinen, runden Lampenschirme auf den Kronleuchtern verstreuen Licht nur direkt um sich selbst und kaum in den Raum mit seinen moosgrünen Wänden hinein. Irgendwo, versteckt in den Winkeln der spiegelglänzenden Wände hinter der Theke, zwischen farbigen Flaschen und blitzenden Gläsern, plätschert Musik, kaum noch wahrnehmbar und dennoch stetig sich durch die Lautstärke schlängelnd, eine Melodie, die sie gefangen nimmt und in eine Richtung treibt, eine auf Leichtigkeit getrimmte Melodie, eine Melodie, wie sie an einem sonnigen Morgen auf einer Terrasse am Meer erklingen könnte – und die von daher falsch klingt. Sie macht den Raum in seiner dunkel waldigen Stimmung verkehrt und verärgert Ava. Können die Dinge nicht zueinander passen? Kann nicht Merve ein bisschen perfekter in ihren Lebensentscheidungen sein? Kann sie nicht. Und ist es das, was Ava tatsächlich verärgert?
    «Du meinst wegen Maik?», sagt Merve.
    «Warum lässt du ihn immer wieder in dein Leben rein? In euer Leben? Warum? Du könntest Männer haben ohne Ende. Da muss doch mal einer bei sein, der besser ist als der Assi.»
    Merve hat Männer ohne Ende gehabt, weiß Ava. Aber sie hat sie nie richtig gehabt, immer nur als Affäre, immer ein wenig zu kühl und zu objektiv in ihrer nur kurz andauernden Zuneigung, immer fern von Johnny und ihrem Familienleben. Das hatte Ava nie verurteilt, das schien ihr immer vernünftig und angebracht. Aber in all ihrer Vernunft hatte Merve nur einen einzigen Mann immer wieder in ihr doch an seinem tiefsten Grunde unvernünftiges Herz gelassen, den Assi. Ausgerechnet den Assi.
    Merve nickt langsam, und die silberne Spange löst sich vollends aus ihrem Haar und fällt zu Boden, während sich eine lange, rote Strähne ihres Haares mit befreit und sich sanft auf ihrer Schulter niederlässt. Merve bückt sich, hebt die Haarspange auf und steckt sie resignierend in ihre Hosentasche.
    «Ava, ich weiß es ja. Ich kann überhaupt nicht gegen dich anreden. Ich weiß es alles. Aber es ist nun mal so, dass ich nur ihn wirklich liebe. Die Frage ist, ob es daran liegt, dass er so ist, wie er ist, oder ob ich einen Schaden habe», sie tippt sich an den Kopf, «einen Beziehungsschaden, rein psychisch.»
    «Du hast einen Schaden. Wenn du den liebst.»
    Nach diesem Satz sinkt sie innerlich zusammen, weil sie nicht mehr weiß, ob das so ist, und ob Lieben an sich verurteilenswert ist. Vor allem kann sie sich plötzlich vorstellen, wie es ist, jemanden zu lieben, der nicht immer verfügbar ist, der seine eigenen Wege geht und nicht verlangt, dass man für ihn da ist, der manchmal da ist und manchmal weg. All das, was ihr als Argument dienen sollte – er sorgt nicht für Merve, er sorgt nicht einmal für Johnny, er kümmert sich nicht, er ist nicht da, er ist egoistisch und unzuverlässig höchsten Grades, sprunghaft und rücksichtslos –, all das verblasst angesichts der Tatsache, dass Merve ihn liebt oder zu lieben glaubt. Danilo ist da, er ist zuverlässig, und er kümmert sich, er sorgt für seine Familie, aber könnte Ava mit solcher tief in sich drin schuldbewussten, aber deswegen gerade umso schmerzhaft heftigeren Bestimmtheit sagen, dass sie Danilo liebt? Liebt sie Danilo überhaupt noch? Und ist das der Grund, weshalb sie so böse auf Merve ist?
    «Ich kann nichts dafür», sagt Merve, «vielleicht, wenn du ihn einmal kennenlernen würdest …»
    Dass gerade Merve, die Starke, Unabhängige, die störrische und unangepasste Merve ihr Herz hier so schwach und ängstlich zitternd auf ein Tablett legt und um Vergebung fleht, das verbittert Ava. «Mach doch, was du willst. Ich sage nur meine Meinung.»
    «Du hast ja auch recht. Aber ich kann nicht anders. Ava, wenn ich Maik bei mir habe, und auch, wenn es nur für eine gewisse Zeit ist, dann bin ich einfach glücklich. Ich weiß ja, dass er wieder geht. Ich weiß es ja. Und für Johnny ist es natürlich nicht so gut. Dieses Hin und Her. Ich weiß es ja.»
    «Für

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