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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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draußen.»
    Ava nickt. «Aber im Schuppen hat er sie doch wohl nicht gestört, Danilo.»
    «Nein.»
    «Wollte sie ihn vielleicht loswerden?»
    Danilo seufzt und setzt sich auf und reißt sich eins seiner wild gelockten Haare aus dem Schädel und legt es als Lesezeichen in sein aufgeschlagenes Buch. Kurz erschrickt er noch über die zerknitterte Seite, glättet sie mit seinen groben, dunklen Händen, immer warm, immer ein wenig patschig, parallel dazu sein schlafzerknittertes Gesicht. Ein Gesicht wie der Abdruck eines Buches.
    «Sie hat einen anderen», sagt Danilo.
    «Waaaaas?» Ava kann es nicht glauben. «Was hat sie denn für einen anderen, das ist ja verrückt, Danilo, erzähl doch mal!»
    «So verrückt ist es jetzt auch nicht. Wieso soll es denn überhaupt verrückt sein? Sie ist doch noch nicht alt.»
    «Nein. Aber, Danilo, wie sie immer so ist, mit ihren Gummistiefeln …»
    «Ja», murmelt Danilo, «es ist wirklich verrückt. Wer weiß, was der Typ von ihr will. Wir müssen aufpassen.»
    Ava kichert. «Geld wohl kaum.»
    «Nein», knurrt Danilo. «Das nicht.»
    «Wer ist es denn? Hast du eine Ahnung, Danilo? Hat sie was erzählt?»
    «Erzählt? Er war da, als ich kam, und saß da rum und schlürfte Kaffee und hatte Pantoffeln an. Meine Pantoffeln.»
    «Wieso hast du denn Pantoffeln, Danilo?»
    «Wenn ich mal da bin.»
    «Du bist doch fast nie da. Reg dich doch darüber nun nicht nicht auf!»
    «Ich reg mich aber auf. Wie der da einzieht gleich. Und so ein Spinner!»
    «Wieso denn Spinner?»
    «Er macht Holzschnitt. Ich hab Sachen rumliegen sehn … Ich hoffe nicht, dass das meine Mutter ist, die der da geschnitzt hat ohne Klamotten am Leib.»
    «Was?!» Ava quietscht vor Freude. «Er schnitzt deine Mutter, er schnitzt deine Mutter, in nackt, das ist wirklich das Beste seit langem, Danilo, es ist das Beste. Ich könnte mich wegschmeißen.»
    Babymerve wacht auf und grummelt erst ein bisschen, schreit dann aber sofort los. Das Theater beginnt. In Avas Kopf zieht sich ein müder Kopfschmerz zusammen, aber nur ganz klein, im Gesicht sitzt noch das Lachen über die Liebesfreuden von Danilos Mutter.
    «Es ist ja nicht deine Mutter», sagt Danilo und geht mit dem Buch rüber in das Bodenzimmer zu den Spinnen und vertrockneten Marienkäfern und zum Vater, der mit von Danilo eingetretenem Gesicht am Regal lehnt.

    Die große Merve entbindet ihr Kind wenige Tage später im Diakonie-Krankenhaus Elim in Eppendorf. Ava lässt die kleine Merve bei Danilo und verschwindet das erste Mal alleine in die Stadt. Merve liegt neben ihrem Sohn, der noch keinen Namen hat, in ihrem Bett, blass, das rote Haar verschwitzt, die Nase noch größer, die Knochen in ihrem Gesicht noch schärfer.
    «Es ist alles eine Scheiße, Ava» sind ihre ersten Worte.
    Ava nickt.
    «Ich bräuchte dringend eine Zigarette. Die würden einem aber keine geben.» Sie lacht rau.
    Ava legt ihre Hand auf Merves Arm. Dann holt sie einen kleinen Bären aus der Tasche, den eigentlich Babymerve von irgendwem geschenkt bekommen hat.
    «Schmeiß rüber!», sagt Merve und wirft den Bären in das Glasbettchen zu dem Baby.
    «Mein Sohn hat noch keinen Namen», sagt sie und schüttelt Avas Hand ab.
    «Ist ja noch Zeit», sagt Ava. «Weißt du, wie mein Baby heißt?»
    «Und?»
    «Es heißt … Merve.»
    Merve setzt sich auf. «Bist du bescheuert, Ava! Wieso machst du denn so was?»
    «Freust du dich nicht? Ich fand es einen schönen Namen. Es ist auch ein schöner Name.»
    «Ava, weißt du überhaupt, was du dem Kind für einen Namen gegeben hast? Das ist mein Name. Und weißt du überhaupt, was ich für ein Mensch bin? Ich … kann nicht mal … mein Kind lieben.» Merve schluchzt und dreht sich um.
    Ava geht um das Bett herum und fasst Merve streng unter das Kinn. «Mach dir keinen Kopf. Es ist doch gestern erst angekommen. Bei mir war es auch so. Und jetzt habe ich ein ganz gutes Verhältnis aufgebaut. Manchmal, wenn sie schläft, dann schließe ich sie schon richtig ins Herz. Und ich schätze, es wird noch besser, wenn sie reden kann.»
    Merve reibt sich die roten Augen. «Du meinst also, das kommt noch.»
    «Sicher, du bist ja noch vollkommen verrückt von der Geburt.»
    Merve starrt nach draußen auf den alten Schnee hinter den grauen Scheiben. «Ava, das hat mir keiner gesagt … dass das so weh tut.»
    Ava schüttelt den Kopf.
    «Das sind doch alles verlogene Fotzen, die ganzen Babymütter!», murmelt Merve.

    Bei Ava übernimmt der Alltag. Babymerve ist

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