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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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in ihrer Küche mit den ausgepackten Lebensmitteln, während die Waschmaschine läuft, und mit Babymerve auf dem Arm.
    «Ava, nimm du sie mal», sagt er und entreißt Fadil Merve, um sie Ava in den Arm zu drücken. Merve hatte, bevor Fadil gekommen war, unter einem Mobile gelegen und glucksende Laute von sich gegeben, während sie mit den Händen nach ihren Füßchen fasste. Es war sehr friedlich mit ihr, aber nun wird sie mürrisch. Danilo nimmt die Milch, stellt sie in den Kühlschrank, wird dann noch ungehaltener und sagt: «Ach, lass uns besser gehen.»
    «Wohin?», fragt Fadil.
    «Zu dir, dachte ich», sagt Danilo und merkt, wie unpassend es ist. Fadil ist sie besuchen gekommen, nicht Danilo abholen. «Hier ist es doch etwas … eng … und das Baby … und alles.»
    Fadil lacht laut und lässt es im Raum verklingen. «Willst du mir nichts anbieten, mein Freund, oder willst du mich rausschmeißen?»
    Das freut Ava ungemein. Sie geht mit Merve in das kleine Wohnzimmer zu ihrer Decke und ihrem Mobile, das sie an einer geöffneten Schublade festgeschraubt hat. Aber Merve dreht sich quengelig auf ihrer roten Elefantenbabydecke hin und her und kriegt ihre Füßchen schlecht gefasst und wird noch quengeliger und fängt an, «Äh»-Laute auszustoßen, der Anfang vom Schreien, die Vorbereitung für den Abend.
    Fadil kommt sofort neugierig angekrochen und lacht und sagt: «Sie meckert, sie meckert, sie ist eine Ziege.»
    «Das ist sie», sagt Ava. Fadil macht es sich auf dem Sofa bequem, und Danilo kommt mit der türkischen Teekanne, die er aus seinem Bodenzimmer geholt hat. In seinem Bodenzimmer steht kein Sofa, nur ein Stuhl. Sonst würde Danilo jetzt mit Fadil in seinem Bodenzimmer sitzen. Ava nimmt Merve mit in ihr Schlafzimmer und stillt sie. Dann wickelt sie sie und wiegt sie in ihren Armen, bevor sie sie in ihr nagelneues Kinderbett legt, weil sie eingeschlafen scheint. Sie ist aber nicht richtig eingeschlafen, weiß Ava, etliche Male wird sie Babymerve noch im Arm wiegen und sie ins Bett legen, weil sie glaubt, sie sei eingeschlafen. Wie jeden Abend. Es dauert, bis sie wirklich für eine Zeit schläft.
    Fadil trinkt den Tee und sagt: «Wo ist denn die Ziege?»
    «Sie liegt im Bett und schläft noch nicht», sagt Ava.
    «Wenn sie wach ist, warum muss sie dann schlafen?»
    «Sie ist müde.»
    «Aha.» Fadil nickt mit dem Kopf. «Ich bin auch müde.»
    Danilo legt eine Platte von Depeche Mode auf und lässt sie nur ganz leise laufen. Sie sitzen, eine Kerze brennt und die kleine Lampe auf dem Fernseher, der jetzt normalerweise laufen würde, wenn nicht Fadil da wäre. Dann fiept das Kind erst und setzt dann zu dem «Äh»-Laut an. Ava steht auf, und Fadil sagt: «Sie will noch ein bisschen bei dem Fadil bleiben, also hol sie her.»
    Ava schüttelt den Kopf, aber Babymerve will nicht mehr einnicken, sie steht eine Weile mit ihr im dunklen Schlafzimmer, sie wiegend und selbst leicht frierend in dem kühlen Raum. Ava will wieder in das warme Zimmer, wo Fadil lacht. Sie will nicht ausgeschlossen sein. Sie nimmt Merve mit rüber, und Merve macht ein ganz freundliches Gesicht, als sie plötzlich im warmem Licht herumgereicht wird.
    Nur Danilo ist nicht zufrieden. «Damit machst du doch alles kaputt.»
    «Sie wollte nicht schlafen.»
    «Das will sie doch nie.»
    Danilo hat recht. Aber Ava will nicht immer stundenlang im dunklen Schlafzimmer stehen, dunkel, weil das Licht den Einschlafprozess stört und das Kind an das Schlafen im Dunkeln gewöhnt werden soll. Und sie will vor allem bei dem Besuch sein, auch wenn es nicht ihr Besuch ist. Vielleicht ist es aber doch ihr Besuch.
    Fadil hebt die kleine Merve in ihrem rosa Schlafsäckchen hoch über seinen Kopf und wiegt sie rhythmisch zu den Klängen von «People are People», was ihr gut gefällt, sie lächelt. «Es ist doch richtig schön hier bei euch», sagt Fadil und lacht wieder ohne Grund und ohne Witz.
    Wenn er das denkt, dann ist es vielleicht auch so, denkt Ava. Es könnte jedenfalls so sein, wenn man es wollte. Es liegt nicht an Merve, es liegt auch nicht an der Wohnung oder der zeitweisen Unordnung, es ist allein ihre Schuld, ihre und Danilos, wenn es hier nicht richtig schön ist. Aber wie soll man da rauskommen?

    Ende April ist es immer noch kalt. Der Schnee ist geschmolzen, es ist erst warm und nass gewesen, dann fiel wieder Schnee, viel Schnee, dann taute der Schnee, und jetzt ist es sonnig, aber immer noch kalt. Merve ist einfach nicht zu erreichen gewesen,

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