Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
sauberes Hemd und keines, das schon von zehn anderen getragen wurde.«
Agnes musste sich den Mund zuhalten, um nicht laut loszukichern. Hiltrud dagegen ließ beleidigt ihr Kleid fallen und wandte sich ab. Sie ging zu ihrem Bett und setzte sich darauf.
Ludolf fuhr fort: »Welchen Nutzen hatte es für Euren Bruder, wenn er Euch mit dem Händler verkuppelte?«
Mürrisch antwortete Hiltrud: »Es sollte ihm seinen Posten sichern.«
»Musste er denn Angst darum haben?«
»Neidhammel hatten ihn bei Bode angeschwärzt.«
»Womit denn?«
»Keine Ahnung. Is’ auch nich mein Problem.« Gelangweilt schob sie den gammeligen Vorhang am Fenster zur Seite und schaute hinaus.
Jetzt mischte sich Agnes ins Gespräch ein: »Habt Ihr auf ein Kind von Bode gehofft?«
Hiltrud fuhr auf: »Wieso das denn? Was soll ich mit so ’nem Balg anfangen?«
»Ein Erbteil von Bodes Besitz oder Geld, damit Ihr darüber schweigt.«
Hiltrud drehte sich wieder herum. »He, Schwesterherz. Du tust ja gerade so, als ob ich nicht wüsste, wie man Kinder verhindert oder schnell wieder loswird. Ich bin doch nicht so blöd, mir ein Kind andrehen zu lassen.« Dabei tippte sie sich wieder mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Ich bin noch zu jung, um mir davon die Figur versauen zu lassen. Ich will meinen Spaß haben. Das ist mein gutes Recht.«
»Ihr habt den Händler also nur umgarnt, damit Eurem Bruder der Posten gesichert ist?«
»Ist das nicht schon genug?«
»Oder gab es noch einen anderen Grund?«
»Weiß ich doch nicht! Kümmert mich auch nicht. Hauptsache, ich hab meinen Spaß dabei. Heiraten werd ich erst, wenn der Richtige da ist. Reich muss er sein. Wenn er dann noch gut aussieht, wär nicht schlecht. Vielleicht …« Plötzlich bekam sie einen verträumten Blick und legte ihren Kopf auf die Seite. »Vielleicht ist das schon bald der Fall. Sehr bald.« In Gedanken strich sie sich durch ihr Haar.
Aber Agnes unterbrach ihre Träumereien: »Was hat Euer Bruder mit dem Geschäft des Händlers vor?«
Hiltrud schreckte hoch und antwortete unwillig: »Wie oft soll ich’s noch wiederholen? Ich weiß nix davon. Er soll mir genug Geld für Schuhe und Kleidung überlassen. Mehr will ich gar nicht wissen.«
»Dazu noch die Geschenke der netten Herren«, warf Ludolf ein.
»Genau.«
»Ihr klingt wie eine Dirne«, resümierte Agnes bissig.
Hiltrud sprang wütend auf und giftete die Nonne an: »Bist wohl neidisch, dass du nur so einen kümmerlichen abbekommen hast!«, und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf Ludolf.
»Der ist jedenfalls mehr wert als alle Eure Freier zusammen«, konterte Agnes souverän.
Ludolf war wie vom Donner gerührt. Solch eine Antwort hatte er in Anbetracht ihrer Streitigkeiten nicht erwartet.
Hiltrud jedoch entgegnete bloß: »Ich muss jetzt los. Ich werde nämlich erwartet. Es kann sein, dass ich mich heute noch verlobe. Dazu muss ich mich natürlich noch entsprechend kleiden. Oder willst du zuschauen?«
»Nein, danke«, antwortete Agnes und drehte sich um, um hinauszugehen.
Hiltrud wandte sich lachend Ludolf zu: »Willst du mir nicht beim Ausziehen helfen?«
»Darauf komme ich frühestens zurück, wenn Ihr die einzige Frau auf Erden seid.« Er grinste breit und war fort, ehe die verblüffte Buhlerin eine unanständige Antwort geben konnte.
Trennung
Agnes stand auf der Straße vor dem heruntergekommenen Haus, als Ludolf neben sie trat. Aus dem Haus hörte man noch das schmutzige Lachen und die unflätigen Verhöhnungen von Hiltrud Rehkopf.
»Wolltest du ihr nicht helfen?« Agnes schaute die Straße entlang. Sie klang wieder sehr abweisend.
»Ich helfe bestimmt nicht einer, an der sich alle möglichen bedienen.«
»Dann hättest du endlich das bekommen, was bei mir nicht zu haben ist.«
Ludolf schaute Agnes fassungslos an und schüttelte den Kopf. Vorhin schien sie entspannt und freundlich, jetzt aber war sie wieder ungenießbar, geradezu gehässig. »Warum redest du so? Du weißt doch genau, dass ich nicht so bin.«
»Du kannst mir viel erzählen.«
Ludolf konnte kaum glauben, was er da hörte. »Warum hast du dann auf mich gewartet?«
»Habe ich nicht. Ich wollte gerade los.« Damit setzte sie sich in Bewegung.
Ludolf folgte ihr gereizt. »Und du? Woher weiß ich, dass da nichts mit diesem bescheuerten Soldaten ist?«
»Ha!« Agnes blieb stehen und blitzte ihn gefährlich an. »Bei mir ist das etwas ganz anderes! Ich bin immerhin eine Nonne mit einem heiligen Gelübde.«
»Ach ja?« In ihm brodelte
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