Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
eine hilfsbereite, tüchtige junge Frau, mit der sie gut auskam.
Doch dann fragte Marianne: »Wo ist Euer Mann?«
Agnes kam ins Stottern. »Mann? Ähm … Ihr meint Ludolf?«
Erstaunt fragte die Ältere: »Seid Ihr denn nicht verheiratet?«
Die Möllenbeckerin drehte verlegen an den Knöpfen ihres Kleides und wich den Blicken aus. »Wir kennen uns schon sehr lange. Seit wir Kinder sind. Ludolf hätte mich bestimmt schon längst geheiratet. Aber …«, sie atmete tief durch, »ich bin Nonne. Es geht nicht. Ich kann ihn nicht heiraten.«
Marianne schüttelte überrascht den Kopf. »Das wusste ich nicht. Ich glaube, das wusste noch nicht einmal mein Joachim.« Nach einem Augenblick des Schweigens fuhr sie fort. »Aber angenommen, Ihr wärt keine Nonne, würdet Ihr dann Ludolf heiraten?«
Agnes lächelte und antwortete schelmisch: »Dann hätte ich einen gut aussehenden Mann geheiratet. Reich und vermögend.«
»Also nicht Ludolf?«
Sie überlegte einen Moment, um die richtigen Worte zu finden. »Vielleicht doch. Wir sind teilweise so unterschiedlich, in anderen Dingen aber auch wieder zu ähnlich. Er ist alles andere als dumm, aber sehr eifersüchtig. Und ganz besonders dann ungenießbar.«
»Gebt Ihr denn dem Hauptmann von Lübbecke den Vorzug?«
Agnes schreckte hoch. »Wie … wie kommt Ihr darauf?«
»Ich habe Euch zwei gestern gesehen. Zuerst gegen Mittag vor dem Rathaus. Wir wohnen doch oben unterm Dach. So konnte ich Euch gut beobachten. Und abends seid Ihr mit ihm über den Marktplatz geschlendert. Ihr habt gekichert und geplappert wie ein junges, verliebtes Mädchen.«
Da musste die Frau etwas völlig falsch verstanden haben! »So ist das bestimmt nicht«, versicherte sie.
Mariannes Gesichtsausdruck wurde nachdenklich. »Darf ich Euch etwas sagen? So von Frau zu Frau?«
Agnes nickte nur stumm.
Katerstimmung
Ludolf wurde langsam wach. Die Morgensonne schien genau an St. Martini vorbei auf das Haus und tauchte sein Zimmer in ein warmes Licht. Hoffentlich war das ein gutes Omen für den Tag. Nach dem Regen und dem nasskalten Wetter der letzten Woche durfte es ruhig wieder besser werden.
Zufrieden lag er auf dem Bett und betrachtete die Balkendecke. Der gestrige Abend war außerordentlich ereignisreich gewesen, obwohl das in Anbetracht des ganzen Ärgers mit Agnes kaum vorstellbar gewesen war. Was der Hochzeitsgast da erzählt hatte, war schon sehr bemerkenswert. Ludolf war der Zusammenhang mit dem Tod des Händlers Bode und dem ganzen Hin und Her wegen der Bewertung des Geschäfts noch nicht ganz klar. Aber es konnte ein weiterer Baustein sein, um das Rätsel zu lösen.
Gestern Abend hatte er ganz anderes im Kopf gehabt. Da hatte er noch nicht darüber nachdenken wollen. Susanna war so bezaubernd, so anmutig gewesen. Schade, dass sie heute nach Nienburg abreiste. Und Agnes? Als Ludolf nach Hause gekommen war, hatte er Agnes in ihrer Kammer weinen gehört. Erst hatte er zu ihr hineinstürzen wollen, aber im letzten Moment hatte er innegehalten. Was ging ihn das noch an? Was passiert war, was sie gemacht hatte, oder was dieser lüsterne Soldat ihr angetan hatte, war nicht mehr seine Angelegenheit. Sie hatte alles zerstört, was einmal zwischen ihnen bestanden hatte.
Ludolf stand auf, um sich frisch zu machen. Als er die Tür öffnete, hörte er Stimmen. Vorsichtig lugte er durch den Türspalt. Agnes und die Frau des Marktleiters umarmten sich gerade und verabschiedeten sich herzlich. Die beiden hatten ihn nicht bemerkt. Marianne Zempelburg verschwand winkend.
Agnes ging wieder zum Raum mit der Feuerstelle, als sie Ludolf in der Tür stehen sah. Unentschlossen blieb sie stehen. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet.
»Guten Morgen«, wünschte sie mit belegter Stimme.
Er murmelte eine knappe Erwiderung.
Sie suchte nach den richtigen Worten. »Wir haben frisches Brot bekommen. Ich mache dir gerne Rührei mit Speck. Falls du möchtest?« Verlegen schaute sie zur Seite.
Er wusste im ersten Moment nicht, wie er auf das Angebot reagieren sollte. Hatte sie etwas gutzumachen? »Ich gehe erstmal zum Brunnen«, brummte er und ging an ihr vorbei nach unten.
Als Ludolf zurückkam, roch es schon nach Gebratenem. Zu Hause gehörte das zu seinen Lieblingsspeisen am Morgen. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er betrat den Küchenraum, wo Agnes an der Feuerstelle hantierte.
»Ich bin sofort fertig«, erklärte sie rasch.
Als sich Ludolf an den kleinen Tisch setzte, kam sie schon mit einem Holzteller, der
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