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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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geht man nun mal nicht mit Frauen um.«
    Agnes schaute schnell aus dem Fenster. Ludolf verabschiedete sich gerade von dem anderen Mann. Sie musste wissen, was die beiden da besprochen hatten. Sie eilte zur Treppe und dann hinunter, kämpfte sich durch die Gäste, lief auf die Straße. Sie blickte sich hastig um, aber weder Ludolf und die blonde Frau noch der Hochzeitsgast waren zu sehen. In ihrer Eile hatte sie auch nicht darauf geachtet, in welche Richtung die drei weggegangen waren. Sie ärgerte sich maßlos über ihre Dummheit.
    In ihrer Verzweiflung fragte Agnes einige der Gäste, ob sie den Mann mit der blonden Frau gesehen hatten. Die meistens zuckten mit den Schultern, sie hatten nichts gesehen. Andere wollten ihr erst gar nicht zuhören. Was hatte sie an sich, dass diese Leute sie so abweisend behandelten?
    Plötzlich hörte Agnes ihren Namen. Sie schaute nach oben. Wolfram stand am Fenster, fluchte und drohte ihr. »Du hinterhältiges Aas! Komm sofort wieder hoch! Entschuldige dich oder ich schlag dich tot!«
    Beim Anblick des rasenden Soldaten wurden ihr ihre schmerzenden Oberarme bewusst. Wolframs brutale Hände hatten ganze Arbeit vollbracht. Das würde dicke blaue Flecken geben. Von diesem überaus ereignisreichen Abend sollte sie für mindestens eine Woche ein Andenken zurückbehalten.
    »Dafür schuldest du mir mehr als ’ne Nacht! Du hast mich schon lang genug hingehalten!«, schrie er wieder.
    Die anderen Gäste hatten mittlerweile ihre Gespräche unterbrochen und beobachteten neugierig die Szene. Noch mehr Gesichter blickten sie jetzt mürrisch an. Freunde hatte sie hier sowieso nicht gehabt, im Gegensatz zu Wolfram. Ein paar Gäste erhoben sich von ihren Sitzen, als warteten sie auf ein Zeichen zum Losschlagen. Es war Zeit, das Weite zu suchen. So schnell sie konnte lief sie davon. Zum Glück folgte ihr keiner der Gäste.

Marianne
    Donnerstag, 26.5.1385
    Unter Qualen schnitt Agnes das Brot. Ihre Oberarme schmerzten heute Morgen bei jeder Bewegung. Sie war kaum in der Lage, ihre Arme zu heben. Schon alleine das Anziehen des Kleides war eine Qual gewesen. Sie kam sich vor wie ein kleines Kind, das sich ohne die Eltern noch nicht einmal alleine anziehen konnte. Die Quetschungen von Wolframs Fingern waren deutlich zu sehen. In den nächsten Tagen würden sich die Flecken erst kräftig blau färben, dann grün und gelblich. Dieser Rüpel!
    Warum war er gestern plötzlich so ausfällig geworden? Erst war er wirklich nett zu ihr gewesen, richtig höflich. Hatte mit ihr getanzt und gescherzt. Und dann? Er sollte nicht so viel trinken. Das tat ihm nicht gut. Dann vergaß er sich, dann kam wieder seine alte Persönlichkeit zum Vorschein, die raue, gewalttätige, animalische.
    Darüber hatte Agnes die ganze Nacht nachgedacht. Vor Schmerzen in den Armen und im Herzen schlaflos hatte sie sich hin und her gewälzt. Sie hatte gegrübelt und nach Antworten gesucht. Wolfram hatte sich die beiden Tage redlich bemüht. Die Enttäuschung mit seiner Frau hatte ihn verbittert gemacht. Agnes konnte sich nicht hineinversetzen, wie es war, von heute auf morgen verlassen zu werden, das musste man wahrscheinlich selbst erlebt haben. Wolfram musste erst wieder lernen, wie man anständig und vernünftig mit Frauen umging. Durch den vielen Wein und die Menge Bier waren alle Wut und aller Hass aus ihm herausgebrochen. Er brauchte Hilfe. Aber nach der gestrigen Vorstellung war sie sich nicht sicher, ob sie das überhaupt machen wollte.
    Plötzlich hörte Agnes ein Geräusch. Die Eingangstür wurde geöffnet. Wer hatte denn noch einen Schlüssel zu diesem Haus? Sie ging leise bis zur Treppe und schaute vorsichtig hinunter.
    Eine Stimme meldete sich aus dem unteren Stockwerk: »Nicht erschrecken. Ich bin’s nur. Marianne Zempelburg. Ich bringe Euch etwas zum Essen.«
    Eine Frau mittleren Alters kam die Treppe herauf. Als sie bei Agnes angelangt war, fragte sie: »Ihr seid doch Agnes?«
    Die Jüngere nickte.
    »Herzlich willkommen nachträglich. Auch von mir noch einmal. Mein Mann hatte mir schon von Eurer Ankunft erzählt. Aber da hatten wir uns leider nicht mehr gesehen.« Die Frau des Marktleiters lächelte liebenswürdig.
    Dann packten die beiden den Korb aus. Neben frisch duftendem, noch warmem Brot gab es Eier, Äpfel, Schinken und andere leckere Sachen. Die Frauen unterhielten sich ein wenig, und Marianne erzählte von den Vorbereitungen zur Hochzeit ihres Sohnes. Sie freute sich sehr auf ihre zukünftige Schwiegertochter,

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