Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
»Alles futsch. Der Herr von Wiesen war sehr wütend, als seine Schwester, die Herrin Bode, ihm heute Morgen von der Heirat erzählte.« Dann richtete er sich plötzlich auf und sprach voller Entrüstung: »Er denkt, ich hätte ihn verraten.«
»Habt Ihr?«
Rehkopf schüttelte vehement seinen Kopf. »Nein. Ich bin doch nicht dumm!«
»Wusste der Schäfermann von dem Betrug?«
»Ich hab’ ihm bestimmt nix gesagt. Der Herr Schäfermann meinte bloß gestern, ich könne weiterhin als Gehilfe hier arbeiten.«
Albert von Leteln blickte den Burschen eindringlich an. »Sonst sagte er nichts weiter?«
Ulrich Rehkopf antwortete nur mit einem Kopfschütteln.
Der Ratsherr kratzte sich am Kinn. »Wie hätte er von dem Wert erfahren können?«
»Davon wissen doch nur der Herr von Wiesen und ich.«
Agnes wurden schlagartig die Zusammenhänge klar. Sie erinnerte sich an alles, was sie und Ludolf gestern erfahren hatten. Jetzt ergab das Hin und Her mit der Übernahme zwisehen von Wiesen, Schäfermann und Rehkopf einen Sinn. »Entschuldigt bitte, werter Ratsherr von Leteln. Darf ich weitermachen?«
Er schaute sie neugierig an. »Ja. Äh … warum nicht?«
Die Nonne richtete ihre Frage an den Kontorsgehilfen: »Wusste Eure Schwester Hiltrud von der Absprache mit dem Amtsmeister von Wiesen?«
Ulrich Rehkopf druckste ein wenig herum. »Nun ja. Klar … Ich habe ihr davon erzählt. Sie sollte ja schließlich auch ihren Nutzen davon haben.«
»Und Eure Schwester kennt Schäfermann. Wusstet Ihr das?«
»Die beiden haben sich vielleicht mal gesehen. Hiltrud treibt sich halt überall herum. Na und?«
»Wir wissen aber, dass Hiltrud die aktuelle Gespielin von Schäfermann ist.«
»Was?« Der junge Mann war sichtlich überrascht. Er versuchte wieder, die Wachen, die ihn festhielten, abzuschütteln. »Davon hat sie nie was gesagt!«
»Und doch ist es so. Kann sie ihm den Plan mit dem verringerten Wert verraten haben?«
Rehkopf wurde immer unruhiger. »Die ist doch so was von dämlich! Kann die nicht einfach mal die Klappe halten!«
»Eure Schwester sagte gestern auch, dass sie bald heiraten will.«
»Sie hat halt ihre Bekanntschaften.« Der Kontorsgehilfe versuchte, teilnahmslos zu klingen, aber das Zittern in seiner Stimme verriet doch seine Anspannung.
»Doch wohl eher Liebhaber«, verbesserte Agnes.
»Das ist ihre Sache. Nicht meine.«
Sie machte eine kleine Pause, um die Spannung zu erhöhen. »Dann wisst Ihr also nicht, dass sich Eure Schwester verloben wollte?«
»Was? Die spinnt doch!« Ulrich Rehkopf bäumte sich wieder auf. »Wer sollte sie nehmen? Die sammelt doch Kerle wie andere Leute Pfennige und Heller.«
»Vielleicht hat sie ja Schäfermann von dem Plan erzählt, um ihn zu bekommen. Der wäre doch eine außerordentlich gute Partie. Oder?«
Der Kontorsgehilfe begann zu wüten und zu fluchen. Trotz aller Gegenwehr, den eisernen Griffen der Stadtwache konnte er nicht entfliehen. »Diese blöde Kuh betrügt mich! Schon seit jeher war sie faul wie Dreck. Immer von Mutter verwöhnt. Nie musste se was selber tun! Zu Hause sieht’s aus wie im Schweinestall! Seit die Eltern tot sind, muss ich für alles sorgen. Immer nur ich! Ich dreh der den Hals um!«
Rehkopf versuchte jetzt verzweifelt sich zu befreien, trat sogar nach den Wachen und biss um sich. Er war wie ein tollwütiger Hund. Erst wichen die Soldaten den Angriffen noch aus, aber nachdem sie einige Fußtritte hatten einstecken müssen, machten sie kurzen Prozess und warfen ihn zu Boden. Dort wurde er innerhalb weniger Augenblicke gefesselt und geknebelt.
Albert von Leteln wies die Soldaten an, den Gefangenen schnellstens zum Rathaus zu bringen und dann zum Haus von Gabriel von Wiesen in der Ritterstraße zu kommen. Zwei andere Wachen sollten umgehend zur Werkstatt des Handwerksmeisters laufen und ihn verhaften.
»Von Wiesen hat den Tod seines Schwagers geplant. Wenn wir ihn haben, werden wir … äh … schon sehen, wer der Henker war.«
Die beiden Bewaffneten machten sich schleunigst auf den Weg und zogen ihren Gefangenen wenig zimperlich hinter sich her. Wenn Rehkopf stolperte, wurde er ein Stück mitgeschleift, bevor er mit Tritten und Schlägen wieder zum Aufstehen genötigt wurde.
Bei Schäfermann
Kurz nach den Wachsoldaten kam der Ratsherr von Leteln mit Agnes und Ludolf im Schlepptau am Rathaus an. Die beiden Wachen hatten Ulrich Rehkopf abgeliefert und warteten schon mit drei weiteren Soldaten, um über die Martinitreppe in die Oberstadt zu
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