Ehre sei dem Vater (German Edition)
diesen Momenten
zählten nur mehr ihre Gefühle. Ihr kleines, mit Fotografien fast fleckenlos
austapeziertes Zimmer, das von niemandem betreten werden durfte, war ihr
Zufluchtsort vor der hektischen, meist nervenden Außenwelt. Hier wechselten
sich kleine bis mittelgroße Naturaufnahmen mit großen Ganzkörper- und
Profilbildern von Martin ab. Nur ihre allerbesten Fotos waren gerahmt. Den Rest
hatte sie mit einem eigens zu diesem Zweck angeschafften Laminiergerät liebevoll in Folien geschweißt und, obwohl sie auf den ersten Blick wie
zufällig angeordnet schienen, kunstvoll an den Wänden angeordnet. Manchmal fand
sie es direkt schade, dass noch niemand jemals dieses Kunstwerk bestaunen
konnte. Eines Tages würde sie es Martin zeigen ……
„If you want to hang out, you’ve got to take her out,
cocaine!”
In ohrenbetäubender Lautstärke tönte die
Musik von J.J. Cale über die Gänge und riss Eva, trotz geschlossener Tür, unsanft
aus ihren Gedanken.
Sie stürmte wutschnaubend in das Zimmer ihres
Bruders. “Weißt du eigentlich wie spät es ist?”, brüllte sie und tippte bedrohlich
mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf ihre Armbanduhr, die bereits 22.00 Uhr
anzeigte. „Wie wär’s, wenn mein Bruderherz zur Abwechslung einmal ein kleines
bisschen Rücksicht auf seine Mitbewohnerin nehmen würde? Ist das zu viel
verlangt?“ David verdrehte provokativ seine Augen, erhob sich betont langsam
und schleppend aus seinem orangefarbenen Sofa und drehte schließlich wortlos an
einem Knopf seiner Stereoanlage.
„If you got bad news, you want to kick them blues,
cocaine!”
“Das ist noch immer viel zu laut! Hast du
Stöpsel in den Ohren, oder hat dir deine nervtötende Musik schon komplett deinen Gehörsinn ruiniert?“
Er antwortete nicht. Erst jetzt dämmerte ihr,
dass irgendetwas mit ihrem Bruder nicht stimmte. David, der sonst allergrößten
Wert auf Sauberkeit legte, lungerte in einer schmutzig wirkenden grauen
Trainingshose und einem sichtlich verschwitzten T-Shirt auf seiner Couch. Im
dämmrigen Licht bildete seine gesamte Erscheinung einen ausgeprägten Gegenpol
zu der ansonsten gepflegten, modernen Einrichtung seines Zimmers. Die hellen,
freundlichen Farben der Möbel und der Bettwäsche wollten so gar nicht zum Bild
ihres Besitzers passen, dessen schulterlange, strähnige Haare sein Gesicht fast
zur Gänze verbargen. Nicht einmal das Spitzbärtchen, welches Eva so an ihrem
Bruder liebte, weil es ihn draufgängerisch und frech erscheinen ließ, zeigte
heute aufbauende Wirkung. Sofort bereute Eva ihre überzogene Reaktion von
vorher.
„He, Kleiner ist bei dir alles in Ordnung?“,
fragte sie mitfühlend. „Tut mir leid, dass ich dich so angebrüllt habe, aber
ich war mitten im Schreiben und die Musik hat mich total aus dem Konzept
gebracht. Stimmt irgendetwas nicht mit dir?“
„Lass mal stecken, ich bin schon okay“,
versuchte er langsam und stockend ihr Mitleid abzuwehren. „Ich war bloß ein
bisschen Joggen und jetzt - bin total
ausgelaugt!“
Sein fauliger Atem ließ sie erschaudern . Ihr Bruder litt bereits seit frühester
Kindheit an Asthma und hatte deswegen nie besonders viel Sport machen können,
obwohl seine schlanke Statur ihn sportlich erscheinen ließ. Das war außer
seinem unausstehlichen Mief der Hauptgrund, warum Eva ihm nicht glaubte. „So,
nun aber raus mit der Sprache, was ist wirklich los? Hast du etwa getrunken?“,
sagte sie, anstatt auf seine Erklärung einzugehen.
„Wie kommst dd du dede denn darauf?“ Nun war seine zuvor an den Tag gelegte Selbstbeherrschung
endgültig in sich zusammen= gebrochen. Die Alkoholfahne konnte er ohnehin nicht
wegleugnen. Er lehnte seinen Kopf schwerfällig an ihre Schulter. Eva hatte
ihren Bruder noch nie in einem solchen Zustand gesehen und es kostete sie
einige Überwindung, ihn trotz seines widerlichen Gestanks nicht von sich zu stoßen.
In dieser unbequemen Position sollte sie in
dieser Nacht noch einige Stunden verharren!
„ Am 31.
August 1997 starb in Paris Diana Frances
Spencer , die Prinzessin von Wales, durch einen tragischen
Autounfall. Bei dem Versuch, cirka zwanzig Paparrazzi abzuschütteln, die Dianas Fahrzeug mit
Motorrädern und Autos verfolgten, verlor der Fahrer des Wagens, in dem nicht nur die Prinzessin,
sondern auch ihr Freund Dodi al- Fayed saßen, die
Kontrolle über diesen und raste mit sehr hoher Geschwindigkeit in einen
Betonpfeiler am Eingang eines Tunnels.“
Franz sah die Schlagzeilen noch deutlich
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