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Ehre sei dem Vater (German Edition)

Ehre sei dem Vater (German Edition)

Titel: Ehre sei dem Vater (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa May
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zum anderen und verweilte niemals mehr als den Bruchteil einer
Sekunde. „Der Kerl hat etwas zu verbergen“, da war sich Schwarz ganz sicher. Er
hatte in seinem Leben schon sehr viele Verhöre durchgeführt und noch nie war
ihm ein Schuldiger durch die Lappen gegangen. Diese Typen kannte er. Er kostete
die Unsicherheit des Mannes noch eine Weile aus, ohne ein Wort zu sagen.
Schließlich wusste sein Gegenüber, warum er hier war. Schwarz warf seinem
Kollegen, der abwartend hinter dem Verdächtigem stand, einen kurzen, amüsierten
Blick zu. Er fühlte sich wie ein Weidmann, der die Beute bereits im Visier
hatte. Der Jäger und der Hase kannten sich schon seit ewigen Zeiten. Zumindest
vom Sehen. Noch einmal musterte er den verunsicherten Mann: das füllige
Gesicht, die kleinen Schweinsaugen und die rot geäderten Wangen. „Selten einen
so unappetitlichen Menschen gesehen“, dachte er angeekelt, während sein Blick
den Leib seines Gegenübers fixierte. Die Körpergröße war nicht überragend,
vielleicht 1,70 Meter, dafür war seine stämmige Statur auffallend. Er erinnerte
mit seinem mächtigen Umfang und den kräftigen Oberarmen viel mehr an einen in
die Jahre gekommenen Ringkämpfer als an einen Bauern. Der Mann betrieb eine
kleine Landwirtschaft in Irdning, war hier sicher auch geboren, aber das würde Inspektor
Schwarz später für die Akten noch genauer aufnehmen. Er grinste. Endlich würde
er den leidigen Fall „Seidl“ aufklären können.
    Nach einigen Minuten stummer, gedanklicher
Leibesvisitation, begann er endlich sein Verhör. „Name?“, fragte er.
    „Karl Weber.“
    „Sie wissen, Herr Weber, warum wir Sie hierher
gebracht haben?“
    „Ich kann mir schon denken warum, aber Sie
müssen mir glauben, ich hab nichts mit der Sache zu tun“, stammelte der Mann,
der dem Blick des Beamten noch immer nicht standhalten konnte.
    „Wie erklären Sie mir dann das, was wir in
Ihren vier Wänden gefunden haben?“
    Weber gab keine Antwort. Das lästige
Quietschen des Sessels verstärkte sich.
    „Na? Ich möchte hier nicht übernachten! Was
hat es mit dem bei Ihnen gefundenen Material auf sich?“ Schwarz hatte bei
diesen Worten die Stimme deutlich erhoben und tauschte erneut einen flüchtigen
Blick mit seinem Kollegen.
    „Mir ist klar, dass die Sache ziemlich blöd
für mich aussieht, aber sie denken doch nicht etwa, dass ich dem alten Seidl
etwas angetan habe, oder?“
    „Was wir hier denken oder nicht lassen Sie
mal besser unsere Sorge sein!“, und nach einer kurzen Gedankenpause setzte er
fort: „Aber ja, wenn ich mir das alles so recht überlege, bin ich tatsächlich
der festen Überzeugung, dass Sie dem armen Krüppel etwas angetan haben.“
Schwarz verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. Er wollte den Mann
provozieren. „Dieser hässliche Kerl hat es nicht anders verdient“, dachte er.
    Weber konnte nicht mehr sitzen bleiben. Als
sich der schwere Koloss erhob, stürzte der Holzsessel, auf dem er gesessen
hatte, geräuschvoll zu Boden. Durch den Luftzug der abrupten Bewegung drang der
ätzende Schweißgeruch des Mannes in die Nase des Inspektors. Zum allerersten
Mal seit Schwarz ihn vor sich hatte, blitzten Webers graublauen Augen ihn mehr
als nur einen Moment lang an.
    „Wo sind wir hier eigentlich? Im finstersten
Urwald, wo die Gesetze eines einzelnen Beamten gelten“, schrie er erbost. „So
lasse ich mich nicht behandeln! Ich sage gar nichts mehr ohne meinen Anwalt!“
    Der Beamte hinter dem Festgenommenen ergriff dessen
linke Schulter. „Beruhigen Sie sich, Mann!“, brummte er, während er den
umgefallen Stuhl aufstellte und Weber mit sanfter Gewalt wieder in den Sessel
drückte.
    Schwarz grinste. „Den Spruch mit dem Anwalt
haben Sie wohl in einer billigen Fernsehproduktion gesehen, was? So läuft das
aber nicht im wirklichen Leben, oder haben sie hier irgendwo einen Anwalt
gesehen?“
    Weber ließ resignierend die mächtigen
Schultern hängen. „Sieht so aus, als hätte er endlich seine Position in diesem
Spiel begriffen“, dachte Schwarz. In diesem Moment fiel ihm ein, wie
überheblich der Bauer reagiert hatte, bevor sie sich zum ersten Mal in seinem
Haus umgesehen hatten, kurz nachdem sie den Tipp von einer Nachbarin bekommen
hatten. Es war einer dieser trübnassen Tage gewesen, von denen es heuer schon
viel zu viele gegeben hatte und just als die Beamten auf Webers Hof einbogen,
wurde der Regen noch stärker. Die Männer hatten die wenigen Meter vom
Dienstwagen bis zum Vordach

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