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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Hause zu sein. Irgendwann kamen dann ihre Brüder mit dem Vater nach Hause. Sie sprachen kein Wort miteinander.»
    «Haben sie dich gesehen?»
    «Nein.»
    «Woher wusstest du, dass es ihre Brüder waren?»
    «Nilgün hatte mir Bilder von ihrer Familie gezeigt. Einen der beiden Brüder habe ich am nächsten Morgen vor unserer Schule gesehen. Er suchte jemanden. Aber ich habe mich nicht getraut, ihn anzusprechen.»
    «Bist du dir mit dieser Beobachtung ganz sicher?», hakte Steenhoff nach.
    «Ja. Ganz sicher. Es war Murat. Der Ältere der beiden. Ich habe ihn an seinem großen Muttermal auf der Wange erkannt. Er hockte bei den Fahrradständern und tat, als würde er an einem Rad rumfummeln. Ich habe ihn erst gar nicht bemerkt. Aber ein Schüler glaubte wohl, dass Murat sich an seinem Fahrradschloss zu schaffen machte, und beschimpfte ihn lauthals. Da fiel er mir auf. Er hat sich schnell wieder aus dem Staub gemacht.»
    «Warum hast du uns das nicht erzählt?»
    Roman zuckte mit der Schulter. «Ich wollte es einfach nicht glauben, dass sie mit mir Schluss gemacht hat   … Es ist so schrecklich, dass sie tot ist. Und ich weiß nicht, wie ich damit weiterleben soll. Aber die Vorstellung, dass sie, kurz bevor sie starb, nichts mehr mit mir zu tun haben wollte   … Das macht mich total fertig.» Er vergrub sein Gesicht in der Bettdecke und fing an zu schluchzen.
    Steenhoff wartete, bis er sich wieder ein wenig beruhigt hatte, und sagte dann: «Das kann ich verstehen. An deiner Stelle würde es mir auch nicht anders gehen.»
    Roman, der längst sein letztes Taschentuch verbraucht hatte, zog laut die Nase hoch. «Ich habe dann am nächsten Tag unter einem Vorwand bei einer ihrer Freundinnen aus der Klasse nachgefragt. Niemand durfte ja wissen, dass wir zusammen waren. Aber die wussten auch nichts. Erst am übernächsten Tag erzählte mir jemand, Nilgün sei krank.» Er stockte. «Einen Tag, bevor sie gefunden wurde, habe ich dann ihren Schrank in der Schule aufgebrochen. Ich musste einfach wissen, ob sie wirklich einen anderen Freund hatte oder nicht.»
    «Und? Hast du etwas gefunden?»
    «Nein, da lagen nur ein paar Schulbücher und die Briefe drin, die ich ihr geschrieben hatte. Sie hatte sie alleaufbewahrt und der Reihe nach geordnet. Aber ich konnte auch nicht genauer nachschauen. Ein Lehrer kam die Treppe hoch, und ich habe die Schranktür schnell wieder zugedrückt.»
    «Du hättest auch keine Beweise für einen anderen Mann in Nilgüns Leben gefunden. Jedenfalls nicht dort», sagte Steenhoff.
    Roman sah ihn verblüfft an. «Woher wollen Sie das wissen?»
    «Wir haben genau nachgesehen und sind dabei nur auf deine Spuren gestoßen.»
    «Tut mir leid, dass ich das nicht sofort gesagt habe.»
    «Gibt es noch etwas, was du uns verschwiegen hast?»
    Im selben Moment wurde die Tür aufgerissen, und Klaus Rodewaldt stand im Zimmer. Er war außer sich vor Empörung. Hinter ihm stand ein älterer Mann mit einem Arztkoffer in der Hand. «Was fällt Ihnen ein, hier einfach einzudringen. Das wird nicht ohne Folgen für Sie bleiben», schimpfte Romans Vater. «Wie konnte Cornelia Sie bloß zu dem Jungen lassen!»
    «Papa, bitte   …»
    «Sei still, Roman. Du hast keine Vorstellung, wie Polizeibeamte dir jedes Wort im Munde umdrehen können. Ruckzuck, und sie haben dir einen Mord angehängt.»
    Roman wurde vor Schreck weiß im Gesicht.
    «Es reicht», entgegnete Steenhoff grob. Er drehte sich zu Roman um und sagte freundlich: «Ich bin froh, dass du mir das mit dem Schrank erzählt hast. Wir reden weiter, wenn es dir wieder bessergeht.» Dann ging er, ohne ein weiteres Wort an Klaus Rodewaldt zu verlieren, die Treppe hinunter.
    Hinter sich hörte er, wie der Vater Roman bedrängte, ihm zu erzählen, was sie gerade besprochen hatten.
     
    Petersen saß bei Cornelia Rodewaldt im Wohnzimmer. Steenhoff gab ihr ein Zeichen, dass sie gehen sollten, und marschierte aus dem Haus. Wenige Minuten später kam Navideh heraus.
    «Was macht dein Kopf?»
    Sie verdrehte die Augen: «Er sitzt fest an seinem Platz. Also, was hat er gesagt?»
    «Roman war es nicht.»
    «Hat er das gesagt?»
    «Nein, ich.»
    Auf dem Weg zu ihrem Wagen fasste Steenhoff das Gespräch mit Roman zusammen. «Er hat zwar anfangs wichtige Details verschwiegen, aber als er sie jetzt erzählte, gab es keine Widersprüche.»
    «Roman ist intelligent, und er hatte Zeit, sich wegen Nilgüns letzter SMS Gedanken zu machen und sich eine Erklärung zurechtzulegen», gab Navideh

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