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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Vorsichtig streifte er es ab.
    «Darf ich fragen, was Sie da machen?», meldete sich die Sekretärin hinter ihm zu Wort.
    «Lesen», sagte Steenhoff kurz angebunden. Er spürte die Unruhe der Frau und entschied sich, einen anderen Ton anzuschlagen. «Geben Sie mir nur fünf Minuten, dann sind Sie mich wieder los. Allerdings muss ich dann die Spurensicherer alarmieren. Nilgüns Spind war aufgebrochen.» Er trat einen Schritt zurück und untersuchte die Schränke der anderen Schüler. Die Schlösser waren alle intakt. Nur dasSchloss an Nilgüns Schrank war leicht verbogen, was ihm vorher nicht aufgefallen war.
    «Ich benachrichtige jetzt den Schulleiter», kündigte die Sekretärin an und lief zur Treppe.
    Steenhoff öffnete den ersten Umschlag. Es war ein Brief von Roman. Nur wenige Sätze, in denen er seine Liebe zu Nilgün beteuerte und von ihrem letzten gemeinsam verbrachten Montag schwärmte. Auch die anderen Briefe stammten von ihm. Der jüngste war erst vier Wochen alt. Soviel Steenhoff auf die Schnelle erkennen konnte, schrieb Roman von nichts anderem als von seiner Lust, mit Nilgün zu schlafen, seinen tiefen Gefühlen zu ihr und der Sehnsucht, sich endlich frei mit ihr zeigen zu dürfen.
    Er steckte die Briefe zurück in die Tüte und benachrichtigte die Tatortgruppe. Vielleicht hatten sie Glück und fanden ein paar Fingerabdrücke vom Täter. Aber wonach hatte der Einbrecher in Nilgüns Spind gesucht?
    Eine halbe Stunde später sah Steenhoff durchs Fenster, wie der Wagen der Tatortgruppe auf dem Schulhof vorfuhr und Marlowski ausstieg. Die Sekretärin redete aufgeregt auf den Kollegen ein. Zu Steenhoffs Überraschung nickte Marlowski mehrfach, rief seinem Kollegen etwas zu und verzichtete darauf, sich bereits am Wagen umzuziehen und in seinen weißen Einmalanzug zu schlüpfen. Obwohl der Schulhof an dieser Stelle kaum einsehbar war, wollte die Sekretärin wohl vermeiden, dass Neugierige zufällig Zeugen wurden, wie Mitarbeiter der Mordkommission an dem Gymnasium zum Einsatz kamen.
    Steenhoff wies Marlowski kurz ein, dann rief er Wessel an und verabredete sich mit ihm vor dem Haus der Cetins. Sie mussten dringend mit Osman und seinem Bruder Murat sprechen. Wessel versprach, so schnell wie möglich zukommen. Zuvor wollte er aber noch die Befragung einer Schulkameradin von Nilgün zu Ende führen.
    Diese Zeit nutzte Steenhoff, um den Leiter des Kriminaldauerdienstes anzurufen, denn er hatte morgens im Präsidium vergessen, nach dem Ergebnis der Durchsuchung von Osmans Zimmer zu fragen. Aber die Schicht hatte gewechselt, und sein Kollege verwies ihn auf den Bericht, der an Steenhoffs Kommissariatsleiter gegangen war. Steenhoff unterdrückte einen Fluch und versuchte, die Sekretärin zu erreichen. Aber Marianne Schwenning nahm nicht ab. Und Fabian Block war ja mit Wessel unterwegs. Doch schließlich hatte Steenhoff Glück, und der Kommissariatsleiter selbst meldete sich. Tewes war morgens von den Mitabeitern des Dauerdienstes informiert worden.
    «Euer Osman hatte zwei Verbrauchseinheiten Marihuana zu Hause gebunkert», begann Tewes. «Heute Morgen rief übrigens auch die Rechtsmedizin an. Bernd Brückner hat Cannabis in Osmans Blut nachgewiesen. Er will dir seinen Bericht bis heute Nachmittag schicken.»
    «Gut. Und haben die Kollegen vergangene Nacht noch etwas gefunden?»
    «Ja. Allerdings.»
    Steenhoff wartete gespannt.
    «Sie haben eine Liste beschlagnahmt, auf der die Namen von sechs Schülern standen. Zwei aus Nilgüns Jahrgangsstufe und vier aus den höheren Klassen. Darunter auch Lennart Wagenknecht und Roman Rodewaldt. Kennst du einen Max Hintemann?»
    «Nein, warum?»
    «Hinter seinen Namen hat Osman ein Ausrufezeichen gesetzt. Vermutlich hat er ihn fälschlicherweise für den Liebhaber seiner Schwester gehalten.»
    Steenhoff notierte sich den Namen. «Und sonst?»
    «Laut Bericht gab es keine weiteren Auffälligkeiten. Die Kollegen vom Dauerdienst haben sich auch das Bücherregal des Burschen angesehen. Waren wohl nicht allzu viele Exemplare dort. Aber es gab keine fanatischen Schriften oder Sonstiges, was du dir vielleicht erhofft hast.»
    «Ich hatte mir nichts erhofft», erwiderte Steenhoff.
    Er bat Tewes, Fabian Block auf die vier noch unbekannten jungen Männer auf der Liste anzusetzen. Block sollte zusammentragen, was er über sie finden konnte. Dann rief er bei Petersen an. Ihr Handy war eingeschaltet, aber sie ging nicht ran. Vermutlich war sie noch immer in Salihas Schule.
    Steenhoff setzte

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