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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Kollegen viel Vertrauen entgegen. Er hütete sich vor vorschnellen Urteilen, und wenn er etwas sagte, hatte es meist Hand und Fuß. «Hintemann kannte Nilgün, aber er hatte keine gute Meinung von ihr.»
    Überrascht sah Navideh hoch.
    «In seinen Augen liebte es Nilgün, die Jungs in ihrer Schule heißzumachen und sie dann wieder abblitzen zu lassen.» Er räusperte sich. «Letzteres war ein Zitat von Max. Er hatte sich im Sommer wohl eingebildet, dass Nilgün Interesse an ihm hätte, und in den Pausen ihre Nähe gesucht. Angeblich hatte sie ihn dazu ermuntert. In einer Freistunde im September forderte er sie dann zu einer Partie Schach auf. Aber Nilgün weigerte sich und meinte, sie habe keine Lust. Daraufhin zog Hintemann 50   Euro aus der Tasche und schob ihr den Schein zu.» Block schaute in seine Notizen. «Er hat zu ihr gesagt: ‹Wenn ich verliere, gehört er dir, wenn ich gewinne, kommst du morgen Abend mit auf die Party, die bei einem Kumpel von mir steigt.›»
    Doch Nilgün, so berichtete Block weiter, habe empört reagiert und ihre Sachen zusammengeräumt, um aufzustehen. «An der Stelle beschönigt Hintemann die Situation und beschreibt sich langatmig als Opfer einer exaltierten jungen Frau.» Abschätzig verzog er die Mundwinkel. «Demnach hat Nilgün ihn beleidigt und ihm vor die Füße gespuckt. Mehr sei zwischen ihnen nicht gewesen. Die Szene haben nach Angaben von Hintemann mehrere Siebtklässler beobachtet. Ich habe heute Morgen ein Mädchen telefonisch dazu befragen können. Die Schülerin konnte sich noch gutan die Situation erinnern. Allerdings soll Hintemann damals zu Nilgün gesagt haben, dass er für 50   Euro schließlich auch noch ganz andere Dienste von ihr erwarten könnte. Nilgün wollte ihm daraufhin eine Ohrfeige verpassen, aber er fing ihren Schlag ab, lachte und zog sie an sich. Plötzlich muss Max Hintemann aufgeschrien und Nilgün losgelassen haben. Die Schülerin konnte sich noch erinnern, dass seine Unterlippe blutete. Nilgün habe vor ihm ausgespuckt und sei wütend davongerannt. Die Geschichte ging anschließend in mehreren Varianten durch die Schule. In Nilgüns Klasse kursierte ein paar Tage später zudem das Gerücht, dass Hintemann und Nilgün ein Paar gewesen seien und sich nach einem heftigen Streit in einer Freistunde getrennt hätten.»
    «Wer behauptet so etwas?», wollte Steenhoff wissen.
    «Die Klassensprecherin. Nilgün stand wohl nicht nur unter der Beobachtung vieler Jungen, sondern auch unter der der Mädchen.»
    Navideh nickte bedauernd. «Sie war hübsch. Auffällig hübsch. Da hat eine junge Frau viele Neiderinnen.»
    Steenhoff wusste, dass sie aus Erfahrung sprach. In einem ihrer seltenen vertrauten Gespräche hatte sie Steenhoff gegenüber einmal eingeräumt, dass sie ihre Attraktivität schon häufig als Belastung empfunden hatte. «Je mehr sich die Männer um einen reißen, desto einsamer wirst du», hatte sie gesagt. Es gebe nicht viele Freundinnen, die es aushielten, ständig im Schatten zu stehen. «Dabei habe ich mich extra nie auffällig oder sexy angezogen, wenn wir abends mal gemeinsam losgezogen sind», hatte Petersen betont.
    «Das Gerücht über ihre Affäre hat Max Hintemann auf Osmans Liste gebracht», sagte Steenhoff.
    «Nicht ganz», widersprach Block. «Max Hintemann hatwohl selbst an seinem Ruf als unwiderstehlicher Frauenheld gebastelt. Der Junge trägt gern dick auf. Selbst in der Vernehmung hat er das Bild des strahlenden Siegers von sich gezeichnet.»
    «Ein echter Sympathicus», warf Wessel trocken ein.
    «Da passte Nilgüns Abfuhr in aller Öffentlichkeit natürlich nicht ins Bild. Max hat anschließend in seinem Freundeskreis damit geprahlt, dass Nilgün ihn ständig mit Anrufen und Mails bombardiere, er aber nichts mehr von ihr wolle.»
    Wessel setzte sich unruhig in seinem Stuhl auf und sah seine Kollegen irritiert an: «Ist dieser Max Hintemann womöglich doch der große Unbekannte, von dem Nilgün in ihrer letzten SMS an Roman schrieb?»
    «Nein.» Fabian Block schüttelte den Kopf. «Ich habe ihn aufgefordert, mir eine dieser Mails von Nilgün zu zeigen. Angeblich hatte er sie aber alle gelöscht. Als ich ihm klarmachte, dass wir daraufhin seinen PC und sein Handy beschlagnahmen müssten, um die Nachrichten wiederherzustellen, knickte er ein. Er gestand mir kleinlaut, dass Nilgün tatsächlich nie Interesse an ihm gehabt hatte.»
    «Wusste er von Roman?», fragte Petersen.
    «Nein, er geht bis heute davon aus, dass sie nie

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