Ehrensache
zusammenzuleben. Sie
hatten zusammen ein Haus gekauft und es gemeinsam eingerichtet. Sie wirkten zufrieden. Ja, er
wünschte ihnen von ganzem Herzen alles Gute.
Doch sein Verstand gab ihnen höchstens zwei bis drei Jahre.
Polizisten hatten nicht gerade ein leichtes Los. Während er sich bemühte, zum Inspector befördert
zu werden, würde Holmes feststellen, dass er immer mehr Überstunden machen musste. Wenn er in der
Lage war, abzuschalten, sobald er abends oder am frühen Morgen nach Hause kam, würde es gehen.
Doch Rebus bezweifelte, dass der junge Mann das können würde. Holmes war der Typ, der sich voll
auf einen Fall stürzte, sein ganzes Denken davon beherrschen ließ, sowohl während der Arbeit als
auch in der Freizeit. Und das war schlecht für eine Beziehung.
Schlecht und häufig das Ende. Rebus kannte mehr geschiedene oder getrennt lebende Polizisten (er
selbst eingeschlossen) als glücklich verheiratete. Es lag nicht nur an den langen Arbeitszeiten,
sondern auch daran, wie Polizeiarbeit einen vereinnahmte, sich wie ein Wurm in einen hineingrub
und von innen auffraß. Als Schutz vor dem Wurm legte man sich eine dicke Haut zu - dicker
vielleicht als notwendig. Und diese dicke Haut entfremdete einen von der Familie und von den
Freunden, von den »Zivilisten«...
Was für erquickliche Gedanken für einen Sonntagmorgen.
Schließlich war doch nicht alles so trübsinnig. Das Auto war problemlos angesprungen und hatte es
ihm erspart, zur nächsten Werkstatt trampen zu müssen. Außerdem war gerade genug Blau am Himmel,
um abgehärtete Tagesausflügler in die Natur zu locken. Auch Rebus wollte eine Spazierfahrt
machen. Eine Fahrt ohne Ziel, wie er sich einredete. Ein schöner Tag, um ein bisschen
herumzufahren. Aber er wusste, wohin er wollte. Wusste, wohin, aber nicht genau, warum.
Gregor Jack und seine Frau wohnten in einem großen, alten, einzeln stehenden und von einer Mauer
umgebenen Anwesen am Rande von Rosebridge, etwas südlich von Eskwell. Typische Landadelsgegend.
Felder und sanfte Hügel, über die offensichtlich ein Baustopp verhängt worden war. Rebus hatte
keinerlei Entschuldigung für diese Fahrt außer seine Neugier, aber anscheinend war er nicht der
Einzige. Das Haus der Jacks war sofort zu erkennen.
Ein halbes Dutzend Autos parkte vor dem Tor, und eine Meute von Reportern, die miteinander
plauderten oder genervt aussehende Fotografen instruierten, wie weit sie gehen sollten (eher
moralisch als geografisch), um irgendein nichts sagendes Foto einzufangen, lungerte dort herum.
Auf die Mauer steigen? Auf den Baum dort drüben klettern? Es von der Rückseite des Hauses
versuchen? Die Fotografen wirkten nicht besonders begeistert. Doch genau in diesem Augenblick
schien irgendetwas ihre Aufmerksamkeit zu fesseln.
Inzwischen hatte Rebus sein Auto ein Stück weiter die Straße hinunter geparkt. Auf der einen
Seite der Straße standen etwa ein halbes Dutzend Häuser nebeneinander, nichts Spektakuläres
bezüglich Architektur oder Größe, aber wunderbar abgeschirmt von hohen Mauern, langen Auffahrten
und (zweifellos) riesigen Gärten hinterm Haus.
Auf der anderen Straßenseite war Weideland. Teilnahmslos dreinblickende Kühe und fett aussehende
Schafe. Einige ansehnliche Lämmer, die den Stimmbruch noch nicht ganz hinter sich hatten. Die
Aussicht endete in etwa drei Meilen Entfernung an ein paar ziemlich steilen Hügeln. Es war eine
schöne Gegend. Selbst ein Höhlenmensch wie Rebus konnte das erkennen.
Vielleicht stießen ihm die Reporter deshalb noch saurer auf als sonst. Er stand hinter der Meute,
ein Beobachter.
Das Haus war aus dunklem Stein gebaut, der aus dieser Entfernung rötlich schimmerte. Ein
zweistöckiges Gebäude, vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet.
An einer Seite war eine große Garage angebaut, und vor dem Haus stand am Ende der Einfahrt ein
weißer Saab, einer aus der 9000er-Serie. Solide und zuverlässig, nicht gerade billig, aber auch
nicht protzig. Allerdings unverwechselbar, ein Auto mit eigenem Stil.
Ein Mann, Anfang Dreißig, mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht, öffnete gerade das Tor so
weit, dass eine junge Frau, kaum dem Teenageralter entwachsen, aber bemüht, zehn Jahr älter
auszusehen, den Reportern ein silbernes Tablett reichen konnte. Sie sprach lauter als
nötig.
»Gregor Jack meinte, Sie möchten vielleicht einen Schluck Tee trinken. Kann sein, dass nicht
genug Tassen da sind, dann müssen Sie sich eben eine
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