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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Brecheisen in der rechten Hand. Die Männer am Tresen rührten sich nicht, hörten aber auf zu reden und beobachteten die Szene.
    Raus, sagte Joe sehr ruhig. Zahlen und raus hier. Ich will keine College-Scheißer in diesem Lokal.
    Wir standen beide auf, George schaute in seine Brieftasche, zögerte, legte einen Zehner auf den Tisch und sagte, den Rest können Sie behalten.
    Kostet doppelt soviel, Arschloch.
    George warf noch einen Schein auf den Tisch.
    Schmeiß die Kerle raus, sagte Debbie.
    Wir gehen schon, beruhigte ich sie und setzte dann dümmlich dazu: Paßt auf euch auf!
    Wir hatten es bis zur Tür geschafft, da drehte George sich um und brüllte, so laut er konnte: Fickt euch ins Knie, ihr Redneck Crackers, Südstaatler, Proleten, zurückgebliebene!
    Ich packte ihn am Arm und schob ihn durch die Tür. Wir steuerten den Heimweg an, aber nicht so schnell, wie mir lieb gewesen wäre, denn der Alkohol war ihm zu Kopf gestiegen. Alle paar Schritte blieb er stehen und sagte: Ich will wieder zurück, noch mal mit denen reden. Ich versteh das nicht. Warum sind die sauer?
    Schon gut, beruhigte ich ihn. Komm jetzt weiter.
    Als wir schon mehrere Querstraßen geschafft hatten, drehte ich mich um, weil ich eine Vorahnung hatte oder das Geräusch von Schritten hörte, die nicht unsere waren. Drei schwergewichtige Kerle in Jeans und T-Shirts folgten uns und kamen näher. Sie hatten in der Gruppe an der Bar gestanden.
    Wir haben Gesellschaft, sagte ich zu George, leg einen Schritt zu. Los.
    Vielleicht hatten sie mich gehört. Prompt schrie einer: Wartet mal. Wir müssen mit euch reden.
    Bleib nicht stehen und dreh dich nicht um, schärfte ich George ein. Das ist eine Abordnung aus dem Sonny Boy.
    Wir hätten versucht, wegzulaufen, aber an der nächsten Kreuzung tauchten ein paar Gestalten auf, die genauso aussahen wie unsere Verfolger. Sie kreisten uns ein. Sie hatten tätowierte Arme. Ich warf einen Blick auf ihre Schuhe und sah, daß sie alle schwere Stiefel aus Armeebeständen trugen. Einer unserer Verfolger zeigte auf George und sagte: Das ist er.
    Hey, Bürschchen, sagte ein anderer, boxte George gegen die Brust, hab ich richtig gehört? Du hast gesagt, du willst meine Schwester ficken? Ich schlag dir den Schädel ein.
    Shit, Bill, gib ihm eine Chance. Soll er sagen, es tut ihm leid, sagte ein anderer. Na los, Scheißkerl, auf die Knie; sag Bill, es tut dir leid.
    Genau, auf die Knie, und küß mir die Hand.
    George sagte, schaut mal, wir haben’s nicht so gemeint. Es sind nette Mädchen. Wir haben nur rumgeblödelt. Jedenfalls: es tut mir leid.
    Bist du taub, du Depp? kreischte Bill. Runter auf deine Scheißknie sollst du und mir die Hand küssen, Scheiße noch mal!
    Er schlug George auf den Mund. George setzte sich auf den Bürgersteig und rührte sich nicht. Der Schlag muß ihn benebelt haben.
    Ich war im Ringerteam meiner Schule gewesen und hatte mich in der College-Mannschaft gut gehalten. Der Trainer war Judomeister und hatte mir und ein paar anderen nebenher Judogriffe gezeigt, da Judo kein Unterrichtsfach war. Ich war kaum größer als George, aber ich wog deutlich mehr. Auch war ich nicht so betrunken wie er, wenn auch vermutlich betrunken genug, um mir einzubilden, ich könnte es mit ihnen aufnehmen. Ich stellte mich zwischen George und den Mann namens Bill, sagte, laß ihn in Ruhe, er hat zuviel getrunken, aber er wollte niemandem zu nahe treten. Als Antwort holte Bill zum Schlag gegen mich aus. Ich duckte mich, packte seinen Arm und schleuderte ihn gegen die Scheibe eines Schaufensters. Glas splitterte, ein Moment Stille, und dann fing Bill an zu stöhnen. Ich sah, sein Gesicht war übel zugerichtet. Unser Trainer hatte uns eine Hauptregel des Kampfsports erklärt: Wenn einer allein gegen viele ist, darf er sich einem Gegner nach dem anderen stellen. Daß diese Regel in New Orleans galt, war jedoch nicht anzunehmen. Ich sah hinunter auf die schweren Militärstiefel, die sie an den Füßen hatten, und ich begriff: Jetzt war ich dran. Und prompt schlug mir einer hart aufs Ohr, und ein anderer trat mir in den Bauch. Ich ging zu Boden, versuchte noch, mich in Embryostellung zusammenzurollen und das Gesicht mit den Armen zu schützen, bevor mich die Stiefel trafen.
    Es gab schwach beleuchtete Stationen auf meinem Rückweg ins Bewußtsein. Zuerst sagte jemand, ganz ruhig, ich würde etwas gegen die Schmerzen bekommen, dann wollte eine ferne Stimme Namen von mir wissen, meinen, den meiner Eltern, und den Namen des

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