Ehrenwort
die Zigarette anzünden konnte, musste er sich in die Büsche schlagen und den halbverdauten Spargel, den Kaffee und die Fettränder des Wacholderschinkens in einem einzigen Schwall von sich geben.
»Die Autonummer hat er nicht gerade intelligent ausgewählt«, sagte Max, als er wieder neben Jenny und dem Polo stand, und versuchte, von seinem Schwächeanfall abzulenken. Er wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab: »PB 666 für Pit Bull Sex, Sex, Sex kann sich doch jeder Depp sofort merken...«
»Der Klügste ist - ich meine, war - er sicher nicht. Er hätte Türsteher in Falkos geplantem Sexschuppen werden sollen. Und in Wirklichkeit hieß er auch nicht Pit Bull, sondern Sascha Kreutzer«, sagte Jenny und kratzte mit dem Autoschlüssel drei Kreuze auf die Fahrertür.
»Wir haben ein Riesenglück gehabt, dass die Polizei nur mich und nicht dich gestoppt hat!«, meinte Max.
»Sie haben bloß Männer kontrolliert«, sagte Jenny nach einigen tiefen Lungenzügen. »Lass uns weiterfahren und es hinter uns bringen. Ich bin hundemüde.«
Auch Max träumte von seinem warmen Bett. Doch leider müssten nach ihrer Rückkehr zuerst die Garage und die Einfahrt gründlich nach Blutspuren untersucht und gegebenenfalls mit dem Gartenschlauch abgespritzt werden. Was aber würden die Nachbarn denken, wenn der Langschläfer Max am Sonntagmorgen mit Wasser herumpanschte? Am besten, er tat, als ob er sein Auto waschen würde, was allerdings das erste Mal wäre.
Inzwischen waren sie in Heidelberg angekommen, durchquerten die Stadt und fuhren weiter in Richtung Leimen. Max zermarterte sich das Hirn, wo er damals in einen steilen Höhenweg abgebogen war, und entschied sich für die falsche Abzweigung; Jenny gab sofort Blinkzeichen, Max bremste und ließ sie vor. Offenbar kannte sie die Strecke besser als er, denn sie führte ihn zielstrebig auf engen Kurven den Hang entlang, bis er das Schild Nur für Kleingärtner entdeckte.
Es wurde hell, die Vögel sangen. Ein Ornithologe saß mit einem Fernglas auf einer einsamen Bank. Er würdigte die beiden Wagen keines Blickes, hatte offenbar eine seltene Spezies im Visier. Nach weiteren fünf Minuten hielt Jenny am Rande eines Wendekreises und stieg aus.
»Hier lassen wir deinen Schlitten am besten stehen«, schlug sie vor, »wir sind ja fast am Ziel. Zwei Autos fallen bloß unnötig auf. Zu Fuß sind wir nachher schnell wieder am Parkplatz und können uns in deinem Wagen auf den Heimweg machen.«
Max gehorchte. Es war klar, dass seine Freundin von nun an die Fäden in der Hand hielt und das Kommando übernahm. Schließlich war sie auch älter als er. Als sie nebeneinander in Pit Bulls Wagen saßen, blieb Jenny auch weiterhin am Steuer.
»Ich glaube, ich werde ihn auswickeln müssen«, überlegte sie, »denn ich war doof genug, seine Brieftasche wieder in die Jackentasche zu stecken. In der ersten Wut wollte ich nichts von ihm annehmen, aber das war ein Fehler.«
Max schüttelte den Kopf. »Quatsch, wir haben es eilig. Am Sonntag und bei so schönem Wetter kommen vielleicht Leute in ihre Gärten. Wie viel Geld war es denn?«
»Genug für eine halbe Sitzung beim Hautarzt«, sagte sie und tätschelte Max den Oberschenkel. »Ich bin deinem Opa ja so dankbar, dass er mir diesen Gefallen getan hat! Am besten, er hätte Falko auch gleich erlegt.«
»Was nicht ist, kann ja noch werden«, sagte Max munter, denn auf einmal fühlte er sich ebenfalls von einer Last befreit. Die bewusste Eisenstange, die eigentlich ein Metallrohr war, lag jetzt zu Hause in der Garage und konnte ihm keine Zähne mehr ausschlagen.
Der kleine Abstellplatz vor der Hütte war nur mit einer provisorischen Kette versperrt, Max klinkte sie aus und trat zornig gegen die umgestürzte Regentonne, unter der damals die gestohlenen Uhren vergraben lagen. Jenny ging voraus, sah sich um, schlich dann an das Häuschen heran und versuchte, durch das kleine, verschmutzte Fenster einen Blick ins Innere zu werfen.
»Da hat manchmal ein Penner geschlafen«, sagte sie, »und im Sommer waren wir manchmal hier.«
Max ahnte, mit wem sie dieses Lager geteilt hatte; er fragte, nichts Gutes ahnend, nach dem Besitzer des Gartens. Ursprünglich waren es Falkos Eltern gewesen, aber seine Mutter war tot, der Vater lebte in einem Heim. Niemand kümmerte sich um das verwilderte Grundstück, und in den meisten Nachbargärten sah es ähnlich aus. Die alten Leute waren nicht mehr imstande, die steile Hanglage zu bearbeiten, ihre Kinder hatten keine
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