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Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Titel: Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Arendt
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ja, der Name des Führers der pronazistischen und antisemitischen Partei in Norwegen, Vidkun Quisling, diente später als Gattungsname für Kollaborateure und ihre Regierungen. Von den 1700 Juden in Norwegen waren die meisten staatenlos, Flüchtlinge aus Deutschland; sie wurden in einigen wenigen Blitzoperationen im Oktober und November 1942, soweit man ihrer habhaft werden konnte, aufgegriffen und interniert. Als Eichmanns Amt ihre Deportation nach Auschwitz anordnete, traten einige von Quislings eigenen Leuten von ihren Regierungsposten zurück. Das mag für Herrn Luther und das Auswärtige Amt nicht als Überraschung gekommen sein; daß jedoch Schweden sofort allen Verfolgten Asyl und sogar oft die schwedische Staatsbürgerschaft anbot, war ernster zu nehmen und gewiß völlig unerwartet. Obwohl Ernst von Weizsäcker, der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, dem das Angebot zugeleitet worden war, es ablehnte, darüber auch nur zu sprechen, war es doch eine große Hilfe; illegal aus einem Land herauszukommen ist immer relativ leicht, dagegen ist es sehr schwer, ein Zufluchtsland ohne Erlaubnis zu betreten und die Einwanderungsbehörden zu umgehen, und nahezu unmöglich, sich illegal zu halten. So aber konnten ungefähr 900 Menschen – immerhin mehr als die Hälfte der kleinen norwegischen Judengemeinde – nach Schweden geschmuggelt werden.
    In DÄNEMARK schließlich bekamen die Deutschen zu spüren, wie begründet die Bedenken des Auswärtigen Amts gewesen waren. Die Geschichte der dänischen Juden ist sui generis ; im Kreise der Länder Europas – ob besetzt, Achsenpartner oder neutral und wirklich unabhängig – war das Verhalten des dänischen Volkes und seiner Regierung einzigartig. Diese Geschichte möchte man als Pflichtlektüre allen Studenten der politischen Wissenschaft empfehlen, die etwas darüber erfahren wollen, welch ungeheure Macht in gewaltloser Aktion und im Widerstand gegen einen an Gewaltmitteln vielfach überlegenen Gegner liegt. Gewiß hat es auch in anderen europäischen Ländern am rechten »Verständnis für die Judenfrage« gefehlt, ja die Mehrzahl von ihnen waren gegen »radikale« und »endgültige Lösungen«. Ebenso wie Dänemark zeigten sich auch Schweden, Italien und Bulgarien nahezu immun gegen den Antisemitismus, doch von diesen drei in der deutschen Einflußsphäre befindlichen Nationen wagten es nur die Dänen, den deutschen Herrschern gegenüber den Mund aufzumachen. Italien und Bulgarien sabotierten die deutschen Vorschriften, sie trieben ein kompliziertes Falsch- und Doppelspiel, retteten ihre Juden durch eine wahre Parforcetour von durchtriebener Geistesgegenwart, doch gegen die Politiker der »Endlösung« selbst sind sie niemals aufgetreten. Die Dänen taten das genaue Gegenteil. Als die Deutschen wegen der Einführung des gelben Sterns an sie herantraten, sehr vorsichtig, sagte man ihnen ganz kühl, als erster werde sich der König den Judenstern anheften; die Mitglieder der dänischen Regierung kündigten vorsorglich an, daß antijüdische Maßnahmen ihren sofortigen Rücktritt zur Folge haben würden. In der ganzen Sache war entscheidend, daß es den Deutschen nicht einmal gelang, die unerläßliche Unterscheidung zwischen den etwa 6400 einheimischen dänischen Juden und den 1400 deutschen Juden herbeizuführen, die vor dem Krieg in Dänemark Asyl gefunden hatten und die von der deutschen Regierung nun für staatenlos erklärt wurden. Diese Weigerung muß die Deutschen völlig verblüfft haben, schien es doch »unlogisch« zu sein, daß eine Regierung Leute schützte, denen sie Einbürgerung und sogar Arbeitserlaubnis kategorisch verweigert hatte. (Rechtlich war vor dem Kriege die Situation von Flüchtlingen in Dänemark ähnlich wie die in Frankreich gewesen, aber dank der allgemeinen Korruption in der Bürokratie der Dritten Republik konnte man sich in Frankreich besser durchschlagen; eine Handvoll deutscher Juden mit Geld oder »Beziehungen« war naturalisiert worden, und die meisten Flüchtlinge konnten zumeist illegal, ohne Arbeitsgenehmigung, arbeiten. Dänemark war wie die Schweiz oder Holland kein geeignetes Land, »pour se débrouiller«.) Doch die Dänen erklärten den deutschen Behörden, daß sie ohne dänische Zustimmung keinen Anspruch auf die Flüchtlinge hätten, die ja staatenlos und keine deutschen Bürger mehr seien. Das war einer der ganz seltenen Fälle, in denen Staatenlosigkeit zum Vorteil gereichte, obwohl natürlich nicht die Staatenlosigkeit

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