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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Strobls Blick rutschte schnell nach unten, aber falls er enttäuscht war, dass ich nur einfache Turnschuhe an den Füßen hatte, ließ er es sich nicht anmerken.
    »Ich habe schon einen Vermesser gebeten, sich das Grundstück einmal anzusehen. Aber das kostet natürlich, und deshalb würde ich vorher gern …« Er strich sich über den kahlen Schädel, als wollte er etwas wegwischen. Was uns beide an etwas erinnerte, worüber wir nicht sprechen wollten. Alexander Strobl beugte sich vor.
    »Wollen Sie nicht etwas Anständiges trinken? Das ist ja barbarisch.«
    »Mal langsam, Bürschl, des is a Verkostung«, sagte Franzi, aber er beachtete sie nicht.
    »Einen Marsala für die Dame. Wissens, Frau Zuhlau, ich würde den Termin mit dem Vermesser lieber heute als morgen machen.«
    »Hetz ned so, sonst kriagst noch an Herzinfarkt.« Franzi schob mir ein neues Probierglas herüber.
    »Wird man hier bald mal bedient?« Alexander Strobl trommelte auf dem Tresen herum. »Ah, geht doch, danke.«
    Er griff nach dem Glas mit der tiefdunklen Flüssigkeit, die Nat eingeschenkt hatte, dann nach seinem Wein.
    »Hier, probieren Sie. Salute! Der Marsala ist aus Sizilien, hab ihn Herrn Wildmoser selbst empfohlen. Kennen Sie Sizilien? Wir haben ein paar Hotels um Taormina herum. Sie können mich gern Alex nennen.«
    Der Wein war so süß und stark, dass er auf der Zunge brannte. Auf einmal sehnte ich mich nach frischer Luft.
    »Wissen Sie, Schorschina – was für ein genialer Name übrigens –, Sie haben mir ja eine Menge gezeigt, aber ich frage mich inzwischen, ob das alles tatsächlich zum Grundstück gehört. Ich meine, gerade der Uferstreifen ist für mich von großem Interesse. Wann könnten Sie mir denn mehr dazu sagen?«
    Vor Schreck trank ich einen großen Schluck Marsala. Mein Kopf wurde davon nicht klarer. Christiane hätte mir jetzt dringend geraten, das Gespräch abzubrechen: Keine Geschäftsgespräche unter Alkoholeinfluss. Nicht, dass sie sich immer daran hielt. Aber sie vertrug auch mehr als ich.
    »Gar nix werds dir dazua sogn, du Duttara. Spui di ned auf, als ob dir ois scho ghört, Soacha. Und jetzt sauf aus und schleich di. Hosd mi?«
    Alexander Strobl schnappte hörbar nach Luft.
    »Also bitte, Quirin, ich werde hier ja wohl …«
    »Gar nix wirst du hier, du Oarschkriacha. Wenn i dein saubleeds Gfrias scho siagg, wird ma schlecht.«
    »Bravo«, sagte Franzi.
    Alexander Strobl trank einen kleinen Schluck von seinem Barbera und stellte das Glas wieder auf die Theke.
    »Ihr seids hier also immer noch so unzivilisiert wie eh und je. Ich dachte, aus dem Alter wären wir raus.«
    »Ich kann auch noch viel unzivilisierter sein, wenn du gewisse Leute nicht in Ruh lässt, du Saukopf.«
    Erst jetzt, als Quirin wieder Hochdeutsch sprach, fiel mir auf, dass er die ganze Zeit auf Bayrisch geschimpft hatte. Und wieder hatte ich alles verstanden. Fast alles. Ich, Gina, würde gar nichts sagen oder tun, ihm, Quirin, würde schlecht, wenn er Strobl sah, der gefälligst gewisse Leute in Ruhe lassen solle.
    Welche Leute Quirin meinte und was ein Gfrias oder ein Soacha war, wusste ich nicht. Hatte Gfrias mit Gefrorenem zu tun, mit Strobls tatsächlich etwas eingefrorenem Lächeln? War ein Soacha ein Sucher oder ein Mann, der die Socken im Bett anbehielt? Oder, nach Quirins Tonfall zu urteilen, etwas Schlimmeres? Aber jetzt war wohl nicht der ideale Zeitpunkt, um danach zu fragen.
    »Ah, daher weht also der Wind«, sagte Alexander Strobl. »Glaub nicht, ich hab sie zu irgendetwas gezwungen, ganz im Gegenteil, wenn du’s genau wissen willst, sie war …«
    »Gar nix will ich von dir wissen, Zipfeklatscha!«
    »Marsalabrunza«, ergänzte Franzi.
    »Jetzt ist Schluss!« Quirin rutschte vom Hocker, packte Alexander Strobl am Hemdkragen.
    »Mei, Bua, übertreibs ned«, sagte Quirins Vater, aber Quirin zerrte Strobl schon Richtung Tür, angefeuert von Franzi. Er werde die Polizei holen, lamentierte der Zipfeklatscha, aber Quirin lachte nur.
    »Bist halt a Depp und bleibst oaner, da kannst noch so viele Hotels in die Landschaft stellen. Und jetzt schleich di.«
    In meinem Lieblingscafé in Köln waren Schlägereien nicht unbedingt an der Tagesordnung, ein halblauter Streit bei einem Cappuccino oder Aperol stellte schon das Höchstmaß an Aggression dar, aber hier – es musste am Bier liegen – erschien es mir vollkommen angebracht, wie Quirin mit dem Schimpfenden umging, es hatte fast etwas Tänzerisches, wie er Strobl zur Tür zog,

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