Eiertanz: Roman (German Edition)
meine. Worauf wir beide tranken. Und unsere Freundschaft anscheinend besiegelt war.
»Und wie host des nacha gmeint, mit’m Gwand? Dem Kleid, moan i?«
Auch, wenn ich den Vorspann nicht ganz mitbekam, das Wort Kleid und das fragende Heben ihrer Stimme verstand ich und nahm noch einen Schluck Bier, um Zeit zu gewinnen. Nach dem Besuch in der Nail-Art-Metzgerei und dem Schock über meine Innenrolle hatte ich nichts mehr gegessen, das Bier wirkte schnell, und verschwommen dachte ich, dass man, wenn man es schaffte, eine ganze Mass Bier mit abgespreiztem kleinen Finger zu trinken, vermutlich ins Guinness-Buch der Rekorde kommen würde. Ich ließ das Glas auf den Tisch sinken und versuchte vergeblich, dem trägen Sprachzentrum meines Hirns eine charmante Formulierung über Franzis Kleid zu entlocken, als mir das Titelbild der Zeitschrift einfiel, die bei der Nail-Art-Metzgerin auf dem Tisch gelegen hatte.
»Könnte glatt von Alexander McQueen sein«, sagte ich.
»Und wer is nacha des?«
»Unter anderem hat er das Hochzeitskleid für die künftige englische Königin entworfen.«
Und Kostüme für Lady Gaga. Und eigentlich war es nicht Alexander McQueen selbst, sondern Sarah Burton, aber das verkniff ich mir. Anscheinend las sie keine Gala.
»Siaggst. Genau des hob i gwollt. Was Besonderes.« Ich wusste zwar nicht genau, was sie damit sagen wollte, aber ich fühlte, es war ein Moment großen Einverständnisses und ein Grund, nochmals anzustoßen und zu trinken.
»Die Wahl gewinn i ned im Dirndl, verstehst.« Sie beugte sich zu Quirin hinüber. »Richt des da Therese no moi aus, hosd mi?« Sie atmete einmal tief ein und schnaufte aus, und die rasche Verwandlung der Rauten von Karos zu Brummkreiseln zu Ufos und zurück machte mich schwindlig.
»Jede Biakönigin trägt a Dirndl! Aber i ned! Und des merkens sich! Prost.«
»Du bist eine Bier königin?«, fragte ich, nachdem wir getrunken hatten.
»Freili.« Franzi nickte mir eifrig zu. »Hia im Landkreis, und wenn i d’ Wahl gewinn, dann a no von ganz Obabayern.«
»Auch noch von ganz O-ber-bayern«, sagte Quirin auf meinen fragenden Blick, langsam, für Deppen. »Nebenberuflich leitet sie ab und zu den Edekamarkt und die Postfiliale. Wenn nichts dazwischenkommt.«
»Ach, mei, Quirl, wos soll i macha, i hob im Moment oafach zu vui zu dua. «
Anscheinend bewirkte das Bier außer einer Beinahe-Lähmung der Beine und einem wenig elfenhaften Rülpsdrang auch eine Revolution im Sprachzentrum, Abteilung Fremdsprachen. Ich verstand, was Franzi sagte. Mühelos. Seit sie eine Königin war, hatte Franzi ei nfach zu viel zu tun. Oder nur viel zu tun. Alle anderen Gäste schienen dies längst zu wissen.
Im Laufe des Abends, während ich langsam meine Mass bezwang, lieferten immer wieder Leute Briefe und kleinere Päckchen ab. Franzi ließ sie mit einem ächzenden »Markn machma nacha drauf, des wird scho« in einem Postsack zu ihren Füßen verschwinden, und ich bereute, dass ich den Stapel schon eingetüteter Autogrammkarten von Mirko nicht mitgenommen hatte. Aber gerade hatte ich anderes zu tun. Denn kaum war meine Mass leer, zapfte mir Nat Wildmoser auf Franzis Befehl ein neues Bier. Zu meiner Erleichterung in einem nur etwa halb so großen Glas.
»Jetzt zoag i da, wie ma Bier verkostn duad. Erscht probier ma an Maibock, dann a Obergäriges. Des werd scho.« Wie es aussah, war Biertrinken kein Genuss, sondern eine Aufgabe. Vor der Gina Fernande Zuhlau auf keinen Fall klein beigeben wollte.
Gehorsam nahm ich zuerst den Maibock, dann das Obergärige in Augenschein, schwenkte jedes Glas ein paarmal, schnüffelte über dem zerfallenden Schaum, wie Franzi es mir vormachte, und trank dann vorsichtig einen Schluck, unter Franzis fachmännischer Anleitung.
»Was schmeckst vorn? Im Antrunk? Und in der Mittn? Moussierts? Perlts? Und der Abgang, mei, bittersüffighopfigleicht?«
Was Quirin ungefragt mit »Gina, du musst übrigens nicht alles probieren, was man dir hinstellt« übersetzte.
»Entschuldigung.« Jemand war gegen meinen Barhocker gerempelt, riss mich aus meiner Konzentration.
»Hallo, Frau Zuhlau. Schön, Sie wiederzutreffen.«
Schon hatte sich Alexander Strobl durch Franzis Postkundschaft gedrängt, schob sich an Quirin vorbei und stand neben mir. Für meinen Geschmack zu nah.
»Einen Barbera bitte! Schon mit der Chefin gesprochen? Hübscher Hut.«
Ich bemühte mich um ein geschäftsmäßiges Lächeln, spürte aber, dass es eher bierselig ausfiel. Alexander
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