Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
Vom Netzwerk:
von der Liab, und ois is Schwingen, woaßt, Schwingen im Wind – dann ist er verliebt. Und du auch. Ois andere ist Schmarrn. Oder nur a Probn für den Ernstfall.«
    Dann war es bei Prinz Muffel jedenfalls keine Liebe gewesen. Aber das hatte ich vorher schon gewusst. Einen Moment überlegte ich, ob ich Therese fragen sollte, wer der Glückliche gewesen war. Vermutlich nicht Strobl mit dem Seelöwenbart und dem Pelz auf der Brust. Therese trank ihr Glas leer, schaute auf die Uhr.
    »Ich muss jetzt zu die Küh, nachher ist Kuh-Erlebnis-Spaziergang. Willst mitmachen?«
    »Nein, ich hab zu tun.« Ich stand auf, goss den Rest des Likörs in die Spüle.
    »Hast noch nix gefunden, ha?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Weißt, die Mirl war so wunderlich am Schluss, ich glaub ned, dass sie an Testament gemacht hat.«
    »Meine Chefin sagt, sie ist sicher, dass es eins gibt.«
    »Seltsam, wo’s die Mirl nie besucht hat. Aber mei, was geht’s mich an? Vor Jahren hats wohl die Mirl mal auf a Reise mitgenommen, davon hat die Mirl uns jahrelang vorgeschwärmt. Die Mirl hat ja immer reisen wollen. Aber der Picco hat sich immer wiera Wilder aufgeführt, wenns nur an Koffer ogschaut hat. Und dann hat’s sich doch gegen ihn durchgesetzt und die Kreuzfahrt gemacht. Wir ham alle gedacht, der Vogel geht ein. Aber dann war’s doch ned der Vogel, den’s troffen hat. Und jetzt geht alles so schnell mit’m Haus und den Strobls, es ist kaum zu fassn, und des, wo die Mirl no ned mal unter der Erde is …«
    »Die Mirl ist … was?«
    »Ja, hat dir des deine Chefin ned erzählt? Sie hat veranlasst, dass sie überführt wird, aus der Karibik oder was weiß ich, mit einem Beerdigungsinstitut. Es hieß, die Urne wird geschickt.«
    Sie zog das Kopftuch, das sie heute anstelle des Cowboyhuts trug, aus ihren Haaren, schüttelte sie zurecht.
    »Bisher is noch nix gekommen.«

    Picco saß inmitten der Trümmer des gestrigen Abends und empfing mich mit einem zärtlichen Gurren. Während ich die Weingläser spülte, die klebrige Schokoladen-Bananen-Mischung aus der Schale kratzte und die Pfanne einweichte, wich er nicht von meiner Seite. Er hatte es sich auf meiner Schulter bequem gemacht, zwitscherte vor sich hin, flötete ab und zu ein sanftes, fragendes »Picco hot oan fahrn lassn« in mein Ohr. Alle meine Versuche, ihn loszuwerden, plötzliches Ducken, ruckartiges Herumfahren, Hindurchgehen unter der tief hängenden Lampe, führten nur zu kleineren Katastrophen in der näheren Umgebung, wie dem Herunterreißen eines Müllsacks voller Topfreiniger, unter deren Beschuss mir das Wort »Glitzi-Schwemme« einfiel, und einem rieselnden Rundkornreisabgang. Picco flatterte kurz auf, sah sich keckernd die Bescherung an, um umso sicherer wieder auf meiner Schulter zu landen und einen Pfiff auszustoßen, der eindeutig nach Anmache klang. Der erste Ton war kurz, der zweite beschrieb einen gleitenden Melodiebogen von den tiefsten zu den höchsten Tönen und wieder zurück. Ein Bauarbeiter auf einem Gerüst, unter dem eine Frau in einem gürtelgroßen Ledermini entlangging, hätte es nicht besser gekonnt.
    Allmählich machte mir diese unverhoffte Zuneigung Angst. Nachdem ich den freigelegten Part der Küche wieder in seinen vorigen Zustand gebracht hatte, schlich ich, den nach wie vor verträumt gurrenden Papagei auf der Schulter, vorsichtig ins große Zimmer, Richtung Käfig.
    »My home is my castle, Piccolein«, säuselte ich. »Ein eigener Herd ist Goldes wert, daheim bist du König, trautes Heim, Glück allein, mit Vorhängeschlösschen, feines, feines Vorhängeschlösschen.« Unter Absonderung dieser und ähnlicher Peinlichkeiten bückte ich mich, damit Picco ganz leicht von meiner Schulter auf seine Käfigstange klettern konnte, verharrte mit zitternden Knien. Bestimmt eine Minute. In der nichts passierte. Picco verharrte regungslos auf meiner Schulter, besaß wahrscheinlich sogar die Frechheit, sich aufzuplustern. Eine Weile betrieben wir diesen Sport, mit Pausen, in denen ich mich stöhnend aufrichtete, eine Runde durchs Zimmer ging, meine Beine ausschüttelte, Picco die größten Herrlichkeiten vorlog, die er in seinem Käfig finden würde. Worauf er nur mit einem fragenden »Mistviech?« antwortete, gefolgt von einer Reihe Bauarbeiterpfiffe und einem neuen Satz, den er noch nie gesagt hatte, mit einer sanften, hohen Stimme: »Haallo Mama, Mama liab.« Dann bückte ich mich wieder, und alles ging von vorne los: Verharren, Zittern, Plustern.
    Dabei

Weitere Kostenlose Bücher