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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Teppich. Krümel schnürte sich seitlich heran und rieb ihren Kopf an Elsas Beinen. Elsa zuckte hoch und lächelte, und ich sagte: »Du hast jetzt eine neue Freundin. Nein, ich steige nicht aus, ich kann gar nicht aussteigen. Selbst wenn die Geschichte irgendwo bei der Konkurrenz erscheint, werden Messner und seine Kumpane denken, ich stecke dahinter. So ist das bei diesen Leuten. Aber die Redaktion bleibt draußen. Das sind mir zu viele Leute, die dauernd über die eigene Bedeutung nachdenken. Und dann reden sie drüber. Ich stehe bald auf, kein Widerwort. Du mußt den Chef anrufen, oder hast du ihm Instruktionen geschickt?«
    »Nur die Filme, ohne Informationen.«
    »Dann ruf ihn an.«
    »Aber doch nicht jetzt.«
    »Jetzt.«
    »Es ist mitten in der Nacht. Er wird mich totschlagen und mich entlassen und in mein Zeugnis schreiben, ich hätte seine Kugelschreiber geklaut.«
    »Das wird er nicht. Sag ihm nur, er soll den Film von einer Vertrauensperson entwickeln lassen, und er soll daneben stehenbleiben. Los, mach schon.«
    »Warum sagst du ihm das nicht selbst? Dich kann er nicht entlassen.«
    »Weil ich krank bin. Quatsch, er soll wissen, daß du dabei bist. Dein Urlaub läuft, und die Verwaltung muß den Urlaub streichen.«
    »Und wenn sie dich wieder verprügeln?«
    »Das war Messners Fehler, ein gewaltiger Fehler. Etwas Dümmeres hätte er nicht machen können. So dumm werden sie nicht mehr sein.«
    »Aber sie müssen doch etwas unternehmen«, sagte sie müde.
    »Telefonier jetzt«, sagte ich.
    Was sie dem Chef berichtete, verstand ich nicht, weil ich überlegte, was Messner und Konsorten jetzt unternehmen könnten. Es war eine sehr nutzlose Überlegung, denn ich wußte nicht genau, wie Messner und Leute wie er denken.
    Dann passierte es, es war wohl sehr unvermeidlich. Elsa hockte am Schreibtisch und sagte grinsend: »Der Chef ist sehr aufgeregt, aber ich habe ihm nichts gesagt. Er klang so, als würde er gern herkommen.«
    »Nur das nicht«, sagte ich. »Kannst du mal rausgehen?«
    »Wieso?« Sie sah mich beunruhigt an.
    »Es ist... O Gott. Ich muß auf den Topf.«
    »Macht doch nix. Ich hol die Bettpfanne.«
    »O nein, ich gehe ins Bad.«
    Sie stand auf und lachte und kicherte und war die Inkarnation aller Schadenfreude seit Christi Geburt. Sie sah mir lachend zu, wie ich versuchte, vom Sofa herunterzukommen, was damit endete, daß ich auf dem Teppich saß, mich scheußlich fühlte, überall Schmerzen hatte und mich nur noch entschließen konnte, alles um mich herum scheißegal zu finden.
    Sie lief hinaus, trug die Bettpfanne herein wie ein Oberkellner einen geschmückten, flambierten Kapaun. Sie kicherte und sagte zufrieden: »Muß mein Pämpermännchen auf den Topf? Hat er schöne Verdauung? Das freut die Mami aber. Im Ernst, wenn dein Darm funktioniert, bist du auf dem Weg der Besserung.«
    »Gib mir das Ding und geh raus.«
    Sie ging hinaus, während ich mich in dieser Kleinkinderübung versuchte und dabei samt Pfanne umkippte. Es war sehr entwürdigend.
    Später kam sie in einem sehr eleganten dunkelblauen Morgenmantel herunter, ließ ihn wie ein Küchentuch zu Boden fallen und sagte: »Mach Platz, ich will dich wärmen.«
    »Aber es ist doch nicht kalt.«
    »Du bist still und gehorchst und bekämpfst deine Furcht. Hast du eine Ahnung, was kommen wird?«
    »Nein. Verdammt, meine Hüfte ist nicht Teil des Sofas. Und du bist nackt.«
    »Ich wurde so geboren«, sagte sie zufrieden.
    Exakt um zehn Uhr schreckten wir hoch, weil einige Tornados und Phantom, F-IS und F-16 der Amerikaner und Deutschen, der Holländer, Engländer und Belgier über uns Krieg spielten. Es waren nicht viele, höchstens dreißig oder vierzig Maschinen. Jeder Pilot hatte offensichtlich den Ehrgeiz, meine Fernsehantenne zu untersuchen. Krümel stieg steil an der Tür hoch, drückte die Klinke im Fallen auf und verschwand panisch.
    »Sie versteckt sich unter der Treppe.«
    Elsa sagte: »Diese Fliegerei ist wahnsinnig. Krümel hat auf meinem Bauch geschlafen, das war ein gutes Gefühl. Ist das hier immer so? Hast du Schmerzen?«
    »Die Sonne scheint, da üben sie besonders gern. Ich habe keine Schmerzen, aber ich bin auch noch nicht wach. Der Minister hat gesagt, er habe die Tieffliegerei drastisch eingeschränkt, um die Zivilbevölkerung zu schonen. Er hat nicht ganz die Wahrheit gesagt, weil der Spritverbrauch der Jetstaffeln ständig steigt und weil der Minister allen Freunden aus der NATO erlaubt hat, über der Eifel zu üben. Es ist

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