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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Umschlag und bedankte mich. »Steht auf dem Zettel alles, was ich wissen muß?«
    »Eigentlich ja. Alles, bis auf den Hinweis auf die Tatwaffe. Ich habe keinerlei praktische Erfahrung mit so etwas, aber es war in allen drei Fällen wohl eine Schrotflinte. Gefeuert wurde aus nächster Nähe, deshalb haben die fast keinen Kopf mehr. Ich gehe jetzt. Morgen früh komme ich wieder. Wenn Sie nicht schlafen können, quälen Sie sich nicht, nehmen Sie zwei von den Beruhigungskapseln und zwei Schlafpillen. Seien Sie rücksichtslos, Sie müssen schlafen.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte ich.
    Er hatte nicht nur die Leichen fotografiert, er hatte die ganze Szenerie aufgenommen: den Jeep auf dem Waldweg mit den beiden Toten drin und den ratlosen, verwirrten Soldatengesichtern drum herum. Und die Leiche der Frau im Farnkraut mit Soldaten in Tarnanzügen und ihren hilflosen Kindergesichtern.
    »Das sieht wie eine Hinrichtung aus«, sagte er.
    »Ja«, sagte ich, »da ist ein Verrückter hingegangen und hat lieber Gott gespielt. Wie geht es Elsa?«
    »Ganz gut. Sie hockt in der Küche und trinkt einen Magentee. Machen Sie es gut.«
    Später, als wir die Tagesschau gesehen hatten, murmelte Elsa: »Du mußt schon entschuldigen, aber ich kriege so etwas nicht auf die Reihe. Ich möchte auch nie eine Reporterin werden, die solche Bilder anschauen kann, ohne daß ihr schlecht wird. Du mußt aussteigen aus dieser Sache, du mußt einfach aussteigen.«
    »O nein«, sagte ich. »Zuviel Geld.«
    »Ich schenk es dir«, sagte sie heftig. »Du kannst meine Sparbücher haben.«
    »Das ist es nicht. Es ist diese gottverdammte Selbstherrlichkeit der Krieger und all der Leute, die sich Messner nennen. Viel Brutalität zum Besten des Vaterlandes. Du mußt die Filme entwickeln, Kopien ziehen und die Filme in Sicherheit bringen. Du fährst in meine Wohnung nach Köln, da ist alles vorhanden. Du machst eine Serie vierundzwanzig mal sechsunddreißig schwarzweiß. Den Film steckst du in einen Umschlag und schickst ihn per Einschreiben und Eilboten an den Chef privat. Fahr jetzt.«
    »Paß auf dich auf und nimm Tabletten, damit du schläfst.«
    »Ich will nicht schlafen, ich will nachdenken.«
    »Ich komme schnell zurück.«
    »Moment! Wenn jemand dich verfolgt, was ja sein kann, aber vielleicht habe ich schon eine Paranoia, dann fährst du schlichtweg weiter. Einfach bis zu einem Punkt, an dem du wenden kannst. Dann fährst du stur hierher zurück. Falls sie dich anhalten und alles durchsuchen ... du mußt den Film gut verstecken. Wenn sie den finden, sind wir erledigt.«
    »Ich verstecke ihn da, wo niemand mich durchsuchen wird.«
    »Du kennst die modernen Durchsuchungsmethoden nicht. Ein richtig moderner Staat macht vor nichts halt.«
    »Egal, ich fahre jetzt. Haben die meine Autonummer schon?«
    »Na sicher. Die Jeeps waren hier und haben nachgesehen, ob ich nach Hause gekommen bin. Dein Wagen steht auf dem Hof, die Nummer wird automatisch notiert.«
    Sie nickte, ging zum Telefon und rief Alfred an. »Kann ich mal deinen Wagen haben? Nur ein paar Stunden. Oh, danke, du bist ein netter Mensch.«
    »Du hast wirklich Ideen«, sagte ich. »Und ich bin ein kleiner Mann in einer großen Welt, und mein Haar wird schnell grau.«
    »Das ist sehr gut«, sagte sie hell. »Das ist von Raymond Chandler.«

DRITTES KAPITEL
    Anfangs schlief ich, oder genauer gesagt, ich döste. Dann wurden die Schmerzen stärker, und ich mußte einige dieser Pillen nehmen, die schlimmer sein sollen als Alkohol und deren Liste an Nebenwirkungen endlos ist. Ich machte den Fernseher an, aber die Pillen wirkten sehr rasch, und nach kurzer Zeit starrte ich in das platte bunte Bild und sah und hörte nichts.
    Mir fiel undeutlich ein, daß der Chef nicht wissen würde, was er mit den Filmen anfangen sollte. Er würde sie in das Labor geben, und mit Sicherheit würden sofort zwanzig oder dreißig Leute über diese grausamen Fotos tuscheln. Ich mußte telefonieren, aber ich riskierte es nicht. Ich machte mir einen Zettel, um das nicht zu vergessen, weil es immer Kleinigkeiten sind, an denen Geschichten scheitern.
    Dann geriet ich an Messner, aber dabei kam nichts heraus außer einem wilden, heißen, vollkommen unvernünftigen Zorn. Ich hatte Mühe, ihn in den Hintergrund zu schieben. Ich sprach zu ihm, drohte und fluchte, versprach ihm einen eiskalten Tod. Es war kindisch, aber es war notwendig. Krümel kam herein, sah mich an und maunzte vorwurfsvoll. Ich vermutete, daß Elsa ihr nichts zu

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