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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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mehr trank, hat mir eine Tante erklärt, jemand, der zuviel trinkt, habe einen massiven Charakterfehler. Ich denke, daß die Tante zu denen gehört, die an Leute wie Messner glauben. Und sie gehört zu denen, die im Dritten Reich duldeten, daß sechs Millionen Juden umgebracht wurden. Und wahrscheinlich denkt sie, daß jemand, der Aids hat, auch einen ekelhaften Charakter haben muß. Jeder hat so eine Tante. Ich trau mich bloß nie, so etwas zu sagen, geschweige denn zu schreiben. Aber eigentlich müßte ich es tun.«
    »Deine Elegien passen nicht. Wir müssen in unserem Fall einfache Denkmuster herausfinden, die dazu führen, daß jemand mit einer Schrotflinte drei Leute erschießt. Wir sollten ein bißchen Schach spielen.«
    Ich nahm ein DIN-A4-Blatt und zeichnete einen Kasten. »Das ist der Jeep. Er steht auf einem Waldweg. Entfernung zum Depot ungefähr einhundertfünfzig Meter. Rechts eine Schonung mit Weißtannen, Birken, Erlen, links alter Buchenbestand. Geradeaus sieht man auf die Wiesen, über die der Schäfer Meier zog. Entfernung rund einhundert Meter. Wir haben drei Tote. Im Jeep der Lorenz Monning und die Susanne Kleiber. Wahrscheinlich außerhalb des Jeeps getötet und dann hineingesetzt. Zweihundert Meter weiter östlich dicht vor der Bundesstraße die Leiche der Marianne Rebeisen. Jetzt laß uns mit den Figuren spielen. Wahrscheinlich ist doch, daß der Monning und die Kleiber zusammen waren, daß die Rebeisen dazukam. Aber wieso ist das wahrscheinlich? Nehmen wir an, die drei waren ursprünglich zusammen. Also etwa hier neben dem Jeep. Kann es also sein, daß die Rebeisen erlebte, wie die Kleiber und der Monning erschossen wurden, daß sie in panischer Angst wegrannte und eingeholt wurde, um auch erschossen zu werden? Und warum rannte sie dann in Richtung Bundesstraße anstatt in Richtung Depot?«
    »Es kann aber auch sein, daß ursprünglich die beiden Frauen zusammen waren. Daß Monning hinzukam. Daß eine der beiden Frauen Monning erschoß. Daß dann dieselbe Frau die andere Frau erschoß ... Baumeister, das macht keinen Sinn, das führt zu nichts. Wir wissen, daß Monning und die Kleiber denselben Beruf hatten, wir wissen auch, daß die Rebeisen eine Prostituierte war. Aber was wollte die da? Das macht mich ganz kribbelig.«
    »Und noch etwas: Prostituierte sind clever, die bekommen keine Kinder. Und die Rebeisen war schwanger. Sie wollte also schwanger sein, sie wollte das Kind. Aber du merkst, wie gefährlich Denkspiele sind. Es hat keinen Sinn.«
    Ich rief Alfred an, und er sagte, es gehe ihm besser. Dann beschwerte er sich lauthals, daß er zuwenig wisse, daß wir Geheimniskrämer seien, und ich versprach ihm, alles zu sagen, was wir wissen.
    »Wann, glaubst du, sollen wir es machen? Wie sieht der Wetterbericht aus?«
    »Das Fernsehen sagt was von Gewittern und Schwüle. Das heißt, wir machen es am besten morgens gegen drei Uhr. Da ist Ruhe.«
    »Wir kommen um drei«, sagte ich.
    »Was heißt das?« fragte Elsa.
    Dann schellte es, und ich brüllte: »Reinkommen, Tür ist offen!«
    Jemand öffnete die Tür sehr zögerlich, schlurfte langsam durch den Flur, als lauerten dort zahlreiche Feinde, und klopfte an die offenstehende Tür. Dann sagte er schüchtern: »Bin ich hier richtig bei Herrn Baumeister?« Er war ein kleiner, dürrer Mensch mit einer erstaunlich tiefen Stimme, schütterem, fast gelbem Haar über einem griesgrämigen Gesicht. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit feinen hellen Streifen, als sei dies eine höchst feierliche Sache. Er konnte fünfzig Jahre alt sein, aber durchaus auch siebzig.
    »Sie müssen der Kriminalrat Rodenstock sein«, sagte ich.
    »Ganz recht«, nickte er und gab mir die Hand. »Herr Dr. Naumann war so freundlich, uns zusammenzubringen. Privat gewissermaßen.«
    »Privat ist mir auch recht«, sagte ich. »Mein Kumpel Elsa. Möchten Sie etwas? Einen Kaffee vielleicht?«
    »Ein Kaffee wäre sehr gut«, sagte er bescheiden. »Und vielleicht einen Kognak dazu? Bei nachdenklichen Gesprächen mag ich einen Kaffee, einen Kognak und einen Riegel bittere Schokolade. Es wird doch hoffentlich nachdenklich?«
    Ich starrte das erstaunliche Wesen an. »Bei der Schokolade muß ich aber passen.«
    Er lächelte und murmelte: »Macht nichts, ich habe immer eine Tafel im Auto und erlaube mir, die zu holen.«
    Damit schlurfte er hinaus.
    »Den gibt es gar nicht«, sagte Elsa entzückt.
    »Phantastisch«, sagte ich. »Wir hatten schon mal Glück mit meinem Arzt. Aber vielleicht

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