Eifel-Blues
diese Tatsache verschwiegen. Ich weiß nicht, welche Funktion sie genau hatte, aber sie gehörte dieser Truppe an.«
»Ist das gesichert?« fragte er verstört.
»Aber ja«, strahlte Elsa.
Er nahm einen winzigen Schluck Kognak, sog bedächtig an der Zigarre, dann ein Stückchen Schokolade, darauf einen Schluck Kaffee. »Soso, sieh mal einer an«, sagte er tiefsinnig und starrte in eine unbekannte Ferne. »Nun gut«, sagte er dann rasch und lächelte etwas bitter. »Zur Sache, also zu dem Brief. Wenn Behörden einen Irrtum korrigieren, tun sie das gewöhnlich zu spät. Geheimdienste übrigens auch. Als die Mordkommission aus den Ermittlungen ... äh ... hinausgeworfen wurde, liefen die bereits und waren nicht mehr aufzuhalten. Als die dritte Leiche also gefunden wurde, waren unsere Ermittlungen gestoppt, aber sämtliche Informationsstränge liefen weiter. Natürlich haben wir uns, wie vermutlich auch Sie, die Frage gestellt, wieso eine Prostituierte aus Köln morgens um vier Uhr auf einem schmutzigen Waldweg in der Eifel vor einem Bundeswehrdepot erschossen wird. Nun, wie Sie sehen werden, hatte das seinen Grund. Sie gab zwei Tage vor ihrem Tod einer Kollegin einen Brief. Die Kollegin sollte diesen Brief in den Briefkasten werfen, vergaß das aber. Der Brief kam zu uns, Sie bekommen eine Kopie. Darf ich vorlesen?«
»Selbstverständlich, lesen Sie.«
Er setzte sehr umständlich seine Brille auf und las vor:
»Mein Herz! Ich bin sehr glücklich. Ich war heute noch einmal beim Arzt, und er hat die Schwangerschaft bestätigt und gesagt, daß alles vollkommen in Ordnung ist. Ich bin ein bißchen selig und freue mich darauf, daß wir nun bald einen Teil unserer Träume in die Tat umsetzen können. Dein gefährliches Leben wird damit zu Ende sein, und
mein Leben, von dem ich geglaubt habe, daß es sinnlos ist, bekommt einen Sinn. Ich sehe Dich bald, und ich küsse Dich innig. In Liebe Deine Marianne.«
Er sah uns über den Rand seiner Brille an. »Wie Sie sehen, war diese Frau gebildet, wußte sich durchaus auszudrücken. Lyrisch, sehr lyrisch.«
»Darf ich den Brief fotografieren?« fragte Elsa erregt.
»Aber ja«, sagte er.
Elsa nahm den Brief und legte ihn auf den Schreibtisch unter eine Lampe.
»An wen war der Brief gerichtet?« fragte ich.
»An Lorenz Monning«, sagte er.
Elsa begann zu fotografieren, und das Klicken der Kamera kam mir sehr laut vor.
»Eindeutig an Monning?«
»Eindeutig«, sagte er und gab mir den Umschlag. »Wie Sie sehen, schrieb die Tote an das Bundeswehrdepot. Wir denken, daß Monning ein übler Typ war. Er hatte ja auch etwas mit der Marita Heims aus Blankenheim. Und er hatte wohl auch etwas mit der Serviererin Susanne Kleiber aus Hohbach ... Das heißt, wenn Sie sagen, daß auch die Kleiber beim MAD war ... Darf ich fragen, woher Sie diese Information haben?«
»Wir wissen es von der Marita Heims. Und die weiß es mit Bestimmtheit.«
»Die Heims haben wir nicht vernehmen dürfen. Soso, das ist ja erstaunlich, das zwingt zum Umdenken.«
»Wir haben daran gedacht, daß auch die Prostituierte irgendeinem Geheimdienst angehörte.«
»Möglich ist alles.«
»Vielleicht ein bißchen mehr als möglich«, sagte ich. »Der MAD wird durch einen Mann namens Messner vertreten, der auch Hartkopf heißt. Aber wahrscheinlich sind beide Namen falsch ...«
»Richtig«, sagte der erstaunliche Rodenstock. »Beide Namen sind genehmigte Legenden, also offizielle Decknamen mit jeweils komplettem Lebenslauf. Eigentlich heißt er Herrmann-Josef Schmitz, aber das hat er wahrscheinlich längst vergessen. Aber ich habe Sie unterbrochen.«
»Sehen Sie, nicht nur der MAD ist vertreten, sondern auch der Verfassungsschutz, obwohl wir keinen Vertreter dieser Organisation identifiziert haben. Der Verfassungsschutz hat, wie der MAD, seinen Sitz in Köln, und die Marianne Rebeisen kam aus Köln ...«
»Ach so«, murmelte er, »erstaunlich, dieser Gedankengang. Und sehr überzeugend. Aber dieser Brief an Monning legt rein private Motive offen ...«
»Ja, ich gebe zu, daß es so aussieht. Aber wie kommt der Monning an die Rebeisen?«
»Monning war oft in Köln und Bonn. Was haben Sie zum Tatverlauf herausgefunden?«
»Eigentlich nichts. Wir wissen, daß es einen Zeugen gibt, den Schäfer Meier. Aber der wurde zum Schweigen verdonnert, wie alle anderen auch.«
»Wir haben ihn vernomm... äh, gefragt. Zugegeben, ein etwas delikater Vorgang. Meier sagt folgendes aus: Er ist um zehn Uhr aus seinem Karren
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