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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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konnte, daß Mari ihren Schlüssel verloren hat. Nun taucht sie wohl nicht mehr auf. Kann ich das Grab sehen?«
    Elsa nahm den Schlüssel. »Welche Wohnung ist es?« Tania beschrieb es ihr, und Elsa ging hinaus.
    »Mari hat kein Grab«, sagte ich. »Sie ist noch in der Anatomie in Bonn. Sie hat ja wohl keine Verwandten.«
    »Doch, doch«, murmelte Tania. »Sie hat ja ein bißchen uns. Ich mach ihr eine Beerdigung. Da kommen alle Loddel und alle aus dem Betrieb und die Taxifahrer und die Masseusen von nebenan und andere aus der Südstadt. Sie soll eine Beerdigung haben. Kannst du mir helfen, daß wir ihre ... also, daß wir sie kriegen? Und wie ist das passiert?«
    »Wir wissen es eben nicht. Drei Leute wurden erschossen. Außer ihr ein Bundeswehrleutnant und eine Serviererin. Wir wissen nicht, was Mari mit denen zu tun hatte. Alle drei wurden mit einer Schrotflinte umgelegt. Einfach so. Und wir haben durch Zufall davon erfahren und wissen eigentlich noch wenig.«
    »Vielleicht waren das die Leute, mit denen sie in der Eifel gewandert ist?«
    »Das kann sein. Aber ein bißchen mehr als wandern wird gewesen sein. Was für Kundschaft hatte sie denn?«
    »Normale, würde ich sagen. Aber die Kundschaft ist heilig. Wir wissen manchmal, wie die mit Vornamen heißen, aber mehr wissen wir nicht.«
    »Was würde es kosten, wenn du versuchst, herauszufinden, was das für Kunden sind?«
    »Einen satten Tausender«, sagte sie schnell. »Ich übernehme Maris Kundschaft und versuche es.«
    »Tausend sind mir zuviel, sagen wir achthundert.«
    »Gut. Achthundert. Bar und jetzt.«
    »Vierhundert jetzt, den Rest, wenn du rüberkommst mit den Informationen.«
    »Sechshundert jetzt, den Rest, wenn ich dich anrufe.«
    »In Ordnung. Hier ist meine Telefonnummer in der Eifel. Und beeil dich.«
    »Hör mal, ich glaube, du hast das nicht mitgekriegt. Ich will, daß wir die Mari kriegen, damit sie eine Beerdigung hat.«
    »Ich glaube, du mußt einen Antrag bei der Staatsanwaltschaft stellen.«
    »Mach du das für mich«, sage sie, und ich sagte Ja, weil sie anfing zu weinen.
    Es gibt Fragen, die bei Frauen so erheblich sind, daß man sie erst dann stellt, wenn man einen Rauswurf riskieren kann, wenn man das Wichtigste schon weiß.
    »Hör zu«, sagte ich. »Du hast selbst gesagt, daß die Mari gesagt hat, sie will irgendwann ein Kind. Tania, Mari war schwanger.«
    Sie stand da, und ruckartig hörte das leise Weinen auf. Sie schniefte zweimal. Die Tränen hatten die schwarze, tintige Umrandung der Augen aufgelöst und in scharfen Strichen links und rechts auf die Mundwinkel zufließen lassen. »Nein«, sagte sie grell und ihr Clownsmund wurde größer. »Mach keinen Quatsch, verscheißer mich nicht. Sie war schwanger?«
    »Ja. Im zweiten Monat. Hast du eine Ahnung, von wem?«
    »Keine Ahnung.«
    »Sie hat keinen Ton gesagt?«
    »Nein. Aber warte mal, sie hat in der letzten Zeit davon geredet, daß sie fertig ist mit diesem Beruf und bald aufhört. Weißt du denn, wer der Vater ist? Sie hat es doch so sehr gewollt.«
    »Ich weiß es nicht.«
    Ich ging hinunter auf die Straße, setzte mich in den Wagen und hörte ein Band mit Haydn-Quartetten. Der Fall sah trostlos aus.
    Nach einer Weile kam Elsa, setzte sich neben mich und sagte: »Laß uns fahren, das ist eine schäbige Welt. Irgendwer hat die Wohnung auf den Kopf gestellt. Das sieht grauenhaft aus. Sie hatte viele Plüschtiere, unheimlich viele Plüschtiere, einen ganzen Zoo.«
    »Und sonst?«
    »Nichts. Billigste Einheitsmöbel. Aber sechs Kugelschreiber und zwei Füllfederhalter. Keine Unterlagen, nichts. Nur die Plüschtiere. Wie wenig doch von einem Menschen bleibt.«
    »Kleidung?«
    »Normal. Nichts Besonderes. Eher bieder. Jeans und Blusen. Lieber Himmel, wir werden nie herausfinden, was da gelaufen ist.«
    Ich sagte nichts darauf, weil ich dasselbe Gefühl hatte, weil ich enttäuscht und wütend war.
    »Sie kam also aus Bitburg, sie kam daher, wo auch Lorenz Monning und die Susanne Kleiber herkamen. Sag mal, Baumeister, ist das nicht ein perfektes Spionage-Trio?«
    »Perfekt ist das richtige Wort. Monning und die Kleiber arbeiten im Auftrag des MAD draußen an den Depots. Wenn sie bereit waren, und alles sieht so aus, etwas über die Lage der Depots und ihren Inhalt zu verraten, dann ist ein potentieller Feind in der Lage, allen Nachschub im Fall des Krieges abzuschneiden und zu zerstören. Sie liefern ... du lieber Himmel, ich bin kein Spion, aber es ist ja kinderleicht ... sie liefern

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