Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
verwendet wird.«
»Der hat vom linken Ellenbogen an bis zum Unterkiefer auf der linken Körperseite kein intaktes Gewebe mehr«, erklärte Patt freundlich. »Zwei schwere Schrotkaliber auf kurze Distanz. Achtzig bis hundert Gramm, denke ich. Lilli, du erinnerst dich doch sicher an den Jäger in Zeltingen an der Mosel. Der hatte einen Schuss mit schwerem Schrot ...«
»Ich weiß, Holger, ich weiß. Ich hab’s nicht vergessen. Nimm mal den Scheinwerfer, geh mit und halte ihn für mich.« Sie ließ ihre Pumps stehen und stakste sich mit Tessa Brokmanns Hilfe in meine Gummistiefel. Dann marschierte sie zu Fritz Dengen, der immer noch auf dem Acker war und Details fotografierte, Aufprall- und Schleifspuren vermutlich.
Dann kamen die Bestatter mit einem Plüsch-BMW, und Tessa Brokmann bat sie, noch ein paar Minuten zu warten. Dann wandte sie sich an mich. »Haben Sie eine Ahnung, wie ein toter Imbissbudenbesitzer zu zwei erschossenen Polizeibeamten passt?«
»Na ja, sie kannten sich halt seit Kindertagen, sie kennen sich alle hier in der Gegend. Aber was die drei zu Opfern macht, weiß ich nicht. Irgendeiner wird kommen und die Lösung haben, eines schönen Tages.«
»Sie klingen so melancholisch.«
»Ich bin melancholisch. Der Tod macht mich immer melancholisch.«
Dann kam die Ärztin zurück. Sie sagte: »Tessa, kannst du morgen früh gegen acht den Bastian anrufen und ihm sagen, dass ich erst gegen Mittag aus Mainz zurückkomme? Wahrscheinlich liege ich dann ohnmächtig in irgendeinem Hotelbett.«
»Das mache ich«, nickte Tessa Brokmann.
Wir standen herum und warteten, bis sich der Spuk auflöste, der Tote verfrachtet war, das Motorrad verladen, die Kriminalisten sich wortlos, maulfaul und erschöpft mit einem Nicken verabschiedeten und davonfuhren. Es war weit nach Mitternacht. Es war, als wäre nichts geschehen, vom Bach vor dem Wald kroch Nebel heran. Die Nacht war ganz still.
»Ich bin kaputt«, sagte sie.
»Sie können bei mir schlafen«, sagte ich.
»Danke«, sagte sie.
Ich fuhr langsam vor ihr her, es dauerte nur ein paar Minuten. Ich dachte: Du brauchst keine Furcht zu haben, mein Freund. Du hast ein Leben lang so viele Lügen zu sagen gelernt, dass dir niemals die Worte fehlen werden. Erinnere dich daran: Erst lächeln, dann lügen. Es ist ganz einfach.
»Wie alt ist das Haus?«, fragte sie auf dem Hof. Sie trug eine Reisetasche. Die Staatsanwälte aus Trier und Wittlich waren immer auf alle Eventualitäten vorbereitet, wenn sie in unserer Gegend tätig waren.
»1876«, sagte ich. »Altes Eifelhaus. Ein Mann namens Wirtz hat es gebaut. Ein alter Eifeler Name. Wohnhaus, Stall und Scheune in einer Flucht, das nennt man ein Trierer Einhaus. Die Leute sagten mir, es würde das Schniggerhaus genannt, also war hier einmal ein Schneider zu Hause. Der Dorfladen war einmal dort, wo mein Esstisch steht. Hat viel gesehen, das alte Gemäuer.« Ich schloss auf und machte das Licht an. »Hereinspaziert.«
»Links ist das Wohnzimmer, rechts die Küche. Hinten in der Ecke ist ein Bad, und genau darüber ist auch eines. Erster Stock mein Arbeitszimmer, ein Schlafzimmer, darüber ausgebaut der Dachboden, auf dem ...«
»Kann ich duschen und einen Kaffee haben?« Sie lächelte etwas fahrig. »Ich heiße Tessa.«
»Siggi«, sagte ich. »Ich mache dir einen Kaffee.«
Also setzte ich einen Kaffee auf und hockte mich ins Wohnzimmer.
Satchmo tanzte aufgeregt vor der Terrassentür herum, wollte rein und fand es empörend, dass das zehn Sekunden dauerte. »Benimm dich«, sagte ich. »Wir haben Besuch.«
Sie kam zurück in einem Bademantel von mir und trug irgendetwas Graues. Ein T-Shirt mit einer dreiviertellangen Hose, nahm ich an, irgendetwas Bequemes. Sie setzte sich auf das Sofa und räkelte sich. Dann zog sie die Beine unter den Körper und lächelte mich an.
»Ich habe mit Emma über dich gesprochen, weil dein Gesicht mich neugierig machte. Ihr kennt euch ja schon ein halbes Leben lang, und sie mögen dich sehr. Emma sagt, du bist ein wunderbarer Mensch, aber leider zerbrechlich wie dünnes Porzellan.«
»Da würde ich gern widersprechen«, sagte ich leichtfüßig. »Ich kenne mich jetzt dreiundfünfzig Jahre, zum dünnen Porzellan hat es noch nie gereicht. Aber Emma ist natürlich voreingenommen, sie ist Familie.«
»Rodenstock findet, du hast ein sehr brauchbares Gehirn.« Sie lachte leise. »Ich weiß, dass das bei ihm ein großes Lob ist. Warum versauerst du hier in der Eifel?«
»Aber ich versauere
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