Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Wahrheit nicht preisgeben, um mögliche weitere Beteiligte nicht zu verschrecken.«
»Sagen Sie: Und dieser Imbissbudenbesitzer aus Daun? Dieser ... ich weiß nicht mehr, wie er heißt. Ist der denn auch involviert? Oder wird das nur so als Möglichkeit beschrieben, um die Spannung hochzuhalten oder auszubauen?«, fragte er weiter. Dazu lächelte er mich an.
»Nein. Wir schreiben eigentlich nie, um Spannung künstlich zu erzeugen, wir sind da viel sachlicher als unsere Leser annehmen. Meiner Kenntnis nach ist Samba, so heißt er liebevoll bei den Eiflern, tatsächlich involviert. Wir wissen auch schon einigermaßen sicher, in welcher Weise er beteiligt war, ich kann es nur noch nicht öffentlich machen. Ich will schließlich nicht die Erfolge der Mordkommission zunichtemachen.«
»Da tragen Sie viel Verantwortung«, sagte er. »Wir haben uns über Sie schlaugemacht. Sie werden ja durchaus auch häufig von überregionalen Zeitungen und Magazinen gedruckt, und mit Themen, die mit der Eifel an sich nichts zu tun haben. Wie kommt man in eine solche Position?«
»Man arbeitet«, antwortete ich. »Ich mache genau das, was Sie auch tun, seit Sie Ihr Geschäft aufgebaut haben.«
An dieser Stelle gluckste er vor Lachen. Er war richtig sympathisch und sagte: »Siehst du Gerd, so wird man erfolgreich.«
Gerd lachte seine Zustimmung lauthals über den Tisch, aber es klang sehr gequält, sodass ich erleichtert dachte: Du bist also auch nur ein beruflicher Speichellecker, Bludenz!
»Und wenn Sie Wahrheiten recherchiert haben, dann kann es durchaus passieren, dass Sie schweigen, um die ganze Wahrheit zu schützen. Ist das so?«
Er lächelte mich noch immer an, und ich dachte, dass er wahrscheinlich das Lächeln gar nicht mehr ausknipsen konnte. Er hatte es gelernt und dann vergessen, wie man es abschalten kann. Mir fiel auf, dass er keinerlei Schmuck trug, keinen Ring, keine Kette, keinerlei Piercing. Aber Bludenz trug ein goldenes Kettchen um den Hals, wahrscheinlich ein Geschenk von der männerfressenden Witwe in Ulmen. Wahrscheinlich war das der entscheidende Unterschied zwischen den beiden.
»Ja«, erwiderte ich. »Wenn es dem Fall dienen kann, schweige ich eine gewisse Zeitlang.« Ich fragte mich zwei Sekunden lang, ob ich einen Angriff setzen konnte, und entschied mich dafür. »Wir hatten eben ein Beispiel«, fuhr ich gemütlich fort. »Herr Bludenz sagte mir, er habe inzwischen den Kriminalrat Kischkewitz angerufen. Dann setzte er hinzu, da sei nichts zwischen ihm und dem toten Horst Walbusch gewesen. Aber das stimmt nicht. Der ermordete Polizeibeamte Horst Walbusch hat Herrn Bludenz zweimal festgenommen und ihn auch verhört. Es ging um eine läppische, nicht weiter wichtige Drogengeschichte, aber immerhin sagte Herr Bludenz nicht die Wahrheit. Ich will sagen: So eng liegen zuweilen die ganze Wahrheit und ein kleiner Teil davon nebeneinander. Man muss also abwägen, ob das wichtig ist oder nicht. Schweigt man, oder schweigt man nicht?«
Bludenz’ Lippen und Wangenknochen mahlten, er war von Herzen sauer.
»Ach, so ist das!«, sagte Straubing erstaunt und lächelte immer noch, aber eisiger »Und? Ist das mit Herrn Bludenz nun wichtig?«
»Nein, ist es absolut nicht. Nicht erwähnenswert. Sagen Sie, sind Sie damit einverstanden, dass wir endlich zu dem Thema Holz kommen? Sie haben nicht viel Zeit für mich, und ich habe relativ wenig Ahnung von Ihrem Beruf. Ich weiß nicht einmal, was Holzhandel heutzutage bedeutet.«
»Oh, selbstverständlich«, nickte er. »Entschuldigen Sie, ich bin unhöflich. Möchten Sie einen Kaffee, oder etwas anderes?«
»Ein Wasser reicht völlig«, erwiderte ich.
Er stand auf und ging irgendwohin. Glas klirrte, er kam mit einer kleinen Flasche der Nürburgquelle zurück. Er öffnete sie und goss mir ein. Und während er das tat, gab er schon Auskunft.
»Wenn wir das Jahr 1900 ansetzen, geben wir uns einen Rahmen. Bis dahin herrschte das Holzzeitalter. Holz signalisierte Besitz, signalisierte aber auch politischen Einfluss. Alles, was die Menschen umgab, war aus Holz. Wir bauten aus Holz, wir machten unsere Möbel aus Holz, wir verfeuerten Holz, um unsere Behausungen zu wärmen. Erinnern Sie sich an den Mumienfund, an Ötzi? Dieser Mann lebte vor 5300 Jahren. Bei sich führte er einen Bogen aus Eibenholz. Bei sich hatte er zwölf Pfeilrohlinge aus dem Holz des Wolligen Schneeballs, lateinisch
viburnum lantana
. Ich zitiere hier aus dem großartigen Buch von Detlev Ahrens
Der
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