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Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Titel: Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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deutsche Wald
. Ich zitiere das deshalb so gern, weil dieser Mann aus dem Gletschereis vor fast fünfeinhalbtausend Jahren ein exquisites Wissen über die heimischen Hölzer hatte. Ein Bogen aus Eibenholz, Pfeile aus dem Wolligen Schneeball dokumentieren einzigartig, dass diese Menschen die Hölzer genau kannten, und um ihre Eigenschaften wussten. Der Schneeball war ein typisches Gewächs an den Waldrändern. Und richtige Waldränder haben wir heute immer weniger. Hier ist der fruchttragende Acker auf der linken Seite, da die hochragenden Stämme der Bäume auf der rechten Seite. Ein Waldrand, wie mit einem Lineal gezogen, ein völlig unnatürliches Bild. Man findet also den Wolligen Schneeball immer seltener, weil es richtige Waldränder nicht mehr gibt, den klassischen Übergang von gerodeter Fläche zum Buschwald und in den Busch hinein bis zwischen die Hochstämme. Da ließ man in früheren Jahrhunderten das Vieh weiden, die Rinder, die Ziegen, die Schweine. Mein Vater wusste sehr viel davon, er war ein großartiger Mann, ein Weiser, wie man sie heutzutage gar nicht mehr kennt. Im Zeichen der industriellen Geschichte der Menschheit verfeuerten die Menschen immer mehr Wald, einfach ausgedrückt haben sie sogar die ersten Hochöfen mit Holz befeuert, eine beispiellose Verschwendung des kostbaren Stoffes Holz. Es gab um 1900 Landschaften, ja sogar ganze Länder, die über keine geschlossenen Gebiete an Wald verfügten. Die Eifel war so eine Landschaft, hier waren die Hügel und Täler Brachflächen, kilometerweit. Die Eifel hatte nämlich auch den zahllosen Bergwerken das Holz geliefert, Fichtenstämme. Mit dem Holz wurden die Stollen abgestützt. Heute unvorstellbar, obwohl das alles noch gar nicht so lange her ist. Man begann also, den Wald als Nutzfläche zu betrachten, als etwas, das man kommerzialisieren konnte. Später dann wurden aus diesen nützlichen Erwägungen auch durchaus romantische geboren. Der hehre deutsche Wald, der Mythos deutsche Eiche, als Symbol für Kraft und Männlichkeit. Der Wald wurde auf diese Weise wieder so etwas wie die Heimat des Menschen. Man wurde allerdings sofort als heilloser Romantiker verschrien, wenn man das offen äußerte. Daraus resultierte aber auch der Begriff der Nachhaltigkeit auf diesem Sektor, also das Abholzen bestimmter Flächen und die gleichzeitige Selbstverständlichkeit, sie sofort wieder neu aufzuforsten. Aus dieser Idee übrigens entstanden dann die Nationalparks, also auch der Nationalpark Eifel, in denen der Mensch überhaupt nicht mehr eingreift, die sich selbst entwickeln, selbst steuern, in denen das Tote sich zersetzt und wieder zu Neuem wird. Und ich bin das Kind in der Mitte.« Er grinste richtig sympathisch. »Ich treibe Handel mit diesem Stoff, wobei ich gleich sagen will, dass ich den Handel mit Bauholz immer weiter zurückdränge und mich auf den Sektor der Möbelindustrie konzentrieren will, allerdings auch auf sehr spezielle Hölzer, die wir als Intarsien einsetzen, also zum Beispiel in Autos der gehobenen Klassen.« Er hatte zuweilen die Augen geschlossen, um nach eingängigen Formulierungen zu suchen. Jetzt sah er mich wieder lächelnd an und setzte hinzu: »Soweit also etwas aus der Vorgeschichte.« Er erwartete Lob, und ich gab es ihm sofort.
    »Das finde ich sehr gut erklärt, aber was genau machen Sie nun?«
    Er nickte und schloss die Augen wieder. »Mein Vater hatte hier eine Sägemühle und Bautischlerei. Er kaufte und verkaufte das Nutzholz dieser Gegend. Er lieferte Balken, er lieferte Bretter, er baute zum Beispiel Dachstühle, er baute auch Fensterrahmen, er baute sogar einfache Schränke für die Familien in den Städten. Aber er verwendete durchaus auch schon das Holz der Wildkirsche, auch Haselnuss, auch Esche. Für Möbel. Die baute mein Vater nicht selbst, aber er lieferte das Holz. Als ich allmählich in den Betrieb hineinwuchs, entdeckte ich nach meinem Studium der Volkswirtschaft die Möglichkeiten des Computers, die Vernetzung der Welt, den Sekundenabstand zwischen meinem Betrieb in Gerolstein und irgendeinem Holzlieferanten in der Gegend von Rio de Janeiro, oder den im Amazonasdelta. Ich kann heute in Echtzeit mit jemandem auf Borneo sprechen, von dem ich gewisse Stämme eines gewissen Baumes haben möchte. Weil meine Kunden dieses Holz haben wollen, nicht ein ähnliches, sondern genau dieses. Es ist also wichtig, dass ich diesen Mann genau kenne, und da ich ihn kenne, schicke ich ihm von der Mosel einen trockenen Riesling,

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